Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.dunkel, aber in einer großen Entfernung von einer Lichthülle umgeben sei; daß in der Lichthülle durch Strömungen von unten nach oben trichterförmige Oeffnungen entstehen, und daß der schwarze Kern der Flecken ein Theil des dunklen Sonnenkörpers selbst sei, welcher durch jene Oeffnung sichtbar werde. Um diese Erklärung, die wir hier nur vorläufig in größter Allgemeinheit geben, für das Einzelne der Erscheinungen auf der Sonnen-Oberfläche befriedigender zu machen, werden in dem gegenwärtigen Zustand der Wissenschaft drei Umhüllungen der dunklen Sonnenkugel angenommen: zunächst eine innere, wolkenartige Dunsthülle; darüber die Lichthülle (Photosphäre); und über dieser (wie besonders die totale Sonnenfinsterniß vom 8 Juli 1842 erwiesen zu haben scheint) eine äußere Wolkenhülle, dunkel oder doch nur wenig erleuchtet.6 Wie glückliche Ahndungen und Spiele der Phantasie (das griechische Alterthum ist voll von solchen, spät erfüllten Träumen), lange vor aller wirklichen Beobachtung, bisweilen den Keim richtiger Ansichten enthalten, so finden wir schon in der Mitte des 15ten Jahrhunderts in den Schriften des Cardinals Nicolaus von Cusa, im 2ten Buche de docta ignorantia, deutlich die Meinung ausgedrückt: daß der Sonnenkörper für sich nur "ein erdhafter Kern sei, der von einem Lichtkreise wie von einer feinen Hülle umgeben werde; daß in der Mitte (zwischen dem dunklen Kern und der Lichthülle?) sich ein Gemisch von wasserhaltigen Wolken und klarer Luft, gleich unserem Dunstkreise, befinde; daß das Vermögen ein die Vegetation auf der Erde belebendes Licht auszustrahlen nicht dem erdigen Kern des Sonnenkörpers, sondern der Lichthülle, welche mit demselben verbunden ist, dunkel, aber in einer großen Entfernung von einer Lichthülle umgeben sei; daß in der Lichthülle durch Strömungen von unten nach oben trichterförmige Oeffnungen entstehen, und daß der schwarze Kern der Flecken ein Theil des dunklen Sonnenkörpers selbst sei, welcher durch jene Oeffnung sichtbar werde. Um diese Erklärung, die wir hier nur vorläufig in größter Allgemeinheit geben, für das Einzelne der Erscheinungen auf der Sonnen-Oberfläche befriedigender zu machen, werden in dem gegenwärtigen Zustand der Wissenschaft drei Umhüllungen der dunklen Sonnenkugel angenommen: zunächst eine innere, wolkenartige Dunsthülle; darüber die Lichthülle (Photosphäre); und über dieser (wie besonders die totale Sonnenfinsterniß vom 8 Juli 1842 erwiesen zu haben scheint) eine äußere Wolkenhülle, dunkel oder doch nur wenig erleuchtet.6 Wie glückliche Ahndungen und Spiele der Phantasie (das griechische Alterthum ist voll von solchen, spät erfüllten Träumen), lange vor aller wirklichen Beobachtung, bisweilen den Keim richtiger Ansichten enthalten, so finden wir schon in der Mitte des 15ten Jahrhunderts in den Schriften des Cardinals Nicolaus von Cusa, im 2ten Buche de docta ignorantia, deutlich die Meinung ausgedrückt: daß der Sonnenkörper für sich nur „ein erdhafter Kern sei, der von einem Lichtkreise wie von einer feinen Hülle umgeben werde; daß in der Mitte (zwischen dem dunklen Kern und der Lichthülle?) sich ein Gemisch von wasserhaltigen Wolken und klarer Luft, gleich unserem Dunstkreise, befinde; daß das Vermögen ein die Vegetation auf der Erde belebendes Licht auszustrahlen nicht dem erdigen Kern des Sonnenkörpers, sondern der Lichthülle, welche mit demselben verbunden ist, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0387" n="382"/> dunkel, aber in einer großen Entfernung von einer Lichthülle umgeben sei; daß in der Lichthülle durch Strömungen von unten nach oben trichterförmige Oeffnungen entstehen, und daß der schwarze Kern der Flecken ein Theil des dunklen Sonnenkörpers selbst sei, welcher durch jene Oeffnung sichtbar werde. 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dunkel, aber in einer großen Entfernung von einer Lichthülle umgeben sei; daß in der Lichthülle durch Strömungen von unten nach oben trichterförmige Oeffnungen entstehen, und daß der schwarze Kern der Flecken ein Theil des dunklen Sonnenkörpers selbst sei, welcher durch jene Oeffnung sichtbar werde. Um diese Erklärung, die wir hier nur vorläufig in größter Allgemeinheit geben, für das Einzelne der Erscheinungen auf der Sonnen-Oberfläche befriedigender zu machen, werden in dem gegenwärtigen Zustand der Wissenschaft drei Umhüllungen der dunklen Sonnenkugel angenommen: zunächst eine innere, wolkenartige Dunsthülle; darüber die Lichthülle (Photosphäre); und über dieser (wie besonders die totale Sonnenfinsterniß vom 8 Juli 1842 erwiesen zu haben scheint) eine äußere Wolkenhülle, dunkel oder doch nur wenig erleuchtet.
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Wie glückliche Ahndungen und Spiele der Phantasie (das griechische Alterthum ist voll von solchen, spät erfüllten Träumen), lange vor aller wirklichen Beobachtung, bisweilen den Keim richtiger Ansichten enthalten, so finden wir schon in der Mitte des 15ten Jahrhunderts in den Schriften des Cardinals Nicolaus von Cusa, im 2ten Buche de docta ignorantia, deutlich die Meinung ausgedrückt: daß der Sonnenkörper für sich nur „ein erdhafter Kern sei, der von einem Lichtkreise wie von einer feinen Hülle umgeben werde; daß in der Mitte (zwischen dem dunklen Kern und der Lichthülle?) sich ein Gemisch von wasserhaltigen Wolken und klarer Luft, gleich unserem Dunstkreise, befinde; daß das Vermögen ein die Vegetation auf der Erde belebendes Licht auszustrahlen nicht dem erdigen Kern des Sonnenkörpers, sondern der Lichthülle, welche mit demselben verbunden ist,
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