Humboldt, Alexander von: Ideen zu einer Physiognomik der Gewächse. Tübingen, 1806.Ufern aus organisches Leben in das Innere der Wer demnach die Natur mit Einem Blicke zu umfassen, Was der Mahler mit den Ausdrücken schweizer Ufern aus organisches Leben in das Innere der Wer demnach die Natur mit Einem Blicke zu umfassen, Was der Mahler mit den Ausdrücken schweizer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0011" n="11"/> Ufern aus organisches Leben in das Innere der<lb/> Einöde dringt.<lb/></p> <p>Wer demnach die Natur mit Einem Blicke zu umfassen,<lb/> und von Lokalphänomenen zu abstrahiren<lb/> weiſs, der sieht, wie mit Zunahme der belebenden<lb/> Wärme, von den <placeName>Polen</placeName> zum Aequator hin, sich auch<lb/> allmählig organische Kraft und Lebensfülle vermehren.<lb/> Aber bei dieser Vermehrung sind doch jedem<lb/> Erdstriche besondere Schönheiten vorbehalten: den<lb/> Tropen Mannichfaltigkeit und Gröſse der Pflanzenformen;<lb/> dem Norden der Anblick der Wiesen, und das<lb/> periodische Wiedererwachen der Natur beim ersten<lb/> Wehen der Frühlingslüfte. Jede Zone hat auſser den<lb/> ihr eigenen Vorzügen auch ihren eigenthümlichen<lb/> Character. So wie man an einzelnen organischen Wesen<lb/> eine bestimmte Physiognomie erkennt; wie beschreibende<lb/> Botanik und Zoologie, im engern Sinne<lb/> des Worts, fast nichts als Zergliederung der Thier- und<lb/> Pflanzenformen ist: so giebt es auch eine gewisse Naturphysiognomie,<lb/> welche jedem Himmelsstriche ausschlieſslich<lb/> zukommt.<lb/></p> <p>Was der Mahler mit den Ausdrücken schweizer<lb/> Natur, italienischer Himmel, bezeichnet, gründet sich<lb/> auf das dunkle Gefühl dieses lokalen Naturcharakters.<lb/> Himmelsbläue, Beleuchtung, Duft, der auf der Ferne<lb/> ruht, Gestalt der Thiere, Saftfülle der Kräuter, Glanz<lb/> des Laubes, Umriſs der Berge — alle diese Elemente<lb/> bestimmen den Totaleindruck einer Gegend. Zwar<lb/> bilden unter allen Zonen dieselben Gebirgsarten Felsgruppen<lb/> von einerlei Physiognomie. Die Grünsteinklippen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [11/0011]
Ufern aus organisches Leben in das Innere der
Einöde dringt.
Wer demnach die Natur mit Einem Blicke zu umfassen,
und von Lokalphänomenen zu abstrahiren
weiſs, der sieht, wie mit Zunahme der belebenden
Wärme, von den Polen zum Aequator hin, sich auch
allmählig organische Kraft und Lebensfülle vermehren.
Aber bei dieser Vermehrung sind doch jedem
Erdstriche besondere Schönheiten vorbehalten: den
Tropen Mannichfaltigkeit und Gröſse der Pflanzenformen;
dem Norden der Anblick der Wiesen, und das
periodische Wiedererwachen der Natur beim ersten
Wehen der Frühlingslüfte. Jede Zone hat auſser den
ihr eigenen Vorzügen auch ihren eigenthümlichen
Character. So wie man an einzelnen organischen Wesen
eine bestimmte Physiognomie erkennt; wie beschreibende
Botanik und Zoologie, im engern Sinne
des Worts, fast nichts als Zergliederung der Thier- und
Pflanzenformen ist: so giebt es auch eine gewisse Naturphysiognomie,
welche jedem Himmelsstriche ausschlieſslich
zukommt.
Was der Mahler mit den Ausdrücken schweizer
Natur, italienischer Himmel, bezeichnet, gründet sich
auf das dunkle Gefühl dieses lokalen Naturcharakters.
Himmelsbläue, Beleuchtung, Duft, der auf der Ferne
ruht, Gestalt der Thiere, Saftfülle der Kräuter, Glanz
des Laubes, Umriſs der Berge — alle diese Elemente
bestimmen den Totaleindruck einer Gegend. Zwar
bilden unter allen Zonen dieselben Gebirgsarten Felsgruppen
von einerlei Physiognomie. Die Grünsteinklippen
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