Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.unseres Planetensystems, von geognostischen Vorgängen bei der Erhebung der äußersten Erdschichten als Continente und Gebirgsketten. Unsere Kenntniß von der Urzeit der physikalischen Weltgeschichte reicht nicht hoch genug hinauf, um das jetzt Daseiende als etwas Werdendes zu schildern.44 Wo demnach der Causalzusammenhang der Erscheinungen noch nicht hat vollständig erkannt werden können, ist die Lehre vom Kosmos oder die physische Weltbeschreibung nicht eine abgesonderte Disciplin aus dem Gebiet der Naturwissenschaften. Sie umfaßt vielmehr dieses ganze Gebiet, die Phänomene beider Sphären, der himmlischen und der tellurischen; aber sie umfaßt sie unter dem einigen Gesichtspunkte des Strebens nach der Erkenntniß eines Weltganzen.45 Wie "bei der Darstellung des Geschehenen in der moralischen und politischen Sphäre der Geschichtsforscher46 nach menschlicher Ansicht den Plan der Weltregierung nicht unmittelbar erspähen, sondern nur an den Ideen erahnden kann, durch die sie sich offenbaren"; so durchdringt auch den Naturforscher bei der Darstellung der kosmischen Verhältnisse ein inniges Bewußtsein, daß die Zahl der welttreibenden, der gestaltenden und schaffenden Kräfte keinesweges durch das erschöpft ist, was sich bisher aus der unmittelbaren Beobachtung und Zergliederung der Erscheinungen ergeben hat. unseres Planetensystems, von geognostischen Vorgängen bei der Erhebung der äußersten Erdschichten als Continente und Gebirgsketten. Unsere Kenntniß von der Urzeit der physikalischen Weltgeschichte reicht nicht hoch genug hinauf, um das jetzt Daseiende als etwas Werdendes zu schildern.44 Wo demnach der Causalzusammenhang der Erscheinungen noch nicht hat vollständig erkannt werden können, ist die Lehre vom Kosmos oder die physische Weltbeschreibung nicht eine abgesonderte Disciplin aus dem Gebiet der Naturwissenschaften. Sie umfaßt vielmehr dieses ganze Gebiet, die Phänomene beider Sphären, der himmlischen und der tellurischen; aber sie umfaßt sie unter dem einigen Gesichtspunkte des Strebens nach der Erkenntniß eines Weltganzen.45 Wie „bei der Darstellung des Geschehenen in der moralischen und politischen Sphäre der Geschichtsforscher46 nach menschlicher Ansicht den Plan der Weltregierung nicht unmittelbar erspähen, sondern nur an den Ideen erahnden kann, durch die sie sich offenbaren“; so durchdringt auch den Naturforscher bei der Darstellung der kosmischen Verhältnisse ein inniges Bewußtsein, daß die Zahl der welttreibenden, der gestaltenden und schaffenden Kräfte keinesweges durch das erschöpft ist, was sich bisher aus der unmittelbaren Beobachtung und Zergliederung der Erscheinungen ergeben hat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0030" n="25"/> unseres Planetensystems, von geognostischen Vorgängen bei der Erhebung der äußersten Erdschichten als Continente und Gebirgsketten. Unsere Kenntniß von der Urzeit der physikalischen Weltgeschichte reicht nicht hoch genug hinauf, um das jetzt Daseiende als etwas Werdendes zu schildern.<note xml:id="ftn44" next="#ftn44-text" place="end" n="44"/> </p> <p>Wo demnach der Causalzusammenhang der Erscheinungen noch nicht hat vollständig erkannt werden können, ist die Lehre vom Kosmos oder die physische <hi rendition="#g">Weltbeschreibung</hi> nicht eine abgesonderte Disciplin aus dem Gebiet der Naturwissenschaften. Sie umfaßt vielmehr dieses ganze Gebiet, die Phänomene beider Sphären, der himmlischen und der tellurischen; aber sie umfaßt sie unter dem einigen Gesichtspunkte des Strebens nach der Erkenntniß eines Weltganzen.<note xml:id="ftn45" next="#ftn45-text" place="end" n="45"/> Wie „bei der Darstellung des Geschehenen in der moralischen und politischen Sphäre der Geschichtsforscher<note xml:id="ftn46" next="#ftn46-text" place="end" n="46"/> nach menschlicher Ansicht den Plan der Weltregierung nicht unmittelbar erspähen, sondern nur an den Ideen erahnden kann, durch die sie sich offenbaren“; so durchdringt auch den Naturforscher bei der Darstellung der kosmischen Verhältnisse ein inniges Bewußtsein, daß die Zahl der welttreibenden, der gestaltenden und schaffenden Kräfte keinesweges durch das erschöpft ist, was sich bisher aus der unmittelbaren Beobachtung und Zergliederung der Erscheinungen ergeben hat.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [25/0030]
unseres Planetensystems, von geognostischen Vorgängen bei der Erhebung der äußersten Erdschichten als Continente und Gebirgsketten. Unsere Kenntniß von der Urzeit der physikalischen Weltgeschichte reicht nicht hoch genug hinauf, um das jetzt Daseiende als etwas Werdendes zu schildern.
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Wo demnach der Causalzusammenhang der Erscheinungen noch nicht hat vollständig erkannt werden können, ist die Lehre vom Kosmos oder die physische Weltbeschreibung nicht eine abgesonderte Disciplin aus dem Gebiet der Naturwissenschaften. Sie umfaßt vielmehr dieses ganze Gebiet, die Phänomene beider Sphären, der himmlischen und der tellurischen; aber sie umfaßt sie unter dem einigen Gesichtspunkte des Strebens nach der Erkenntniß eines Weltganzen.
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Wie „bei der Darstellung des Geschehenen in der moralischen und politischen Sphäre der Geschichtsforscher
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nach menschlicher Ansicht den Plan der Weltregierung nicht unmittelbar erspähen, sondern nur an den Ideen erahnden kann, durch die sie sich offenbaren“; so durchdringt auch den Naturforscher bei der Darstellung der kosmischen Verhältnisse ein inniges Bewußtsein, daß die Zahl der welttreibenden, der gestaltenden und schaffenden Kräfte keinesweges durch das erschöpft ist, was sich bisher aus der unmittelbaren Beobachtung und Zergliederung der Erscheinungen ergeben hat.
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