Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845.

Bild:
<< vorherige Seite

Newton und Conduit in Kensington berufen55, die Stoffe, welche zu Einer Gruppe von Weltkörpern, zu Einem Planetensysteme gehören, nicht großentheils dieselben sein können? warum sollten sie es nicht, wenn man vermuthen darf, daß diese Planeten, wie alle größeren und kleineren geballten um die Sonne kreisenden Massen, sich aus der einigen, einst weit ausgedehnteren Sonnen-Atmosphäre, wie aus dunstförmigen Ringen abgeschieden haben, die anfänglich um den Centralkörper ihren Kreislauf beschrieben? Wir sind, glaube ich, nicht mehr berechtigt, Nickel und Eisen, Olivin und Pyroxen (Augit) in den Meteorsteinen ausschließlich irdisch zu nennen, als ich mir erlauben würde, deutsche Pflanzen, die ich jenseits des Oby fand, als europäische Arten der nordasiatischen Flora zu bezeichnen. Sind in einer Gruppe von Weltkörpern verschiedenartiger Größe die Elementarstoffe dieselben, warum sollten sie nicht auch, ihrer gegenseitigen Anziehung folgend, sich nach bestimmten Mischungsverhältnissen gestalten können: in der Polarzone des Mars zu weißglänzendem Schnee und Eis, in anderen, kleineren kosmischen Massen zu Gebirgsarten, welche Olivin-, Augit- und Labrador-Krystalle einschließen? Auch in der Region des bloß Muthmaßlichen darf nicht eine ungeregelte, auf alle Induction verzichtende Willkühr der Meinungen herrschen.

Wundersame, nicht durch vulkanische Asche oder Höherauch (Moorrauch) erklärbare Verfinsterungen der Sonnenscheibe, während Sterne bei vollem Mittag zu sehen waren (wie die dreitägige Verfinsterung im Jahre 1547 um die Zeit der verhängnißvollen Schlacht bei Mühlberg), wurden von Kepler bald einer materia cometica, bald einem schwarzen

Newton und Conduit in Kensington berufen55, die Stoffe, welche zu Einer Gruppe von Weltkörpern, zu Einem Planetensysteme gehören, nicht großentheils dieselben sein können? warum sollten sie es nicht, wenn man vermuthen darf, daß diese Planeten, wie alle größeren und kleineren geballten um die Sonne kreisenden Massen, sich aus der einigen, einst weit ausgedehnteren Sonnen-Atmosphäre, wie aus dunstförmigen Ringen abgeschieden haben, die anfänglich um den Centralkörper ihren Kreislauf beschrieben? Wir sind, glaube ich, nicht mehr berechtigt, Nickel und Eisen, Olivin und Pyroxen (Augit) in den Meteorsteinen ausschließlich irdisch zu nennen, als ich mir erlauben würde, deutsche Pflanzen, die ich jenseits des Oby fand, als europäische Arten der nordasiatischen Flora zu bezeichnen. Sind in einer Gruppe von Weltkörpern verschiedenartiger Größe die Elementarstoffe dieselben, warum sollten sie nicht auch, ihrer gegenseitigen Anziehung folgend, sich nach bestimmten Mischungsverhältnissen gestalten können: in der Polarzone des Mars zu weißglänzendem Schnee und Eis, in anderen, kleineren kosmischen Massen zu Gebirgsarten, welche Olivin-, Augit- und Labrador-Krystalle einschließen? Auch in der Region des bloß Muthmaßlichen darf nicht eine ungeregelte, auf alle Induction verzichtende Willkühr der Meinungen herrschen.

Wundersame, nicht durch vulkanische Asche oder Höherauch (Moorrauch) erklärbare Verfinsterungen der Sonnenscheibe, während Sterne bei vollem Mittag zu sehen waren (wie die dreitägige Verfinsterung im Jahre 1547 um die Zeit der verhängnißvollen Schlacht bei Mühlberg), wurden von Kepler bald einer materia cometica, bald einem schwarzen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0156" n="137"/>
Newton und Conduit in Kensington berufen<note place="end" n="55" xml:id="ftn85" next="#ftn85-text"/>, die Stoffe, welche zu Einer Gruppe von Weltkörpern, zu Einem Planetensysteme gehören, nicht großentheils dieselben sein können? warum sollten sie es nicht, wenn man vermuthen darf, daß diese Planeten, wie alle größeren und kleineren geballten um die Sonne kreisenden Massen, sich aus der einigen, einst weit ausgedehnteren Sonnen-Atmosphäre, wie aus dunstförmigen Ringen abgeschieden haben, die anfänglich um den Centralkörper ihren Kreislauf beschrieben? Wir sind, glaube ich, nicht mehr berechtigt, Nickel und Eisen, Olivin und Pyroxen (Augit) in den Meteorsteinen ausschließlich irdisch zu nennen, als ich mir erlauben würde, deutsche Pflanzen, die ich jenseits des Oby fand, als europäische Arten der nordasiatischen Flora zu bezeichnen. Sind in einer Gruppe von Weltkörpern verschiedenartiger Größe die Elementarstoffe dieselben, warum sollten sie nicht auch, ihrer gegenseitigen Anziehung folgend, sich nach bestimmten Mischungsverhältnissen gestalten können: in der Polarzone des Mars zu weißglänzendem Schnee und Eis, in anderen, kleineren kosmischen Massen zu Gebirgsarten, welche Olivin-, Augit- und Labrador-Krystalle einschließen? Auch in der Region des bloß Muthmaßlichen darf nicht eine ungeregelte, auf alle Induction verzichtende Willkühr der Meinungen herrschen.</p>
          <p>Wundersame, nicht durch vulkanische Asche oder Höherauch (Moorrauch) erklärbare Verfinsterungen der Sonnenscheibe, während Sterne bei vollem Mittag zu sehen waren (wie die dreitägige Verfinsterung im Jahre 1547 um die Zeit der verhängnißvollen Schlacht bei Mühlberg), wurden von Kepler bald einer materia cometica, bald einem schwarzen
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137/0156] Newton und Conduit in Kensington berufen ⁵⁵ , die Stoffe, welche zu Einer Gruppe von Weltkörpern, zu Einem Planetensysteme gehören, nicht großentheils dieselben sein können? warum sollten sie es nicht, wenn man vermuthen darf, daß diese Planeten, wie alle größeren und kleineren geballten um die Sonne kreisenden Massen, sich aus der einigen, einst weit ausgedehnteren Sonnen-Atmosphäre, wie aus dunstförmigen Ringen abgeschieden haben, die anfänglich um den Centralkörper ihren Kreislauf beschrieben? Wir sind, glaube ich, nicht mehr berechtigt, Nickel und Eisen, Olivin und Pyroxen (Augit) in den Meteorsteinen ausschließlich irdisch zu nennen, als ich mir erlauben würde, deutsche Pflanzen, die ich jenseits des Oby fand, als europäische Arten der nordasiatischen Flora zu bezeichnen. Sind in einer Gruppe von Weltkörpern verschiedenartiger Größe die Elementarstoffe dieselben, warum sollten sie nicht auch, ihrer gegenseitigen Anziehung folgend, sich nach bestimmten Mischungsverhältnissen gestalten können: in der Polarzone des Mars zu weißglänzendem Schnee und Eis, in anderen, kleineren kosmischen Massen zu Gebirgsarten, welche Olivin-, Augit- und Labrador-Krystalle einschließen? Auch in der Region des bloß Muthmaßlichen darf nicht eine ungeregelte, auf alle Induction verzichtende Willkühr der Meinungen herrschen. Wundersame, nicht durch vulkanische Asche oder Höherauch (Moorrauch) erklärbare Verfinsterungen der Sonnenscheibe, während Sterne bei vollem Mittag zu sehen waren (wie die dreitägige Verfinsterung im Jahre 1547 um die Zeit der verhängnißvollen Schlacht bei Mühlberg), wurden von Kepler bald einer materia cometica, bald einem schwarzen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/156
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 1. Stuttgart u. a., 1845, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos01_1845/156>, abgerufen am 31.10.2024.