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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.

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zuerst von den Sonnenstrahlen getroffen werden. Von der Länge der Bergschatten finde ich keine Beobachtung. Er fand die Erhöhungen incirca miglia quattro hoch, und viele höher als unsere Berge auf der Erde. Die Vergleichung ist sonderbar, da nach Riccioli man damals so übertriebene Meinungen von unseren Berggipfeln hatte und einer der vornehmsten, d. h. früh berufensten, der Pic von Teneriffa, erst 1724 mit einiger Genauigkeit trigonometrisch von Feuillee gemessen wurde. An die Existenz von vielen Seen und einer Atmosphäre des Mondes glaubte Galilei auch, wie alle Beobachter bis zum Ende des 18ten Jahrhunderts.
44 (S. 357.) Ich finde hier Veranlassung wiederum (s. Kosmos Bd. I. S. 434) an den von Arago ausgesprochenen Grundsatz zu erinnern: "Il n'y a qu'une maniere rationnelle et juste d'ecrire l'histoire des sciences, c'est de s'appuyer exclusivement sur des publications ayant date certaine; hors de la tout est confusion et obscurite." -- Die so sonderbar verspätete Erscheinung des Fränkischen Kalenders oder der Practica (1612) und des, astronomisch wichtigen Mundus Jovialis anno 1609 detectus ope perspicilli Belgici (Febr. 1614) konnte allerdings zu dem Verdachte Anlaß geben, Marius habe aus dem Nuncius Sidereus des Galilei, dessen Zueignung vom März 1610 ist, oder gar aus früheren brieflichen Mittheilungen geschöpft. Auch nennt ihn Galilei, gereizt durch den noch nicht vergessenen Proceß über den Proportional-Zirkel gegen Balthasar Capra, einen Schüler des Marius, usurpatore del Sistema di Giove; ja Galilei wirft sogar dem ketzerisch- protestantischen Astronomen aus Gunzenhausen vor, daß seine frühere Beobachtung auf einer Calenderverwechselung beruhe. "Tace il Mario di far cauto il lettore, come essendo egli separato della Chiesa nostra, ne avendo acettato l'emendatione gregoriana, il giorno 7 di gennaio del 1610 di noi cattolici (der Tag, an welchem Galilei die Satelliten entdeckte), e l'istesso, che il di 28 di decembre del 1609 di loro eretici, e questa e tutta la precedenza delle sue finte osservationi." (Venturi, Memorie e Lettere di Galileo Galilei 1818 P. I. p. 279 und Delambre, Hist. de l'Astr. mod. T. I. p. 696.) Nach einem Briefe, den Galilei 1614 an die Academia dei Lincei richtete, wollte derselbe seine Klage gegen Marius etwas unphilosophisch an den Marchese di Brandeburgo richten. Im ganzen
zuerst von den Sonnenstrahlen getroffen werden. Von der Länge der Bergschatten finde ich keine Beobachtung. Er fand die Erhöhungen incirca miglia quattro hoch, und viele höher als unsere Berge auf der Erde. Die Vergleichung ist sonderbar, da nach Riccioli man damals so übertriebene Meinungen von unseren Berggipfeln hatte und einer der vornehmsten, d. h. früh berufensten, der Pic von Teneriffa, erst 1724 mit einiger Genauigkeit trigonometrisch von Feuillée gemessen wurde. An die Existenz von vielen Seen und einer Atmosphäre des Mondes glaubte Galilei auch, wie alle Beobachter bis zum Ende des 18ten Jahrhunderts.
44 (S. 357.) Ich finde hier Veranlassung wiederum (s. Kosmos Bd. I. S. 434) an den von Arago ausgesprochenen Grundsatz zu erinnern: »Il n'y a qu'une manière rationnelle et juste d'écrire l'histoire des sciences, c'est de s'appuyer exclusivement sur des publications ayant date certaine; hors de là tout est confusion et obscurité.« — Die so sonderbar verspätete Erscheinung des Fränkischen Kalenders oder der Practica (1612) und des, astronomisch wichtigen Mundus Jovialis anno 1609 detectus ope perspicilli Belgici (Febr. 1614) konnte allerdings zu dem Verdachte Anlaß geben, Marius habe aus dem Nuncius Sidereus des Galilei, dessen Zueignung vom März 1610 ist, oder gar aus früheren brieflichen Mittheilungen geschöpft. Auch nennt ihn Galilei, gereizt durch den noch nicht vergessenen Proceß über den Proportional-Zirkel gegen Balthasar Capra, einen Schüler des Marius, usurpatore del Sistema di Giove; ja Galilei wirft sogar dem ketzerisch- protestantischen Astronomen aus Gunzenhausen vor, daß seine frühere Beobachtung auf einer Calenderverwechselung beruhe. »Tace il Mario di far cauto il lettore, come essendo egli separato della Chiesa nostra, ne avendo acettato l'emendatione gregoriana, il giorno 7 di gennaio del 1610 di noi cattolici (der Tag, an welchem Galilei die Satelliten entdeckte), è l'istesso, che il dì 28 di decembre del 1609 di loro eretici, e questa è tutta la precedenza delle sue finte osservationi.« (Venturi, Memorie e Lettere di Galileo Galilei 1818 P. I. p. 279 und Delambre, Hist. de l'Astr. mod. T. I. p. 696.) Nach einem Briefe, den Galilei 1614 an die Academia dei Lincei richtete, wollte derselbe seine Klage gegen Marius etwas unphilosophisch an den Marchese di Brandeburgo richten. Im ganzen
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[509/0514] ⁴³ zuerst von den Sonnenstrahlen getroffen werden. Von der Länge der Bergschatten finde ich keine Beobachtung. Er fand die Erhöhungen incirca miglia quattro hoch, und viele höher als unsere Berge auf der Erde. Die Vergleichung ist sonderbar, da nach Riccioli man damals so übertriebene Meinungen von unseren Berggipfeln hatte und einer der vornehmsten, d. h. früh berufensten, der Pic von Teneriffa, erst 1724 mit einiger Genauigkeit trigonometrisch von Feuillée gemessen wurde. An die Existenz von vielen Seen und einer Atmosphäre des Mondes glaubte Galilei auch, wie alle Beobachter bis zum Ende des 18ten Jahrhunderts. ⁴⁴ (S. 357.) Ich finde hier Veranlassung wiederum (s. Kosmos Bd. I. S. 434) an den von Arago ausgesprochenen Grundsatz zu erinnern: »Il n'y a qu'une manière rationnelle et juste d'écrire l'histoire des sciences, c'est de s'appuyer exclusivement sur des publications ayant date certaine; hors de là tout est confusion et obscurité.« — Die so sonderbar verspätete Erscheinung des Fränkischen Kalenders oder der Practica (1612) und des, astronomisch wichtigen Mundus Jovialis anno 1609 detectus ope perspicilli Belgici (Febr. 1614) konnte allerdings zu dem Verdachte Anlaß geben, Marius habe aus dem Nuncius Sidereus des Galilei, dessen Zueignung vom März 1610 ist, oder gar aus früheren brieflichen Mittheilungen geschöpft. Auch nennt ihn Galilei, gereizt durch den noch nicht vergessenen Proceß über den Proportional-Zirkel gegen Balthasar Capra, einen Schüler des Marius, usurpatore del Sistema di Giove; ja Galilei wirft sogar dem ketzerisch- protestantischen Astronomen aus Gunzenhausen vor, daß seine frühere Beobachtung auf einer Calenderverwechselung beruhe. »Tace il Mario di far cauto il lettore, come essendo egli separato della Chiesa nostra, ne avendo acettato l'emendatione gregoriana, il giorno 7 di gennaio del 1610 di noi cattolici (der Tag, an welchem Galilei die Satelliten entdeckte), è l'istesso, che il dì 28 di decembre del 1609 di loro eretici, e questa è tutta la precedenza delle sue finte osservationi.« (Venturi, Memorie e Lettere di Galileo Galilei 1818 P. I. p. 279 und Delambre, Hist. de l'Astr. mod. T. I. p. 696.) Nach einem Briefe, den Galilei 1614 an die Academia dei Lincei richtete, wollte derselbe seine Klage gegen Marius etwas unphilosophisch an den Marchese di Brandeburgo richten. Im ganzen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/514>, abgerufen am 22.11.2024.