Humboldt, Alexander von: Die Insel King. In: Morgenblatt für gebildete Stände, Nr. 67 (1810), S. 265-267, 270-272.[Spaltenumbruch]
gegen das Meer eine ununterbrochene Vormauer ausmachen, Die mineralischen Produkte der Jnsel King sind sehr Alles Wasser der Jnsel enthält Eisen-Oxyd in einem so Wir haben freylich keine Art von salziger Substanz Unter allen der Jnsel King eigenthümlichen Steinarten Dieser besondern Beschaffenheit hat der Granit, von Der ganze Theil der Jnsel, den wir haben untersuchen Auf der ganzen Ausdehnung der Jnsel King bemerkt Dagegen gibt es in den Südgegenden wenig Stellen, Alle Gestade der Jnsel sind mit einer ungeheuern Menge Jn dem Jnnern der Wälder halten sich Kasuare in großer Die Familie der Reptilien hat mir nicht mehr als zwey Besonders an Mollusken, an Würmern und an Zoophy- [Spaltenumbruch]
gegen das Meer eine ununterbrochene Vormauer ausmachen, Die mineraliſchen Produkte der Jnſel King ſind ſehr Alles Waſſer der Jnſel enthält Eiſen-Oxyd in einem ſo Wir haben freylich keine Art von ſalziger Subſtanz Unter allen der Jnſel King eigenthümlichen Steinarten Dieſer beſondern Beſchaffenheit hat der Granit, von Der ganze Theil der Jnſel, den wir haben unterſuchen Auf der ganzen Ausdehnung der Jnſel King bemerkt Dagegen gibt es in den Südgegenden wenig Stellen, Alle Geſtade der Jnſel ſind mit einer ungeheuern Menge Jn dem Jnnern der Wälder halten ſich Kaſuare in großer Die Familie der Reptilien hat mir nicht mehr als zwey Beſonders an Molluſken, an Würmern und an Zoophy- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0002" n="266"/><cb/> gegen das Meer eine ununterbrochene Vormauer ausmachen,<lb/> ſo läßt ſich vermuthen, daß das Waſſer genothigt iſt, gegen<lb/> das Jnnere des Landes zurückzufließen. Dieſe Vermuthung<lb/> wird durch die Erzahlung der engliſchen Fiſcher einiger-<lb/> maßen beſtätigt; ſie verſichern, in dem Mittelpunkte der<lb/> Jnſel ſey eine Art von großem See, deſſen Waſſer ſehr tief<lb/> ſey, und in deſſen Mitte ſich eine kleine Jnſel erhebe,<lb/> welche ſie bis jetzt noch nicht beſucht haben.</p><lb/> <p>Die mineraliſchen Produkte der Jnſel King ſind ſehr<lb/> mannigfaltig, und faſt alle gehören den primitiven Felſen<lb/> an. Unter dieſen letztern bemerkte man einen ſehr ſchönen<lb/> Porphyr, welcher Kryſtallen von Eiſen mit Schwefel ver-<lb/> mengt (<hi rendition="#aq">fer ſulfuré</hi>) enthält; mehrere Gattungen von ſer-<lb/> pentinartigen und thonartigen Steinen, wovon einige in<lb/> ihren Spalten gleichſam kleine Gänge von Asbeſt zeigten.<lb/> An verſchiedenen Stellen des Ufers fand man ziemlich große<lb/> Kryſtallen von Hyalin-Quarz, Bruchſtücke von Jaſpis, und<lb/> vornämlich ſehr dicke Blöcke von einer röthlichen und ſehr<lb/> harten Breſche, welche aus Kieſeln von jeder Größe beſteht,<lb/> und wegen ihrer reichen und mannigfaltigen Farben dem<lb/> Steinſchneider und Marmorarbeiter ziemlich große Vortheile<lb/> gewähren könnte.</p><lb/> <p>Alles Waſſer der Jnſel enthält Eiſen-Oxyd in einem ſo<lb/> ſtarken Verhältniſſe, daß das Metall, welches dieſem Oxyde<lb/> zur Baſis dient, wahrſcheinlich vielen Antheil an der Zu-<lb/> ſammenſetzung gewiſſer Steine hat.</p><lb/> <p>Wir haben freylich keine Art von ſalziger Subſtanz<lb/> beobachten können; aber die Fiſcher behaupten, daß ſich<lb/> in Jnnern des Landes ein ganz aus Steinſalz (<hi rendition="#aq">muriate de<lb/> ſoude criſtallisé natif</hi>) beſtehender Hügel befinde.</p><lb/> <p>Unter allen der Jnſel King eigenthümlichen Steinarten<lb/> iſt keine merkwürdiger, als diejenige, von welcher ich noch<lb/> zu reden habe; es iſt eine Art von ſchwärzlich blauem, ſehr<lb/> feinkörnigem Granit, welcher mit kleinen, ſehr ſchwarzen<lb/> Kryſtallen von Hornblende vermengt iſt, wodurch er das<lb/> Ausſehen von Hornſtein erhält. Dieſe Subſtanz hat in ihren<lb/> Maſſen eine Artvon regelmäßiger und kantenförmiger Kry-<lb/> ſtalliſation, ſo daß jede dieſer Maſſen eine triedriſche Py-<lb/> ramide darſtellt, deren Spitze nach oben gekehrt iſt, und<lb/> deren Ecken ſtark und ſchneidend ſind. Wenn man einen<lb/> von dieſen Kryſtallen zerbricht, ſo bemerkt man, daß er ſich<lb/> in kleine Pyramiden auflöſet, deren Form der Form der<lb/> Hauptmaſſe ähnlich iſt.</p><lb/> <p>Dieſer beſondern Beſchaffenheit hat der Granit, von<lb/> welchem hier die Rede iſt, den traurigen Vortheil zu ver-<lb/> danken, daß er der Schrecken der Seefahrer an dieſen Küſten<lb/> iſt. Da er den größten Theil der Geſtade der Jnſel King<lb/> und der Jnſeln <hi rendition="#aq">du Nouvel-An</hi> ausmacht, da er mit einer<lb/> ähnlichen Beſchaffenheit ſich auch in dem Grunde des Meeres<lb/> findet, wo er blos mit einer leichten Schicht von ſchlammi-<lb/> gem Sande bedeckt iſt; ſo ergibt ſich daraus, daß von den<lb/><cb/> ſcharfen Ecken dieſes Granits die ſtärkſten Kabeltaue bald<lb/> durchſchnitten werden.</p><lb/> <p>Der ganze Theil der Jnſel, den wir haben unterſuchen<lb/> können, ſtellt das Gemählde einer ſehr ſtarken und kräfti-<lb/> gen Vegetation dar: in verſchiedenen Gegenden ſtehen die<lb/> Bäume und Geſträuche ſo dicht an einander, und ihre Trüm-<lb/> mer liegen überall ſo vielfach umher, daß es beynahe un-<lb/> möglich iſt, in die Wälder einzudringen; aber im Allge-<lb/> meinen haben die Pflanzen, woraus ſie beſtehen, nicht die<lb/> rieſenmäßige Größe, welche wir an denen auf Diemensland<lb/> bewundert haben; übrigens gehoren ſie zu denſelben Ge-<lb/> ſchlechtern, wie dieſe letztern; wie dieſe, bleiben ſie immer<lb/> grün; wie dieſe, ſind ſie ohne alle eßbare Früchte, und in<lb/> dieſer Rückſicht für die Bedürfniſſe des Menſchen und der<lb/> obſtfreſſenden Thiere unnütz.</p><lb/> <p>Auf der ganzen Ausdehnung der Jnſel King bemerkt<lb/> man keine Spur von der menſchlichen Gattung, und Alles<lb/> verkündet, daß dieſe Jnſel den wilden Völkerhaufen von<lb/> Diemensland und von Neu-Holland gleich fremd iſt.</p><lb/> <p>Dagegen gibt es in den Südgegenden wenig Stellen,<lb/> auf welchen ſo viele nützliche Thiere leben. Hr. <hi rendition="#g">Leſneur</hi><lb/> und ich haben daſelbſt eine Menge Gattungen geſammelt,<lb/> die Europa nicht kennt, und unter welchen ſich zwey<lb/> zierliche Daſpurus, zwey Känguruhe, das ſonderbare Thier,<lb/> welches die Einwohner von Neu-Holland unter dem Namen<lb/><hi rendition="#g">Wombat</hi> kennen, und das noch viel außerordentlichere<lb/> vierfüßige Thier, welches ich unter dem Namen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Ehidné<lb/> soyeux</hi></hi> beſchrieben habe.</p><lb/> <p>Alle Geſtade der Jnſel ſind mit einer ungeheuern Menge<lb/> von Amphibien bedeckt, von welchen einige nicht weniger<lb/> als 8 bis 10 Meter (25 bis 30 Fuß) lang, und welche für<lb/> die Engländer die Quelle eines intereſſanten Handels ge-<lb/> worden ſind.</p><lb/> <p>Jn dem Jnnern der Wälder halten ſich Kaſuare in großer<lb/> Menge auf; an den Elephantenfelſen leben ungeheuer viele<lb/> Sturmvögel, Möwen (<hi rendition="#aq">Ma<supplied>uves</supplied></hi>) und Fettgänſe, wovon<lb/> mehrere Gattungen für die <supplied>Nat</supplied>urforſcher neu waren; end-<lb/> lich fanden ſich auch die meiſten Vögel von Diemensland<lb/> auf dieſen nebligen Geſtaden.</p><lb/> <p>Die Familie der Reptilien hat mir nicht mehr als zwey<lb/> Gattungen von Eidechſen und zwey Schlangen geliefert:<lb/> dieſe letztern ſind mit dem Geſchlechte Boa in Anſehung der<lb/> Schuppen verwandt, und waren beyde mit giftigen Fang-<lb/> zähnen bewaffnet. Jch habe mir auch eine neue Gattung<lb/> von Kröten verſchafft, die einzige, die ich ſowol auf Die-<lb/> mensland, als in der Meerenge Baß, finden konnte.</p><lb/> <p>Beſonders an Molluſken, an Würmern und an Zoophy-<lb/> ten gewährt die Jnſel King dem Beobachter gewiſſermaßen<lb/> unerſchöpfliche Schätze: in der That, ungeachtet der defti-<lb/> gen Stürme, welche in dieſen Gegenden während unſers<lb/> Aufenthalts daſelbſt herrſchten, war ich doch ſo glücklich,<lb/> mir dort mehr als hundert und achtzig unbekannte Gattun-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [266/0002]
gegen das Meer eine ununterbrochene Vormauer ausmachen,
ſo läßt ſich vermuthen, daß das Waſſer genothigt iſt, gegen
das Jnnere des Landes zurückzufließen. Dieſe Vermuthung
wird durch die Erzahlung der engliſchen Fiſcher einiger-
maßen beſtätigt; ſie verſichern, in dem Mittelpunkte der
Jnſel ſey eine Art von großem See, deſſen Waſſer ſehr tief
ſey, und in deſſen Mitte ſich eine kleine Jnſel erhebe,
welche ſie bis jetzt noch nicht beſucht haben.
Die mineraliſchen Produkte der Jnſel King ſind ſehr
mannigfaltig, und faſt alle gehören den primitiven Felſen
an. Unter dieſen letztern bemerkte man einen ſehr ſchönen
Porphyr, welcher Kryſtallen von Eiſen mit Schwefel ver-
mengt (fer ſulfuré) enthält; mehrere Gattungen von ſer-
pentinartigen und thonartigen Steinen, wovon einige in
ihren Spalten gleichſam kleine Gänge von Asbeſt zeigten.
An verſchiedenen Stellen des Ufers fand man ziemlich große
Kryſtallen von Hyalin-Quarz, Bruchſtücke von Jaſpis, und
vornämlich ſehr dicke Blöcke von einer röthlichen und ſehr
harten Breſche, welche aus Kieſeln von jeder Größe beſteht,
und wegen ihrer reichen und mannigfaltigen Farben dem
Steinſchneider und Marmorarbeiter ziemlich große Vortheile
gewähren könnte.
Alles Waſſer der Jnſel enthält Eiſen-Oxyd in einem ſo
ſtarken Verhältniſſe, daß das Metall, welches dieſem Oxyde
zur Baſis dient, wahrſcheinlich vielen Antheil an der Zu-
ſammenſetzung gewiſſer Steine hat.
Wir haben freylich keine Art von ſalziger Subſtanz
beobachten können; aber die Fiſcher behaupten, daß ſich
in Jnnern des Landes ein ganz aus Steinſalz (muriate de
ſoude criſtallisé natif) beſtehender Hügel befinde.
Unter allen der Jnſel King eigenthümlichen Steinarten
iſt keine merkwürdiger, als diejenige, von welcher ich noch
zu reden habe; es iſt eine Art von ſchwärzlich blauem, ſehr
feinkörnigem Granit, welcher mit kleinen, ſehr ſchwarzen
Kryſtallen von Hornblende vermengt iſt, wodurch er das
Ausſehen von Hornſtein erhält. Dieſe Subſtanz hat in ihren
Maſſen eine Artvon regelmäßiger und kantenförmiger Kry-
ſtalliſation, ſo daß jede dieſer Maſſen eine triedriſche Py-
ramide darſtellt, deren Spitze nach oben gekehrt iſt, und
deren Ecken ſtark und ſchneidend ſind. Wenn man einen
von dieſen Kryſtallen zerbricht, ſo bemerkt man, daß er ſich
in kleine Pyramiden auflöſet, deren Form der Form der
Hauptmaſſe ähnlich iſt.
Dieſer beſondern Beſchaffenheit hat der Granit, von
welchem hier die Rede iſt, den traurigen Vortheil zu ver-
danken, daß er der Schrecken der Seefahrer an dieſen Küſten
iſt. Da er den größten Theil der Geſtade der Jnſel King
und der Jnſeln du Nouvel-An ausmacht, da er mit einer
ähnlichen Beſchaffenheit ſich auch in dem Grunde des Meeres
findet, wo er blos mit einer leichten Schicht von ſchlammi-
gem Sande bedeckt iſt; ſo ergibt ſich daraus, daß von den
ſcharfen Ecken dieſes Granits die ſtärkſten Kabeltaue bald
durchſchnitten werden.
Der ganze Theil der Jnſel, den wir haben unterſuchen
können, ſtellt das Gemählde einer ſehr ſtarken und kräfti-
gen Vegetation dar: in verſchiedenen Gegenden ſtehen die
Bäume und Geſträuche ſo dicht an einander, und ihre Trüm-
mer liegen überall ſo vielfach umher, daß es beynahe un-
möglich iſt, in die Wälder einzudringen; aber im Allge-
meinen haben die Pflanzen, woraus ſie beſtehen, nicht die
rieſenmäßige Größe, welche wir an denen auf Diemensland
bewundert haben; übrigens gehoren ſie zu denſelben Ge-
ſchlechtern, wie dieſe letztern; wie dieſe, bleiben ſie immer
grün; wie dieſe, ſind ſie ohne alle eßbare Früchte, und in
dieſer Rückſicht für die Bedürfniſſe des Menſchen und der
obſtfreſſenden Thiere unnütz.
Auf der ganzen Ausdehnung der Jnſel King bemerkt
man keine Spur von der menſchlichen Gattung, und Alles
verkündet, daß dieſe Jnſel den wilden Völkerhaufen von
Diemensland und von Neu-Holland gleich fremd iſt.
Dagegen gibt es in den Südgegenden wenig Stellen,
auf welchen ſo viele nützliche Thiere leben. Hr. Leſneur
und ich haben daſelbſt eine Menge Gattungen geſammelt,
die Europa nicht kennt, und unter welchen ſich zwey
zierliche Daſpurus, zwey Känguruhe, das ſonderbare Thier,
welches die Einwohner von Neu-Holland unter dem Namen
Wombat kennen, und das noch viel außerordentlichere
vierfüßige Thier, welches ich unter dem Namen Ehidné
soyeux beſchrieben habe.
Alle Geſtade der Jnſel ſind mit einer ungeheuern Menge
von Amphibien bedeckt, von welchen einige nicht weniger
als 8 bis 10 Meter (25 bis 30 Fuß) lang, und welche für
die Engländer die Quelle eines intereſſanten Handels ge-
worden ſind.
Jn dem Jnnern der Wälder halten ſich Kaſuare in großer
Menge auf; an den Elephantenfelſen leben ungeheuer viele
Sturmvögel, Möwen (Mauves) und Fettgänſe, wovon
mehrere Gattungen für die Naturforſcher neu waren; end-
lich fanden ſich auch die meiſten Vögel von Diemensland
auf dieſen nebligen Geſtaden.
Die Familie der Reptilien hat mir nicht mehr als zwey
Gattungen von Eidechſen und zwey Schlangen geliefert:
dieſe letztern ſind mit dem Geſchlechte Boa in Anſehung der
Schuppen verwandt, und waren beyde mit giftigen Fang-
zähnen bewaffnet. Jch habe mir auch eine neue Gattung
von Kröten verſchafft, die einzige, die ich ſowol auf Die-
mensland, als in der Meerenge Baß, finden konnte.
Beſonders an Molluſken, an Würmern und an Zoophy-
ten gewährt die Jnſel King dem Beobachter gewiſſermaßen
unerſchöpfliche Schätze: in der That, ungeachtet der defti-
gen Stürme, welche in dieſen Gegenden während unſers
Aufenthalts daſelbſt herrſchten, war ich doch ſo glücklich,
mir dort mehr als hundert und achtzig unbekannte Gattun-
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