Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.es wohl keinem Zweifel unterworfen sein, daß die allgemeine Anwendung der Magnetnadel auf der oceanischen Schifffahrt der Europäer seit dem zwölften Jahrhundert (und wohl noch früher in eingeschränkterem Maaße) von dem Becken des Mittelmeeres ausgegangen ist. Den wesentlichsten Antheil daran haben die maurischen Piloten, die Genueser, Venetianer, Mayorcaner und Catalanen gehabt. Die letzten waren unter Anführung ihres berühmten Seemannes Don Jaime Ferrer 1346 bis an den Ausfluß des Rio de Ouro (N. Br. 23° 40') an der Westküste von Afrika gelangt; und, nach dem Zeugniß von Raymundus Lullus (in seinem nautischen Werke Fenix de lasmaravillas del orbe 1286), bedienten sich schon lange vor Jaime Ferrer die Barceloneser der Seekarten, Astrolabien und Seecompasse. Von der Quantität der, gleichzeitig durch Uebertragung aus China, den indischen, malayischen und arabischen Seefahrern bekannten magnetischen Abweichung (Variation nannte man das Phänomen früh, ohne allen Beisatz) hatte sich die Kunde natürlich ebenfalls über das Becken des Mittelmeers verbreitet. Dieses, zur Correction der Schiffsrechnung so unentbehrliche Element wurde damals weniger durch Sonnen-Auf- und Untergang als durch den Polarstern, und in beiden Fällen sehr unsicher, bestimmt; doch auch bereits auf Seekarten getragen: z. B. auf die seltene Karte von Andrea Bianco, die im Jahr 1436 entworfen ist. Columbus, der eben so wenig als Sebastian Cabot zuerst die magnetische Abweichung erkannte, hatte das große Verdienst, am 13 Sept. 1492 die Lage einer Linie ohne Abweichung 21/2 Grad östlich von der azorischen Insel Corvo astronomisch zu bestimmen. Er sah, indem er in dem westlichen Theile des atlantischen Oceans vordrang, die Variation allmälig von Nordost in Nordwest übergehen. es wohl keinem Zweifel unterworfen sein, daß die allgemeine Anwendung der Magnetnadel auf der oceanischen Schifffahrt der Europäer seit dem zwölften Jahrhundert (und wohl noch früher in eingeschränkterem Maaße) von dem Becken des Mittelmeeres ausgegangen ist. Den wesentlichsten Antheil daran haben die maurischen Piloten, die Genueser, Venetianer, Mayorcaner und Catalanen gehabt. Die letzten waren unter Anführung ihres berühmten Seemannes Don Jaime Ferrer 1346 bis an den Ausfluß des Rio de Ouro (N. Br. 23° 40′) an der Westküste von Afrika gelangt; und, nach dem Zeugniß von Raymundus Lullus (in seinem nautischen Werke Fenix de lasmaravillas del orbe 1286), bedienten sich schon lange vor Jaime Ferrer die Barceloneser der Seekarten, Astrolabien und Seecompasse. Von der Quantität der, gleichzeitig durch Uebertragung aus China, den indischen, malayischen und arabischen Seefahrern bekannten magnetischen Abweichung (Variation nannte man das Phänomen früh, ohne allen Beisatz) hatte sich die Kunde natürlich ebenfalls über das Becken des Mittelmeers verbreitet. Dieses, zur Correction der Schiffsrechnung so unentbehrliche Element wurde damals weniger durch Sonnen-Auf- und Untergang als durch den Polarstern, und in beiden Fällen sehr unsicher, bestimmt; doch auch bereits auf Seekarten getragen: z. B. auf die seltene Karte von Andrea Bianco, die im Jahr 1436 entworfen ist. Columbus, der eben so wenig als Sebastian Cabot zuerst die magnetische Abweichung erkannte, hatte das große Verdienst, am 13 Sept. 1492 die Lage einer Linie ohne Abweichung 2½ Grad östlich von der azorischen Insel Corvo astronomisch zu bestimmen. Er sah, indem er in dem westlichen Theile des atlantischen Oceans vordrang, die Variation allmälig von Nordost in Nordwest übergehen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0058" n="53"/> es wohl keinem Zweifel unterworfen sein, daß die allgemeine Anwendung der Magnetnadel auf der oceanischen Schifffahrt der Europäer seit dem <hi rendition="#g">zwölften Jahrhundert</hi> (und wohl noch früher in eingeschränkterem Maaße) von dem Becken des Mittelmeeres ausgegangen ist. Den wesentlichsten Antheil daran haben die maurischen Piloten, die Genueser, Venetianer, Mayorcaner und Catalanen gehabt. Die letzten waren unter Anführung ihres berühmten Seemannes Don Jaime Ferrer 1346 bis an den Ausfluß des Rio de Ouro (N. Br. 23° 40′) an der Westküste von Afrika gelangt; und, nach dem Zeugniß von Raymundus Lullus (in seinem nautischen Werke <hi rendition="#g">Fenix de lasmaravillas del orbe</hi> 1286), bedienten sich schon lange vor Jaime Ferrer die Barceloneser der Seekarten, Astrolabien und Seecompasse.</p> <p>Von der Quantität der, gleichzeitig durch Uebertragung aus China, den indischen, malayischen und arabischen Seefahrern bekannten magnetischen Abweichung <hi rendition="#g">(Variation</hi> nannte man das Phänomen früh, ohne allen Beisatz) hatte sich die Kunde natürlich ebenfalls über das Becken des Mittelmeers verbreitet. Dieses, zur Correction der Schiffsrechnung so unentbehrliche Element wurde damals weniger durch Sonnen-Auf- und Untergang als durch den Polarstern, und in beiden Fällen sehr unsicher, bestimmt; doch auch bereits auf <hi rendition="#g">Seekarten</hi> getragen: z. B. auf die seltene Karte von Andrea Bianco, die im Jahr 1436 entworfen ist. Columbus, der eben so wenig als Sebastian Cabot zuerst die magnetische Abweichung erkannte, hatte das große Verdienst, am 13 Sept. 1492 die Lage einer <hi rendition="#g">Linie ohne Abweichung</hi> 2½ Grad östlich von der azorischen Insel Corvo astronomisch zu bestimmen. Er sah, indem er in dem westlichen Theile des atlantischen Oceans vordrang, die <hi rendition="#g">Variation</hi> allmälig von <hi rendition="#g">Nordost</hi> in <hi rendition="#g">Nordwest</hi> übergehen. </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [53/0058]
es wohl keinem Zweifel unterworfen sein, daß die allgemeine Anwendung der Magnetnadel auf der oceanischen Schifffahrt der Europäer seit dem zwölften Jahrhundert (und wohl noch früher in eingeschränkterem Maaße) von dem Becken des Mittelmeeres ausgegangen ist. Den wesentlichsten Antheil daran haben die maurischen Piloten, die Genueser, Venetianer, Mayorcaner und Catalanen gehabt. Die letzten waren unter Anführung ihres berühmten Seemannes Don Jaime Ferrer 1346 bis an den Ausfluß des Rio de Ouro (N. Br. 23° 40′) an der Westküste von Afrika gelangt; und, nach dem Zeugniß von Raymundus Lullus (in seinem nautischen Werke Fenix de lasmaravillas del orbe 1286), bedienten sich schon lange vor Jaime Ferrer die Barceloneser der Seekarten, Astrolabien und Seecompasse.
Von der Quantität der, gleichzeitig durch Uebertragung aus China, den indischen, malayischen und arabischen Seefahrern bekannten magnetischen Abweichung (Variation nannte man das Phänomen früh, ohne allen Beisatz) hatte sich die Kunde natürlich ebenfalls über das Becken des Mittelmeers verbreitet. Dieses, zur Correction der Schiffsrechnung so unentbehrliche Element wurde damals weniger durch Sonnen-Auf- und Untergang als durch den Polarstern, und in beiden Fällen sehr unsicher, bestimmt; doch auch bereits auf Seekarten getragen: z. B. auf die seltene Karte von Andrea Bianco, die im Jahr 1436 entworfen ist. Columbus, der eben so wenig als Sebastian Cabot zuerst die magnetische Abweichung erkannte, hatte das große Verdienst, am 13 Sept. 1492 die Lage einer Linie ohne Abweichung 2½ Grad östlich von der azorischen Insel Corvo astronomisch zu bestimmen. Er sah, indem er in dem westlichen Theile des atlantischen Oceans vordrang, die Variation allmälig von Nordost in Nordwest übergehen.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen
(2013-04-18T11:04:31Z)
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |