Humboldt, Alexander von: Notizen Alex. von Humboldt's von seinen Reisen in der Kordillere der Anden und von seinen physikalischen Beobachtungen in Quito und Mexico. In: Annalen der Physik, Bd. 16 (1804), S. 450-493.
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Kälte dieſer hohen Regionen litten wir alle auſser-
ordentlich, beſonders ich, dem vor ein paar Tagen
ein Fall einen geſchwollenen Fuſs zugezogen hatte,
auf dieſem Wege, wo man jeden Fuſstritt berech-
nen muſste, und alle Augenblicke an einen ſpitzi-
gen Stein ſtieſs. Unſer kurzer Aufenthalt in jener
auſserordentlichen Höhe war gar traurig; Nebel
(brume) umhüllten uns, und lieſsen uns nur dann und
wann die ſchrecklichen Abgründe erblicken, die
uns umgaben; nicht ein einziges lebendes Weſen
zeigte ſich in dieſen Höhen, obſchon auf dem Anti-
ſana der Condor noch über unſerm Haupte ge-
ſchwebt hatte; kleine Mooſe waren die einzigen or-
ganiſchen Weſen, die uns daran erinnerten, daſs
wir uns noch auf der bewohnten Erde befanden.
— — Dieſer ganze ungeheure Koloſs, (ſo wie alle
hohe Gipfel der Anden,) beſteht nicht aus Gra-
nit, ſondern aus Porphyr, vom Fuſse bis zur Spitze,
und der Porphyr hat hier eine Mächtigkeit von
1900 Toiſen, (11400 Fuſs.) Höchſt wahrſchein-
lich iſt auch er ein Vulkan, ſo gut als der Pichin-
cha und der Antiſana. Der Felſenweg, auf dem
wir ihn beſtiegen, beſteht aus einer gebrannten
und verſchlackten, mit Bimsſtein gemengten Ge-
birgsart, und gleicht in allem den Lavaſtrömen die-
ſes Welttheils; er ging noch über den Punkt, wo
wir unſre Nachforſchung endigen muſsten, zum Gi-
pfel des Bergs hinauf. Es iſt möglich, daſs dieſer
Gipfel der Krater eines erloſchenen Vulkans iſt, und
das ſcheint mir ſelbſt wahrſcheinlich zu ſeyn.— —
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