Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.ist in seiner kosmischen Anwendung nicht auf die uranologische Sphäre beschränkt, es beherrscht auch die tellurischen Erscheinungen in zum Theil noch unerforschten Richtungen; es giebt den Schlüssel zu periodischen Bewegungen im Ocean und in der Atmosphäre38, zu der Lösung von Problemen der Capillarität, der Endosmose, vieler chemischer, electromagnetischer und organischer Processe. Newton39 selbst unterschied schon die Massen-Anziehung, wie sie sich in den Bewegungen aller Weltkörper und in den Phänomenen der Ebbe und Fluth äußert, von der Molecular-Anziehung, die in unendlich kleiner Entfernung und bei der innigsten Berührung wirksam wird. Auf diese Weise zeigt sich unter allen Versuchen, das Veränderliche in der Sinnenwelt auf ein einziges Grundprincip zurückzuführen, die Lehre von der Gravitation als der umfassendste und kosmisch vielverheißendste. Allerdings lassen sich, trotz der glänzenden Fortschritte, welche in neueren Zeiten in der Stöchiometrie (in der Rechenkunst mit chemischen Elementen und in den Volum-Verhältnissen der gemengten Gas-Arten) gemacht sind, noch nicht alle physikalischen Theorien der Stofflehre auf mathematisch bestimmbare Erklärungsgründe zurückführen. Empirische Gesetze sind aufgefunden, und nach den weitverbreiteten Ansichten der Atomistik oder Corpuscular-Philosophie ist manches der Mathematik zugänglicher geworden; aber bei der grenzenlosen Heterogeneität der Stoffe und den mannigfaltigen Aggregations-Zuständen der sogenannten Massentheilchen sind die Beweise jener empirischen Gesetze noch keinesweges aus der Theorie der Contact-Anziehung mit der Gewißheit zu entwickeln, welche die Begründung von Kepler's drei großen ist in seiner kosmischen Anwendung nicht auf die uranologische Sphäre beschränkt, es beherrscht auch die tellurischen Erscheinungen in zum Theil noch unerforschten Richtungen; es giebt den Schlüssel zu periodischen Bewegungen im Ocean und in der Atmosphäre38, zu der Lösung von Problemen der Capillarität, der Endosmose, vieler chemischer, electromagnetischer und organischer Processe. Newton39 selbst unterschied schon die Massen-Anziehung, wie sie sich in den Bewegungen aller Weltkörper und in den Phänomenen der Ebbe und Fluth äußert, von der Molecular-Anziehung, die in unendlich kleiner Entfernung und bei der innigsten Berührung wirksam wird. Auf diese Weise zeigt sich unter allen Versuchen, das Veränderliche in der Sinnenwelt auf ein einziges Grundprincip zurückzuführen, die Lehre von der Gravitation als der umfassendste und kosmisch vielverheißendste. Allerdings lassen sich, trotz der glänzenden Fortschritte, welche in neueren Zeiten in der Stöchiometrie (in der Rechenkunst mit chemischen Elementen und in den Volum-Verhältnissen der gemengten Gas-Arten) gemacht sind, noch nicht alle physikalischen Theorien der Stofflehre auf mathematisch bestimmbare Erklärungsgründe zurückführen. Empirische Gesetze sind aufgefunden, und nach den weitverbreiteten Ansichten der Atomistik oder Corpuscular-Philosophie ist manches der Mathematik zugänglicher geworden; aber bei der grenzenlosen Heterogeneität der Stoffe und den mannigfaltigen Aggregations-Zuständen der sogenannten Massentheilchen sind die Beweise jener empirischen Gesetze noch keinesweges aus der Theorie der Contact-Anziehung mit der Gewißheit zu entwickeln, welche die Begründung von Kepler's drei großen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0027" n="22"/> ist in seiner kosmischen Anwendung nicht auf die uranologische Sphäre beschränkt, es beherrscht auch die tellurischen Erscheinungen in zum Theil noch unerforschten Richtungen; es giebt den Schlüssel zu periodischen Bewegungen im Ocean und in der Atmosphäre<note xml:id="ftn38" next="#ftn38-text" place="end" n="38"/>, zu der Lösung von Problemen der Capillarität, der Endosmose, vieler chemischer, electromagnetischer und organischer Processe. 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Empirische Gesetze sind aufgefunden, und nach den weitverbreiteten Ansichten der Atomistik oder Corpuscular-Philosophie ist manches der Mathematik zugänglicher geworden; aber bei der grenzenlosen Heterogeneität der Stoffe und den mannigfaltigen Aggregations-Zuständen der sogenannten Massentheilchen sind die Beweise jener empirischen Gesetze noch keinesweges aus der Theorie der <hi rendition="#g">Contact-Anziehung</hi> mit <hi rendition="#g">der</hi> Gewißheit zu entwickeln, welche die Begründung von Kepler's drei großen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [22/0027]
ist in seiner kosmischen Anwendung nicht auf die uranologische Sphäre beschränkt, es beherrscht auch die tellurischen Erscheinungen in zum Theil noch unerforschten Richtungen; es giebt den Schlüssel zu periodischen Bewegungen im Ocean und in der Atmosphäre
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, zu der Lösung von Problemen der Capillarität, der Endosmose, vieler chemischer, electromagnetischer und organischer Processe. Newton
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selbst unterschied schon die Massen-Anziehung, wie sie sich in den Bewegungen aller Weltkörper und in den Phänomenen der Ebbe und Fluth äußert, von der Molecular-Anziehung, die in unendlich kleiner Entfernung und bei der innigsten Berührung wirksam wird.
Auf diese Weise zeigt sich unter allen Versuchen, das Veränderliche in der Sinnenwelt auf ein einziges Grundprincip zurückzuführen, die Lehre von der Gravitation als der umfassendste und kosmisch vielverheißendste. Allerdings lassen sich, trotz der glänzenden Fortschritte, welche in neueren Zeiten in der Stöchiometrie (in der Rechenkunst mit chemischen Elementen und in den Volum-Verhältnissen der gemengten Gas-Arten) gemacht sind, noch nicht alle physikalischen Theorien der Stofflehre auf mathematisch bestimmbare Erklärungsgründe zurückführen. Empirische Gesetze sind aufgefunden, und nach den weitverbreiteten Ansichten der Atomistik oder Corpuscular-Philosophie ist manches der Mathematik zugänglicher geworden; aber bei der grenzenlosen Heterogeneität der Stoffe und den mannigfaltigen Aggregations-Zuständen der sogenannten Massentheilchen sind die Beweise jener empirischen Gesetze noch keinesweges aus der Theorie der Contact-Anziehung mit der Gewißheit zu entwickeln, welche die Begründung von Kepler's drei großen
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