Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. [Tübingen], [1806].

Bild:
<< vorherige Seite

Italien fängt die Malvenform bereits an, der
Vegetation einen eigenthümlichen südlichen Cha-
rakter zu geben.

Dagegen entbehret unsere gemäßigte Zone
im alten Continent leider ganz die zartgefieder-
ten Blätter, die Form der Mimosen, Gleditsia,
Porleria, Tamarindus
. Den vereinigten Staaten von
Nord-Amerika
, in denen unter gleicher Breite
die Vegetation mannichfaltiger und üppiger als in
Europa ist, fehlt diese schöne Form nicht. Bei
den Mimosen ist eine schirmartige Verbreitung
der Zweige, fast wie bei den italienischen Pi-
nien, gewöhnlich. Die tiefe Himmelsbläue des
Tropenklimas durch die zartgefiederten Blätter
schimmernd, ist von überaus malerischem Effekte.

Eine meist afrikanische Pflanzengruppe sind
die Heidekräuter; dahin gehören auch die An-
dromeda, Passerinen
und Gnidien, eine Gruppe, die
mit der der Nadelhölzer einige Ähnlichkeit hat,
und eben deshalb mit dieser durch die Fülle glok-
kenförmiger Blüthen, desto reizender contrastirt.
Die baumartigen Heidekräuter, wie einige andere
afrikanische Gewächse, erreichen das nördliche
Ufer des Mittelmeers. Sie schmükken Welsch-
land
und die Cistus-Gebüsche des südlichen
Spaniens. Am üppigsten wachsend habe ich sie
auf den afrikanischen Inseln, am Abhange des
Pics von Teyde gesehen. Bei uns in den bal-
tischen Ländern
, und noch nördlicher hin, ist
diese Pflanzenform gefürchtet, Dürre und Un-
fruchtbarkeit verkündigend. Unsere Heidekräuter,

Italien fängt die Malvenform bereits an, der
Vegetation einen eigenthümlichen südlichen Cha-
rakter zu geben.

Dagegen entbehret unsere gemäßigte Zone
im alten Continent leider ganz die zartgefieder-
ten Blätter, die Form der Mimosen, Gleditsia,
Porleria, Tamarindus
. Den vereinigten Staaten von
Nord-Amerika
, in denen unter gleicher Breite
die Vegetation mannichfaltiger und üppiger als in
Europa ist, fehlt diese schöne Form nicht. Bei
den Mimosen ist eine schirmartige Verbreitung
der Zweige, fast wie bei den italienischen Pi-
nien, gewöhnlich. Die tiefe Himmelsbläue des
Tropenklimas durch die zartgefiederten Blätter
schimmernd, ist von überaus malerischem Effekte.

Eine meist afrikanische Pflanzengruppe sind
die Heidekräuter; dahin gehören auch die An-
dromeda, Passerinen
und Gnidien, eine Gruppe, die
mit der der Nadelhölzer einige Ähnlichkeit hat,
und eben deshalb mit dieser durch die Fülle glok-
kenförmiger Blüthen, desto reizender contrastirt.
Die baumartigen Heidekräuter, wie einige andere
afrikanische Gewächse, erreichen das nördliche
Ufer des Mittelmeers. Sie schmükken Welsch-
land
und die Cistus-Gebüsche des südlichen
Spaniens. Am üppigsten wachsend habe ich sie
auf den afrikanischen Inseln, am Abhange des
Pics von Teyde gesehen. Bei uns in den bal-
tischen Ländern
, und noch nördlicher hin, ist
diese Pflanzenform gefürchtet, Dürre und Un-
fruchtbarkeit verkündigend. Unsere Heidekräuter,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0020" n="21"/><placeName>Italien</placeName> fängt die Malvenform bereits an, der<lb/>
Vegetation einen eigenthümlichen südlichen Cha-<lb/>
rakter zu geben.</p><lb/>
      <p>Dagegen entbehret unsere gemäßigte Zone<lb/>
im <placeName>alten Continent</placeName> leider ganz die zartgefieder-<lb/>
ten Blätter, die <hi rendition="#g">Form der Mimosen</hi>, <hi rendition="#i">Gleditsia<choice><sic>.</sic><corr>,</corr></choice><lb/>
Porleria, Tamarindus</hi>. Den <placeName>vereinigten Staaten von<lb/>
Nord-Amerika</placeName>, in denen unter gleicher Breite<lb/>
die Vegetation mannichfaltiger und üppiger als in<lb/><placeName>Europa</placeName> ist, fehlt diese schöne Form nicht. Bei<lb/>
den Mimosen ist eine schirmartige Verbreitung<lb/>
der Zweige, fast wie bei den italienischen Pi-<lb/>
nien, gewöhnlich. Die tiefe Himmelsbläue des<lb/>
Tropenklimas durch die zartgefiederten Blätter<lb/>
schimmernd, ist von überaus malerischem Effekte.</p><lb/>
      <p>Eine meist afrikanische Pflanzengruppe sind<lb/>
die <hi rendition="#g">Heidekräuter</hi>; dahin gehören auch die <hi rendition="#i">An-<lb/>
dromeda, Passerinen</hi> und <hi rendition="#i">Gnidien</hi>, eine Gruppe, die<lb/>
mit der der Nadelhölzer einige Ähnlichkeit hat,<lb/>
und eben deshalb mit dieser durch die Fülle glok-<lb/>
kenförmiger Blüthen, desto reizender contrastirt.<lb/>
Die baumartigen Heidekräuter, wie einige andere<lb/>
afrikanische Gewächse, erreichen das nördliche<lb/>
Ufer des <placeName>Mittelmeers</placeName>. Sie schmükken <placeName>Welsch-<lb/>
land</placeName> und die Cistus-Gebüsche des südlichen<lb/><placeName>Spaniens</placeName>. Am üppigsten wachsend habe ich sie<lb/>
auf den <placeName>afrikanischen Inseln</placeName>, am Abhange des<lb/><placeName><hi rendition="#g">Pics</hi> von <hi rendition="#g">Teyde</hi></placeName> gesehen. Bei uns in den <placeName>bal-<lb/>
tischen Ländern</placeName>, und noch nördlicher hin, ist<lb/>
diese Pflanzenform gefürchtet, Dürre und Un-<lb/>
fruchtbarkeit verkündigend. Unsere Heidekräuter,<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0020] Italien fängt die Malvenform bereits an, der Vegetation einen eigenthümlichen südlichen Cha- rakter zu geben. Dagegen entbehret unsere gemäßigte Zone im alten Continent leider ganz die zartgefieder- ten Blätter, die Form der Mimosen, Gleditsia, Porleria, Tamarindus. Den vereinigten Staaten von Nord-Amerika, in denen unter gleicher Breite die Vegetation mannichfaltiger und üppiger als in Europa ist, fehlt diese schöne Form nicht. Bei den Mimosen ist eine schirmartige Verbreitung der Zweige, fast wie bei den italienischen Pi- nien, gewöhnlich. Die tiefe Himmelsbläue des Tropenklimas durch die zartgefiederten Blätter schimmernd, ist von überaus malerischem Effekte. Eine meist afrikanische Pflanzengruppe sind die Heidekräuter; dahin gehören auch die An- dromeda, Passerinen und Gnidien, eine Gruppe, die mit der der Nadelhölzer einige Ähnlichkeit hat, und eben deshalb mit dieser durch die Fülle glok- kenförmiger Blüthen, desto reizender contrastirt. Die baumartigen Heidekräuter, wie einige andere afrikanische Gewächse, erreichen das nördliche Ufer des Mittelmeers. Sie schmükken Welsch- land und die Cistus-Gebüsche des südlichen Spaniens. Am üppigsten wachsend habe ich sie auf den afrikanischen Inseln, am Abhange des Pics von Teyde gesehen. Bei uns in den bal- tischen Ländern, und noch nördlicher hin, ist diese Pflanzenform gefürchtet, Dürre und Un- fruchtbarkeit verkündigend. Unsere Heidekräuter,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_ideen_1806
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_ideen_1806/20
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. [Tübingen], [1806], S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_ideen_1806/20>, abgerufen am 04.12.2024.