Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.in der formlosen Nebelwelt scandinavischer Mythen und sinnbildlicher Cosmogonien geworden. Nur das Naturwissen gewann keine Erweiterung. Reisende Isländer besuchten allerdings die Lehranstalten Deutschlands und Italiens; aber die Entdeckungen der Grönländer im Süden, der geringe Verkehr mit Winland, dessen Vegetation keinen merkwürdig eigenthümlichen physiognomischen Charakter darbot, zogen Ansiedler und Seefahrer so wenig von ihrem ganz europäischen Interesse ab, daß sich unter den Culturvölkern des südlichen Europa's keine Nachricht von jenen neuangesiedelten Ländern verbreitete. Ja in Island selbst scheint eine solche Nachricht nicht einmal zu den Ohren des großen genuesischen Seefahrers gelangt zu sein. Island und Grönland waren nämlich damals schon über zwei Jahrhunderte von einander getrennt, da Grönland 1261 seine republicanische Verfassung verloren hatte und ihm, als Krongut Norwegens, aller Verkehr mit Fremden und auch mit Island förmlich untersagt wurde. Christoph Columbus erzählt in seiner so selten gewordenen Schrift "über die fünf bewohnbaren Erdzonen", daß er im Monat Februar 1477 Island besuchte, "wo damals das Meer nicht mit Eis bedeckt war34 und das von vielen Kaufleuten von Bristol besucht wurde". Hätte er dort von der alten Colonisation eines gegenüberliegenden ausgedehnten zusammenhangenden Landstriches, von Helluland it mikla, Markland und dem "guten Winland" reden hören, hätte er diese Kenntniß eines nahen Continents mit den Projecten in Verbindung gesetzt, welche ihn schon seit 1470 und 1473 beschäftigten; so würde in dem berühmten erst 1517 beendigten Processe über das Verdienst der ersten Entdeckung in der formlosen Nebelwelt scandinavischer Mythen und sinnbildlicher Cosmogonien geworden. Nur das Naturwissen gewann keine Erweiterung. Reisende Isländer besuchten allerdings die Lehranstalten Deutschlands und Italiens; aber die Entdeckungen der Grönländer im Süden, der geringe Verkehr mit Winland, dessen Vegetation keinen merkwürdig eigenthümlichen physiognomischen Charakter darbot, zogen Ansiedler und Seefahrer so wenig von ihrem ganz europäischen Interesse ab, daß sich unter den Culturvölkern des südlichen Europa's keine Nachricht von jenen neuangesiedelten Ländern verbreitete. Ja in Island selbst scheint eine solche Nachricht nicht einmal zu den Ohren des großen genuesischen Seefahrers gelangt zu sein. Island und Grönland waren nämlich damals schon über zwei Jahrhunderte von einander getrennt, da Grönland 1261 seine republicanische Verfassung verloren hatte und ihm, als Krongut Norwegens, aller Verkehr mit Fremden und auch mit Island förmlich untersagt wurde. Christoph Columbus erzählt in seiner so selten gewordenen Schrift „über die fünf bewohnbaren Erdzonen", daß er im Monat Februar 1477 Island besuchte, „wo damals das Meer nicht mit Eis bedeckt war34 und das von vielen Kaufleuten von Bristol besucht wurde". Hätte er dort von der alten Colonisation eines gegenüberliegenden ausgedehnten zusammenhangenden Landstriches, von Helluland it mikla, Markland und dem „guten Winland" reden hören, hätte er diese Kenntniß eines nahen Continents mit den Projecten in Verbindung gesetzt, welche ihn schon seit 1470 und 1473 beschäftigten; so würde in dem berühmten erst 1517 beendigten Processe über das Verdienst der ersten Entdeckung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0281" n="276"/> in der formlosen Nebelwelt scandinavischer Mythen und sinnbildlicher Cosmogonien geworden. Nur das Naturwissen gewann keine Erweiterung. 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in der formlosen Nebelwelt scandinavischer Mythen und sinnbildlicher Cosmogonien geworden. Nur das Naturwissen gewann keine Erweiterung. Reisende Isländer besuchten allerdings die Lehranstalten Deutschlands und Italiens; aber die Entdeckungen der Grönländer im Süden, der geringe Verkehr mit Winland, dessen Vegetation keinen merkwürdig eigenthümlichen physiognomischen Charakter darbot, zogen Ansiedler und Seefahrer so wenig von ihrem ganz europäischen Interesse ab, daß sich unter den Culturvölkern des südlichen Europa's keine Nachricht von jenen neuangesiedelten Ländern verbreitete. Ja in Island selbst scheint eine solche Nachricht nicht einmal zu den Ohren des großen genuesischen Seefahrers gelangt zu sein. Island und Grönland waren nämlich damals schon über zwei Jahrhunderte von einander getrennt, da Grönland 1261 seine republicanische Verfassung verloren hatte und ihm, als Krongut Norwegens, aller Verkehr mit Fremden und auch mit Island förmlich untersagt wurde. Christoph Columbus erzählt in seiner so selten gewordenen Schrift „über die fünf bewohnbaren Erdzonen", daß er im Monat Februar 1477 Island besuchte, „wo damals das Meer nicht mit Eis bedeckt war
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und das von vielen Kaufleuten von Bristol besucht wurde". Hätte er dort von der alten Colonisation eines gegenüberliegenden ausgedehnten zusammenhangenden Landstriches, von Helluland it mikla, Markland und dem „guten Winland" reden hören, hätte er diese Kenntniß eines nahen Continents mit den Projecten in Verbindung gesetzt, welche ihn schon seit 1470 und 1473 beschäftigten; so würde in dem berühmten erst 1517 beendigten Processe über das Verdienst der ersten Entdeckung
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