Humboldt, Alexander von: Neue Versuche über den Metallreiz, besonders in Hinsicht auf die verschiedenartige Empfänglichkeit der thierischen Organe. In: Neues Journal der Physik. Bd. 3, H. 2 (1796), S. 165-184.alcalischen Auflösung zu machen. Jch ließ nun die Säu- Wenn man einen entblößten Nerv mit Oleum tar- hör- *) Jch habe diesen Versuch an mir selbst gewagt. Jch ließ meine Schulterwunde mit dem oleum tartari benetzen. Der Schmerz war sehr gering dabey, aber kaum wurde die benetzte Stelle galvanisirt, so erfolgten heftigere Schläge, ein empfindlicheres Brennen, als ich je vor- her erfahren. Die Empfänglichkeit meines Organs war erhöht. Eben so wollte mein Hauchversuch, Nerv. R.r.L.R. an der Zunge mir nie deutlich glücken, bis ich die Zunge mit Oleum tartari befeuchtete. Jn diesem Zustande war die Säure mit Zink und Zink sehr genau wahrzunehmen. M 5
alcaliſchen Aufloͤſung zu machen. Jch ließ nun die Saͤu- Wenn man einen entbloͤßten Nerv mit Oleum tar- hoͤr- *) Jch habe dieſen Verſuch an mir ſelbſt gewagt. Jch ließ meine Schulterwunde mit dem oleum tartari benetzen. Der Schmerz war ſehr gering dabey, aber kaum wurde die benetzte Stelle galvaniſirt, ſo erfolgten heftigere Schlaͤge, ein empfindlicheres Brennen, als ich je vor- her erfahren. Die Empfaͤnglichkeit meines Organs war erhoͤht. Eben ſo wollte mein Hauchverſuch, Nerv. R.r.L.R. an der Zunge mir nie deutlich gluͤcken, bis ich die Zunge mit Oleum tartari befeuchtete. Jn dieſem Zuſtande war die Saͤure mit Zink und Zink ſehr genau wahrzunehmen. M 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0010" n="173"/> alcaliſchen Aufloͤſung zu machen. Jch ließ nun die Saͤu-<lb/> ren vom Muſkel weg und benetzte bloß den Nerven mit<lb/><hi rendition="#aq">Oleum tartari per deliquium</hi>. Welche unerwartete Phaͤ-<lb/> nomene wurde ich da gewahr! Alle, welche ich Jhnen,<lb/> lieber B, hier erzaͤhle, ſind nicht etwa von mir allein,<lb/> wenige Minuten lang, ein oder zweymal, beobachtet<lb/> worden; nein! alle dieſe Experimente wurden halbe<lb/> Stunden lang, auf trocknen Glasplatten, vor mehreren<lb/> Zeugen, die alle Nebenumſtaͤnde vorſichtig pruͤften, an<lb/> acht, zehn und mehr Jndividuen angeſtellt. Es bleibt<lb/> mir daher kein Verdacht der Selbſttaͤuſchung zuruͤck.</p><lb/> <p>Wenn man einen entbloͤßten Nerv mit <hi rendition="#aq">Oleum tar-<lb/> tari</hi> befeuchtet, ſo werden zwar beym Galvaniſiren<lb/><hi rendition="#g">gleich in den erſten Augenblicken</hi> die Zuckun-<lb/> gen um vieles verſtaͤrkt<note place="foot" n="*)">Jch habe dieſen Verſuch an mir ſelbſt gewagt. Jch ließ<lb/> meine Schulterwunde mit dem <hi rendition="#aq">oleum tartari</hi> benetzen.<lb/> Der Schmerz war ſehr gering dabey, aber kaum wurde<lb/> die benetzte Stelle galvaniſirt, ſo erfolgten <hi rendition="#g">heftigere<lb/> Schlaͤge</hi>, ein empfindlicheres Brennen, als ich je vor-<lb/> her erfahren. Die Empfaͤnglichkeit meines Organs war<lb/> erhoͤht. Eben ſo wollte mein Hauchverſuch, <hi rendition="#u"><hi rendition="#aq">Nerv. R.r.L.R.</hi></hi><lb/><lb/> an der Zunge mir nie deutlich gluͤcken, bis ich die Zunge<lb/> mit <hi rendition="#aq">Oleum tartari</hi> befeuchtete. Jn dieſem Zuſtande war<lb/> die Saͤure mit Zink und Zink ſehr genau wahrzunehmen.</note>, in dem Muskel ſelbſt aber<lb/> geht, (falls er auf einer Glasplatte ſich ſelbſt uͤberlaſſen<lb/> ruht,) keine ſichtliche Veraͤnderung vor. Nach 3 bis 4<lb/> Minuten aber, beſonders wenn man den Nerv in die<lb/> Hoͤhe hebt, damit die alcaliſche Aufloͤſung nach der Jn-<lb/> ſertion des Nerven in den Muskel herablaͤuft, nach 3<lb/> bis 4 Minuten ſieht man Kennzeichen eines fuͤrchterli-<lb/> chen Stimulus. Der Schenkel auf einer bloßen Glas-<lb/> platte liegend, mit keinem Metall oder kohlenhaltigen<lb/> Stoffe in Beruͤhrung, geraͤth von ſelbſt in die lebhafte-<lb/> ſten Zuckungen. Wadenmuskel und Zehe ſpielten unauf-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">M 5</fw><fw place="bottom" type="catch">hoͤr-</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [173/0010]
alcaliſchen Aufloͤſung zu machen. Jch ließ nun die Saͤu-
ren vom Muſkel weg und benetzte bloß den Nerven mit
Oleum tartari per deliquium. Welche unerwartete Phaͤ-
nomene wurde ich da gewahr! Alle, welche ich Jhnen,
lieber B, hier erzaͤhle, ſind nicht etwa von mir allein,
wenige Minuten lang, ein oder zweymal, beobachtet
worden; nein! alle dieſe Experimente wurden halbe
Stunden lang, auf trocknen Glasplatten, vor mehreren
Zeugen, die alle Nebenumſtaͤnde vorſichtig pruͤften, an
acht, zehn und mehr Jndividuen angeſtellt. Es bleibt
mir daher kein Verdacht der Selbſttaͤuſchung zuruͤck.
Wenn man einen entbloͤßten Nerv mit Oleum tar-
tari befeuchtet, ſo werden zwar beym Galvaniſiren
gleich in den erſten Augenblicken die Zuckun-
gen um vieles verſtaͤrkt *), in dem Muskel ſelbſt aber
geht, (falls er auf einer Glasplatte ſich ſelbſt uͤberlaſſen
ruht,) keine ſichtliche Veraͤnderung vor. Nach 3 bis 4
Minuten aber, beſonders wenn man den Nerv in die
Hoͤhe hebt, damit die alcaliſche Aufloͤſung nach der Jn-
ſertion des Nerven in den Muskel herablaͤuft, nach 3
bis 4 Minuten ſieht man Kennzeichen eines fuͤrchterli-
chen Stimulus. Der Schenkel auf einer bloßen Glas-
platte liegend, mit keinem Metall oder kohlenhaltigen
Stoffe in Beruͤhrung, geraͤth von ſelbſt in die lebhafte-
ſten Zuckungen. Wadenmuskel und Zehe ſpielten unauf-
hoͤr-
*) Jch habe dieſen Verſuch an mir ſelbſt gewagt. Jch ließ
meine Schulterwunde mit dem oleum tartari benetzen.
Der Schmerz war ſehr gering dabey, aber kaum wurde
die benetzte Stelle galvaniſirt, ſo erfolgten heftigere
Schlaͤge, ein empfindlicheres Brennen, als ich je vor-
her erfahren. Die Empfaͤnglichkeit meines Organs war
erhoͤht. Eben ſo wollte mein Hauchverſuch, Nerv. R.r.L.R.
an der Zunge mir nie deutlich gluͤcken, bis ich die Zunge
mit Oleum tartari befeuchtete. Jn dieſem Zuſtande war
die Saͤure mit Zink und Zink ſehr genau wahrzunehmen.
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