Humboldt, Alexander von: Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. [Tübingen], [1806].forschers dringt, ist Leben, oder Keim zum Leben, Dient aber auch das bewegliche Luftmeer, in Unentschieden ist es, wo größere Lebens- forschers dringt, ist Leben, oder Keim zum Leben, Dient aber auch das bewegliche Luftmeer, in Unentschieden ist es, wo größere Lebens- <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0004" n="5"/> forschers dringt, ist Leben, oder Keim zum Leben,<lb/> verbreitet.</p><lb/> <p>Dient aber auch das bewegliche Luftmeer, in<lb/> das wir getaucht sind, und über dessen Oberfläche<lb/> wir uns nicht zu erheben vermögen, vielen or-<lb/> ganischen Geschöpfen zur nothwendigsten Nah-<lb/> rung; so bedürfen dieselben dabei doch noch<lb/> einer gröberen Speise, welche nur der Boden die-<lb/> ses gasförmigen Ozeans darbietet. Dieser Boden<lb/> ist zwiefacher Art. Den kleineren Theil bildet<lb/> die trokkene Erde, unmittelbar von Luft umflos-<lb/> sen; den größeren Theil bildet das Wasser, viel-<lb/> leicht einst vor Jahrtausenden durch elektrisches<lb/> Feuer aus luftförmigen Stoffen zusammengeron-<lb/> nen, und jezt unaufhörlich in der Werkstatt der<lb/> Wolken, wie in den pulsirenden Gefäßen der<lb/> Thiere und Pflanzen, zersezt.</p><lb/> <p>Unentschieden ist es, wo größere Lebens-<lb/> fülle verbreitet sei; ob auf dem Continent, oder<lb/> in dem unergründeten Meere. In diesem er-<lb/> scheinen gallertartige Seegewürme, bald lebendig,<lb/> bald abgestorben, als leuchtende Sterne. Ihr<lb/> Phosphorlicht wandelt die grünliche Fläche des<lb/> unermeßlichen Ozeans in ein Feuermeer um.<lb/> Unauslöschlich wird mir der <supplied reason="damage">Ei</supplied>ndruck jener stil-<lb/> len Tropen-Nächte der <placeName>Südsee</placeName> bleiben, wo aus<lb/> der duftigen Himmelsbläue das hohe Sternbild<lb/> des Schiffes und das <choice><sic>gesenkt-untergehende</sic><corr>gesenkt untergehende</corr></choice> Kreuz<lb/> ihr mildes planetarisches Licht ausgossen, und wo<lb/> zugleich in der schäumenden Meeresfluth die<lb/> Delphine ihre leuchtenden Furchen zogen.</p><lb/> </body> </text> </TEI> [5/0004]
forschers dringt, ist Leben, oder Keim zum Leben,
verbreitet.
Dient aber auch das bewegliche Luftmeer, in
das wir getaucht sind, und über dessen Oberfläche
wir uns nicht zu erheben vermögen, vielen or-
ganischen Geschöpfen zur nothwendigsten Nah-
rung; so bedürfen dieselben dabei doch noch
einer gröberen Speise, welche nur der Boden die-
ses gasförmigen Ozeans darbietet. Dieser Boden
ist zwiefacher Art. Den kleineren Theil bildet
die trokkene Erde, unmittelbar von Luft umflos-
sen; den größeren Theil bildet das Wasser, viel-
leicht einst vor Jahrtausenden durch elektrisches
Feuer aus luftförmigen Stoffen zusammengeron-
nen, und jezt unaufhörlich in der Werkstatt der
Wolken, wie in den pulsirenden Gefäßen der
Thiere und Pflanzen, zersezt.
Unentschieden ist es, wo größere Lebens-
fülle verbreitet sei; ob auf dem Continent, oder
in dem unergründeten Meere. In diesem er-
scheinen gallertartige Seegewürme, bald lebendig,
bald abgestorben, als leuchtende Sterne. Ihr
Phosphorlicht wandelt die grünliche Fläche des
unermeßlichen Ozeans in ein Feuermeer um.
Unauslöschlich wird mir der Eindruck jener stil-
len Tropen-Nächte der Südsee bleiben, wo aus
der duftigen Himmelsbläue das hohe Sternbild
des Schiffes und das gesenkt untergehende Kreuz
ihr mildes planetarisches Licht ausgossen, und wo
zugleich in der schäumenden Meeresfluth die
Delphine ihre leuchtenden Furchen zogen.
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