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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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tief im Inneren der Erde liegenden Ursach vulkanischer Erscheinungen. Durch seine Lage und Raumausfüllung wurden angedeutet die Begrenzung und das Zusammenwirken einzelner vulkanischer Systeme. In dem phantasiereichen geologischen Bilde des Erd-Innern, in der großen Weltanschauung, welche Plato im Phädon aufstellt (pag. 112-114), wird dies Zusammenwirken noch kühner auf alle vulkanische Systeme ausgedehnt. Die Lavaströme schöpfen ihr Material aus dem Pyriphlegethon, der, "nachdem er sich oftmals unter der Erde umhergewälzt", in den Tartarus sich ergießt. Plato sagt ausdrücklich: "daß von dem Pyriphlegethon die feuerspeienden Berge, wo sich deren auf der Erde finden, kleine Theilchen heraufblasen (outos d'estin on eponomazousi Puriphlegethonta, ou kai oi Ruakes apospamata anaphusosin, ope an tukhosi tes ges)." Dieser Ausdruck (pag. 113 B) des Herausstoßens mit Heftigkeit deutet gewissermaßen auf die bewegende Kraft des, vorher eingeschloßnen, dann plötzlich durchbrechenden Windes, auf welche später der Stagirite in der Meteorologie seine ganze Theorie der Vulcanicität gegründet hat.

Nach diesen so uralten Ansichten sind bei der Betrachtung des ganzen Erdkörpers die Reihen-Vulkane noch bestimmter charakterisirt als die Gruppirungen um einen Central-Vulkan. Am auffallendsten ist die Reihung da, wo sie von der Lage und Ausdehnung von Spalten abhängt, welche, meist unter einander parallel, große Landesstrecken linear (cordillerenartig) durchsetzen. Wir finden so im Neuen Continent, um bloß die wichtigsten Reihen sehr nahe an einander gedrängter Vulkane zu nennen, die von Central-Amerika sammt ihrem Anschlusse an Mexico, von Neu-Granada und Quito, von Peru, Bolivia und Chili; im Alten

tief im Inneren der Erde liegenden Ursach vulkanischer Erscheinungen. Durch seine Lage und Raumausfüllung wurden angedeutet die Begrenzung und das Zusammenwirken einzelner vulkanischer Systeme. In dem phantasiereichen geologischen Bilde des Erd-Innern, in der großen Weltanschauung, welche Plato im Phädon aufstellt (pag. 112–114), wird dies Zusammenwirken noch kühner auf alle vulkanische Systeme ausgedehnt. Die Lavaströme schöpfen ihr Material aus dem Pyriphlegethon, der, „nachdem er sich oftmals unter der Erde umhergewälzt", in den Tartarus sich ergießt. Plato sagt ausdrücklich: „daß von dem Pyriphlegethon die feuerspeienden Berge, wo sich deren auf der Erde finden, kleine Theilchen heraufblasen (οὗτος δ'ἐστὶν ὅν ἐπονομάζουσι Πυριφλεγέθοντα, οὗ καὶ οἱ ῥύακες ἀποσπάματα ἀναφυσῶσιν, ὅπη ἄν τύχωσι τῆς γῆς)." Dieser Ausdruck (pag. 113 B) des Herausstoßens mit Heftigkeit deutet gewissermaßen auf die bewegende Kraft des, vorher eingeschloßnen, dann plötzlich durchbrechenden Windes, auf welche später der Stagirite in der Meteorologie seine ganze Theorie der Vulcanicität gegründet hat.

Nach diesen so uralten Ansichten sind bei der Betrachtung des ganzen Erdkörpers die Reihen-Vulkane noch bestimmter charakterisirt als die Gruppirungen um einen Central-Vulkan. Am auffallendsten ist die Reihung da, wo sie von der Lage und Ausdehnung von Spalten abhängt, welche, meist unter einander parallel, große Landesstrecken linear (cordillerenartig) durchsetzen. Wir finden so im Neuen Continent, um bloß die wichtigsten Reihen sehr nahe an einander gedrängter Vulkane zu nennen, die von Central-Amerika sammt ihrem Anschlusse an Mexico, von Neu-Granada und Quito, von Peru, Bolivia und Chili; im Alten

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[305/0310] tief im Inneren der Erde liegenden Ursach vulkanischer Erscheinungen. Durch seine Lage und Raumausfüllung wurden angedeutet die Begrenzung und das Zusammenwirken einzelner vulkanischer Systeme. In dem phantasiereichen geologischen Bilde des Erd-Innern, in der großen Weltanschauung, welche Plato im Phädon aufstellt (pag. 112–114), wird dies Zusammenwirken noch kühner auf alle vulkanische Systeme ausgedehnt. Die Lavaströme schöpfen ihr Material aus dem Pyriphlegethon, der, „nachdem er sich oftmals unter der Erde umhergewälzt", in den Tartarus sich ergießt. Plato sagt ausdrücklich: „daß von dem Pyriphlegethon die feuerspeienden Berge, wo sich deren auf der Erde finden, kleine Theilchen heraufblasen (οὗτος δ'ἐστὶν ὅν ἐπονομάζουσι Πυριφλεγέθοντα, οὗ καὶ οἱ ῥύακες ἀποσπάματα ἀναφυσῶσιν, ὅπη ἄν τύχωσι τῆς γῆς)." Dieser Ausdruck (pag. 113 B) des Herausstoßens mit Heftigkeit deutet gewissermaßen auf die bewegende Kraft des, vorher eingeschloßnen, dann plötzlich durchbrechenden Windes, auf welche später der Stagirite in der Meteorologie seine ganze Theorie der Vulcanicität gegründet hat. Nach diesen so uralten Ansichten sind bei der Betrachtung des ganzen Erdkörpers die Reihen-Vulkane noch bestimmter charakterisirt als die Gruppirungen um einen Central-Vulkan. Am auffallendsten ist die Reihung da, wo sie von der Lage und Ausdehnung von Spalten abhängt, welche, meist unter einander parallel, große Landesstrecken linear (cordillerenartig) durchsetzen. Wir finden so im Neuen Continent, um bloß die wichtigsten Reihen sehr nahe an einander gedrängter Vulkane zu nennen, die von Central-Amerika sammt ihrem Anschlusse an Mexico, von Neu-Granada und Quito, von Peru, Bolivia und Chili; im Alten

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/310>, abgerufen am 28.11.2024.