Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.wenn sie die Länge des Mittelmeers zu ohngefähr 40° schätzten, das so gewagt scheinende Unternehmen allerdings ein brevissimo camino heißen. Auch Martin Behaim setzt auf seinem Weltapfel, dem berühmten Globus, welchen er 1492 vollendete und welcher noch im Behaim'schen Hause zu Nürnberg aufbewahrt wird, die Küste von China (den Thron des Königs von Mango, Cambalu und Cathay) nur 100° westlich von den Azoren, d. i., da Behaim 4 Jahre in Fayal lebte und wahrscheinlich von diesem Punkte den Abstand rechnet, wieder nur 119° 40' westlich vom Vorgebirge St. Vincent. Columbus wird wahrscheinlich Behaim in Lissabon gekannt haben, wo beide von 1480 bis 1484 sich aufhielten. (S. mein Examen crit. de l'hist. de la Geographie T. II. p. 357-369.) Die vielen ganz unrichtigen Zahlen, welche man in allen Schriften über die Entdeckung von Amerika und die damals vermuthete Ausdehnung des östlichen Asiens findet, haben mich veranlaßt die Meinungen des Mittelalters genauer mit denen des classischen Alterthums zu vergleichen. 82 (S. 308.) Von weißen Menschen ist in einem Canot zuerst beschifft der östlichste Theil des stillen Meeres, als Alonso Martin de Don Benito, der den Meerhorizont mit Vasco Nundez de Balboa am 25 Sept. 1513 auf der kleinen Bergkette von Quarequa gesehen, einige Tage darauf am Isthmus zu dem Golfo de San Miguel herabstieg, ehe Balboa die abenteuerliche Ceremonie der Besitznahme ausführte. Schon sieben Monate früher, im Januar 1513, meldete Balboa seinem Hofe, daß das südliche Meer, von welchem er die Eingeborenen reden hörte, sehr leicht zu beschiffen wäre: "mar muy mansa y que nunca anda brava como la mar de nuestra banda" (de las Antillas). Der Name Oceano Pacifico wurde indeß, wie Pigafetta erzählt, der Mar del Sur (des Balboa) erst von Magellan gegeben. Schon ehe Magellan's Expedition zu Stande kam (10 August 1519), hatte die spanische Regierung, der es nicht an sorgsamer Thätigkeit fehlte, im November 1514, gleichzeitig dem Pedrarias Davila, Gouverneur der Provinz Castilla del Oro (der nordwestlichsten von Südamerika), und dem großen Seemann Juan Diaz de Solis geheime Befehle ertheilt: dem ersteren, 4 Caravelen im Golfo de San Miguel bauen zu lassen, "um Entdeckungen in der neuentdeckten Südsee zu machen"; dem zweiten, von der östlichen Küste Amerika's aus eine Oeffnung, wenn sie die Länge des Mittelmeers zu ohngefähr 40° schätzten, das so gewagt scheinende Unternehmen allerdings ein brevissimo camino heißen. Auch Martin Behaim setzt auf seinem Weltapfel, dem berühmten Globus, welchen er 1492 vollendete und welcher noch im Behaim'schen Hause zu Nürnberg aufbewahrt wird, die Küste von China (den Thron des Königs von Mango, Cambalu und Cathay) nur 100° westlich von den Azoren, d. i., da Behaim 4 Jahre in Fayal lebte und wahrscheinlich von diesem Punkte den Abstand rechnet, wieder nur 119° 40′ westlich vom Vorgebirge St. Vincent. Columbus wird wahrscheinlich Behaim in Lissabon gekannt haben, wo beide von 1480 bis 1484 sich aufhielten. (S. mein Examen crit. de l'hist. de la Géographie T. II. p. 357–369.) Die vielen ganz unrichtigen Zahlen, welche man in allen Schriften über die Entdeckung von Amerika und die damals vermuthete Ausdehnung des östlichen Asiens findet, haben mich veranlaßt die Meinungen des Mittelalters genauer mit denen des classischen Alterthums zu vergleichen. 82 (S. 308.) Von weißen Menschen ist in einem Canot zuerst beschifft der östlichste Theil des stillen Meeres, als Alonso Martin de Don Benito, der den Meerhorizont mit Vasco Nuñez de Balboa am 25 Sept. 1513 auf der kleinen Bergkette von Quarequa gesehen, einige Tage darauf am Isthmus zu dem Golfo de San Miguel herabstieg, ehe Balboa die abenteuerliche Ceremonie der Besitznahme ausführte. Schon sieben Monate früher, im Januar 1513, meldete Balboa seinem Hofe, daß das südliche Meer, von welchem er die Eingeborenen reden hörte, sehr leicht zu beschiffen wäre: »mar muy mansa y que nunca anda brava como la mar de nuestra banda« (de las Antillas). Der Name Oceano Pacifico wurde indeß, wie Pigafetta erzählt, der Mar del Sur (des Balboa) erst von Magellan gegeben. Schon ehe Magellan's Expedition zu Stande kam (10 August 1519), hatte die spanische Regierung, der es nicht an sorgsamer Thätigkeit fehlte, im November 1514, gleichzeitig dem Pedrarias Davila, Gouverneur der Provinz Castilla del Oro (der nordwestlichsten von Südamerika), und dem großen Seemann Juan Diaz de Solis geheime Befehle ertheilt: dem ersteren, 4 Caravelen im Golfo de San Miguel bauen zu lassen, „um Entdeckungen in der neuentdeckten Südsee zu machen"; dem zweiten, von der östlichen Küste Amerika's aus eine Oeffnung, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <note xml:id="ftn420-text" prev="#ftn420" place="end" n="81"><pb facs="#f0483" n="478"/> wenn sie die Länge des Mittelmeers zu ohngefähr 40° schätzten, das so gewagt scheinende Unternehmen allerdings ein brevissimo camino heißen. 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⁸¹ wenn sie die Länge des Mittelmeers zu ohngefähr 40° schätzten, das so gewagt scheinende Unternehmen allerdings ein brevissimo camino heißen. Auch Martin Behaim setzt auf seinem Weltapfel, dem berühmten Globus, welchen er 1492 vollendete und welcher noch im Behaim'schen Hause zu Nürnberg aufbewahrt wird, die Küste von China (den Thron des Königs von Mango, Cambalu und Cathay) nur 100° westlich von den Azoren, d. i., da Behaim 4 Jahre in Fayal lebte und wahrscheinlich von diesem Punkte den Abstand rechnet, wieder nur 119° 40′ westlich vom Vorgebirge St. Vincent. Columbus wird wahrscheinlich Behaim in Lissabon gekannt haben, wo beide von 1480 bis 1484 sich aufhielten. (S. mein Examen crit. de l'hist. de la Géographie T. II. p. 357–369.) Die vielen ganz unrichtigen Zahlen, welche man in allen Schriften über die Entdeckung von Amerika und die damals vermuthete Ausdehnung des östlichen Asiens findet, haben mich veranlaßt die Meinungen des Mittelalters genauer mit denen des classischen Alterthums zu vergleichen.
⁸² (S. 308.) Von weißen Menschen ist in einem Canot zuerst beschifft der östlichste Theil des stillen Meeres, als Alonso Martin de Don Benito, der den Meerhorizont mit Vasco Nuñez de Balboa am 25 Sept. 1513 auf der kleinen Bergkette von Quarequa gesehen, einige Tage darauf am Isthmus zu dem Golfo de San Miguel herabstieg, ehe Balboa die abenteuerliche Ceremonie der Besitznahme ausführte. Schon sieben Monate früher, im Januar 1513, meldete Balboa seinem Hofe, daß das südliche Meer, von welchem er die Eingeborenen reden hörte, sehr leicht zu beschiffen wäre: »mar muy mansa y que nunca anda brava como la mar de nuestra banda« (de las Antillas). Der Name Oceano Pacifico wurde indeß, wie Pigafetta erzählt, der Mar del Sur (des Balboa) erst von Magellan gegeben. Schon ehe Magellan's Expedition zu Stande kam (10 August 1519), hatte die spanische Regierung, der es nicht an sorgsamer Thätigkeit fehlte, im November 1514, gleichzeitig dem Pedrarias Davila, Gouverneur der Provinz Castilla del Oro (der nordwestlichsten von Südamerika), und dem großen Seemann Juan Diaz de Solis geheime Befehle ertheilt: dem ersteren, 4 Caravelen im Golfo de San Miguel bauen zu lassen, „um Entdeckungen in der neuentdeckten Südsee zu machen"; dem zweiten, von der östlichen Küste Amerika's aus eine Oeffnung,
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