Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: [Humboldt an Schultze, Secretär der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg]. In: Freiburger Wochen- und Unterhaltungsblatt, Nr. 15 (1830), S. [59]-61.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

[Spaltenumbruch] ten in voller, durch mehrere academische und andere
Aemter vermehrter Thätigkeit, in der Sitzung seiner
Facultät, der er präsidirte.

Sein Andenken wird dauern in der freundlichen
Gesinnung seiner Kollegen, es wird fortleben in den
dankbaren Herzen einer großen Zahl von Schülern,
fortleben in der Erinnerung der Tausende, die er mit
aufopfernder Sorgfalt in Krankheiten gepflegt, denen
er Tag und Nacht ein treuer Helfer in Noth und Tod,
und Tröster in den bittersten Schmerzen gewesen. Denn
er war unermüdlich in dem Berufe des Arztes, und
dieser Beruf ist schwer, so leicht ihn auch mancher dar-
stellen möchte. Die nähere Schilderung seiner Ver-
dienste in den vielfachen Beziehungen, welche ihm seine
Stellung darbot, überlasse ich dem gewandten Redner
der Universität, der diese Pflicht übernommen hat. Nur
eine uns zunächst angehende Seite seiner Thätigkeit
will ich mit wenigen Worten berühren. Es war un-
verkennbar das höchste Ziel von Eckers Bestrebungen,
seiner ärztlichen Wirksamkeit eine feste Grundlage durch
naturwissenschaftliche Kenntnisse zu geben; die erste und
letzte, die höchste und größte Aufgabe des Arztes.

O meine jüngern Freunde, die Sie an der Schwelle
ärztlicher Wirksamkeit stehen! Wenn leichter jugendlicher
Sinn, oder das verführerische Beispiel frivoler Char-
latanerie Jhnen die Schwierigkeiten dieser großen Auf-
gabe verbergen will, fragen Sie einen Mann, der
Arzt und wahrer Naturforscher zugleich, und in diesem
doppelten Wirkungskreise ergraut ist, fragen Sie ihn,
wie oft er der gewaltigen Natur gegenüber die Schwäche
menschlicher Kräfte gefühlt habe, wie oft er vergeblich
bemüht gewesen, in allen den vermeintlichen Lebens-
gesetzen, die heute mit leichter Zunge gegeben, und
morgen wieder umgestoßen werden, das Mittel zu fin-
den, um den Sturm der Kräfte in der Krankheit zu
zähmen; wie oft ihm endlich erst die Untersuchung der
Leiche den Schlüssel zu dem Räthsel gegeben, an des-
sen Lösung vielleicht das Leben eines Kindes hieng,
das das Glück seiner Eltern, oder die Rettung eines
Vaters, der die Stütze der Familie, der Stolz des
Landes war.

Solche Erfahrungen sind unzertrennlich von dem
Geschäft des gewissenhaften naturforschenden Arztes;
sie bringen ihm kummervolle Nächte und sorgenschwere
Tage, deren hartverdiente Frucht endlich der Schmuck
des großen Arztes ist; die reife Erfahrung mit dem
bescheidenen Mißtrauen in die menschliche Kunst gepaart.

Darum ist es ein so seltenes als großes Glück,
darum ein so allgemeines Fest, wenn ein ächter Heil-
künstler auf 50 Jahre treu erfüllten Berufes zurück-
blicken kann, und in der stillen Theilnahme wie in der
lauten Freude den Lohn für viele und große Opfer fin-
det; ein Fest, das unserm geschiedenen Kollegen nahe
[Spaltenumbruch] bevorstand, und dessen Feier wir ihm vom Herzen ge-
wünscht haben.

Da mehrere Mitglieder im vergangenen Jahre län-
gere Zeit auf Reisen abwesend waren, so fanden nur
15 Sitzungen statt, in welchen folgende wissenschaft-
liche Vorträge gehalten wurden.

1) Jn der öffentlichen Sitzung am 24. August 1828
wurde der Jahresbericht von dem Secretär abge-
stattet.
2) Hierauf zeigte Hr. Geheime-Hofrath Ecker
den Gypsabguß eines außerordentlich dicken Schedels
der sich in der großherzoglichen Sammlung zu Darm-
stadt befindet, vor, und sprach über diesen und ähn-
liche Fälle.
3) Dann trug Hr. Professor Zell eine Zusam-
menstellung der Ansichten des Aristoteles über den Ge-
schmacksinn vor.
4) Diesem Vortrage folgte in derselben Sitzung die
Abhandlung des Hrn. Dr. Schwörer über das Thema:
Würdigung des großen Einflusses der Naturforschung
auf höhere Anthropologie und des weiblichen Lebens
insbesondere, und dadurch bedingte natürliche Geburts-
hülfe, deren Geschichte in kurzer Skizze gegeben wurde.
5) Am 9. Dezember: Hofrath Schultze über
die Bewegung der einzelnen Theilchen fein pulverisirter
Körper in verdunstenden Flüssigkeiten. *)
6) Am 5. Januar 1829 trug Herr Hofrath
Baumgärtner einen Fall von geheilter Blausäure-
Vergiftung vor.
7) Am 19. Januar: Hofrath Schultze über
einige menschliche Mißgeburten.
8) Am 3. Februar trug Hr. Professor Fromm-
herz über die Gratiola officinalis vor; in derselben
Sitzung zeigte er das Kalium in größeren Quantitäten,
und machte mehrere Versuche über seine Verbrennlichkeit.
9) Am 16. Februar hielt Herr Hofrath Beck über
die Behandlung der nach Verbrennung entstandenen Nar-
ben Vortrag.
10) Am 16. März: Herr Dr. Schwörer über das
menschliche Ei.
11) Am 6. April: Herr Professor Perleb über
die Bildung des Pflanzensaamens und die Analogie sei-
ner einzelnen Theile mit denen des Thier-Eies.
12) Herr Hofrath Baumgärtner theilte in der
Sitzung am 27. April seine Beobachtungen über die
Entwickelung des Froscheies mit, und erläuterte sie durch
Zeichnungen.
13) Jn der Sitzung vom 15. Juni erzählte Herr Dr.
Diez die Geschichte von drei psychischen Krankheitsfällen.
*) Diese Abhandlung ist in Verbindung mit dem Programm,
welches die Gesellschaft zur Feier des Karl Friedrich's
Festes herausgegeben hat, in der Herder'schen Buchhand-
lung erschienen.

[Spaltenumbruch] ten in voller, durch mehrere academiſche und andere
Aemter vermehrter Thätigkeit, in der Sitzung ſeiner
Facultät, der er präſidirte.

Sein Andenken wird dauern in der freundlichen
Geſinnung ſeiner Kollegen, es wird fortleben in den
dankbaren Herzen einer großen Zahl von Schülern,
fortleben in der Erinnerung der Tauſende, die er mit
aufopfernder Sorgfalt in Krankheiten gepflegt, denen
er Tag und Nacht ein treuer Helfer in Noth und Tod,
und Tröſter in den bitterſten Schmerzen geweſen. Denn
er war unermüdlich in dem Berufe des Arztes, und
dieſer Beruf iſt ſchwer, ſo leicht ihn auch mancher dar-
ſtellen möchte. Die nähere Schilderung ſeiner Ver-
dienſte in den vielfachen Beziehungen, welche ihm ſeine
Stellung darbot, überlaſſe ich dem gewandten Redner
der Univerſität, der dieſe Pflicht übernommen hat. Nur
eine uns zunächſt angehende Seite ſeiner Thätigkeit
will ich mit wenigen Worten berühren. Es war un-
verkennbar das höchſte Ziel von Eckers Beſtrebungen,
ſeiner ärztlichen Wirkſamkeit eine feſte Grundlage durch
naturwiſſenſchaftliche Kenntniſſe zu geben; die erſte und
letzte, die höchſte und größte Aufgabe des Arztes.

O meine jüngern Freunde, die Sie an der Schwelle
ärztlicher Wirkſamkeit ſtehen! Wenn leichter jugendlicher
Sinn, oder das verführeriſche Beiſpiel frivoler Char-
latanerie Jhnen die Schwierigkeiten dieſer großen Auf-
gabe verbergen will, fragen Sie einen Mann, der
Arzt und wahrer Naturforſcher zugleich, und in dieſem
doppelten Wirkungskreiſe ergraut iſt, fragen Sie ihn,
wie oft er der gewaltigen Natur gegenüber die Schwäche
menſchlicher Kräfte gefühlt habe, wie oft er vergeblich
bemüht geweſen, in allen den vermeintlichen Lebens-
geſetzen, die heute mit leichter Zunge gegeben, und
morgen wieder umgeſtoßen werden, das Mittel zu fin-
den, um den Sturm der Kräfte in der Krankheit zu
zähmen; wie oft ihm endlich erſt die Unterſuchung der
Leiche den Schlüſſel zu dem Räthſel gegeben, an deſ-
ſen Löſung vielleicht das Leben eines Kindes hieng,
das das Glück ſeiner Eltern, oder die Rettung eines
Vaters, der die Stütze der Familie, der Stolz des
Landes war.

Solche Erfahrungen ſind unzertrennlich von dem
Geſchäft des gewiſſenhaften naturforſchenden Arztes;
ſie bringen ihm kummervolle Nächte und ſorgenſchwere
Tage, deren hartverdiente Frucht endlich der Schmuck
des großen Arztes iſt; die reife Erfahrung mit dem
beſcheidenen Mißtrauen in die menſchliche Kunſt gepaart.

Darum iſt es ein ſo ſeltenes als großes Glück,
darum ein ſo allgemeines Feſt, wenn ein ächter Heil-
künſtler auf 50 Jahre treu erfüllten Berufes zurück-
blicken kann, und in der ſtillen Theilnahme wie in der
lauten Freude den Lohn für viele und große Opfer fin-
det; ein Feſt, das unſerm geſchiedenen Kollegen nahe
[Spaltenumbruch] bevorſtand, und deſſen Feier wir ihm vom Herzen ge-
wünſcht haben.

Da mehrere Mitglieder im vergangenen Jahre län-
gere Zeit auf Reiſen abweſend waren, ſo fanden nur
15 Sitzungen ſtatt, in welchen folgende wiſſenſchaft-
liche Vorträge gehalten wurden.

1) Jn der öffentlichen Sitzung am 24. Auguſt 1828
wurde der Jahresbericht von dem Secretär abge-
ſtattet.
2) Hierauf zeigte Hr. Geheime-Hofrath Ecker
den Gypsabguß eines außerordentlich dicken Schedels
der ſich in der großherzoglichen Sammlung zu Darm-
ſtadt befindet, vor, und ſprach über dieſen und ähn-
liche Fälle.
3) Dann trug Hr. Profeſſor Zell eine Zuſam-
menſtellung der Anſichten des Ariſtoteles über den Ge-
ſchmackſinn vor.
4) Dieſem Vortrage folgte in derſelben Sitzung die
Abhandlung des Hrn. Dr. Schwörer über das Thema:
Würdigung des großen Einfluſſes der Naturforſchung
auf höhere Anthropologie und des weiblichen Lebens
insbeſondere, und dadurch bedingte natürliche Geburts-
hülfe, deren Geſchichte in kurzer Skizze gegeben wurde.
5) Am 9. Dezember: Hofrath Schultze über
die Bewegung der einzelnen Theilchen fein pulveriſirter
Körper in verdunſtenden Flüſſigkeiten. *)
6) Am 5. Januar 1829 trug Herr Hofrath
Baumgärtner einen Fall von geheilter Blauſäure-
Vergiftung vor.
7) Am 19. Januar: Hofrath Schultze über
einige menſchliche Mißgeburten.
8) Am 3. Februar trug Hr. Profeſſor Fromm-
herz über die Gratiola officinalis vor; in derſelben
Sitzung zeigte er das Kalium in größeren Quantitäten,
und machte mehrere Verſuche über ſeine Verbrennlichkeit.
9) Am 16. Februar hielt Herr Hofrath Beck über
die Behandlung der nach Verbrennung entſtandenen Nar-
ben Vortrag.
10) Am 16. März: Herr Dr. Schwörer über das
menſchliche Ei.
11) Am 6. April: Herr Profeſſor Perleb über
die Bildung des Pflanzenſaamens und die Analogie ſei-
ner einzelnen Theile mit denen des Thier-Eies.
12) Herr Hofrath Baumgärtner theilte in der
Sitzung am 27. April ſeine Beobachtungen über die
Entwickelung des Froſcheies mit, und erläuterte ſie durch
Zeichnungen.
13) Jn der Sitzung vom 15. Juni erzählte Herr Dr.
Diez die Geſchichte von drei pſychiſchen Krankheitsfällen.
*) Dieſe Abhandlung iſt in Verbindung mit dem Programm,
welches die Geſellſchaft zur Feier des Karl Friedrich's
Feſtes herausgegeben hat, in der Herder'ſchen Buchhand-
lung erſchienen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0002" n="60"/><cb/>
ten in voller, durch mehrere academi&#x017F;che und andere<lb/>
Aemter vermehrter Thätigkeit, in der Sitzung &#x017F;einer<lb/>
Facultät, der er prä&#x017F;idirte.</p><lb/>
        <p>Sein Andenken wird dauern in der freundlichen<lb/>
Ge&#x017F;innung &#x017F;einer Kollegen, es wird fortleben in den<lb/>
dankbaren Herzen einer großen Zahl von Schülern,<lb/>
fortleben in der Erinnerung der Tau&#x017F;ende, die er mit<lb/>
aufopfernder Sorgfalt in Krankheiten gepflegt, denen<lb/>
er Tag und Nacht ein treuer Helfer in Noth und Tod,<lb/>
und Trö&#x017F;ter in den bitter&#x017F;ten Schmerzen gewe&#x017F;en. Denn<lb/>
er war unermüdlich in dem Berufe des Arztes, und<lb/>
die&#x017F;er Beruf i&#x017F;t &#x017F;chwer, &#x017F;o leicht ihn auch mancher dar-<lb/>
&#x017F;tellen möchte. Die nähere Schilderung &#x017F;einer Ver-<lb/>
dien&#x017F;te in den vielfachen Beziehungen, welche ihm &#x017F;eine<lb/>
Stellung darbot, überla&#x017F;&#x017F;e ich dem gewandten Redner<lb/>
der Univer&#x017F;ität, der die&#x017F;e Pflicht übernommen hat. Nur<lb/>
eine uns zunäch&#x017F;t angehende Seite &#x017F;einer Thätigkeit<lb/>
will ich mit wenigen Worten berühren. Es war un-<lb/>
verkennbar das höch&#x017F;te Ziel von Eckers Be&#x017F;trebungen,<lb/>
&#x017F;einer ärztlichen Wirk&#x017F;amkeit eine fe&#x017F;te Grundlage durch<lb/>
naturwi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftliche Kenntni&#x017F;&#x017F;e zu geben; die er&#x017F;te und<lb/>
letzte, die höch&#x017F;te und größte Aufgabe des Arztes.</p><lb/>
        <p>O meine jüngern Freunde, die Sie an der Schwelle<lb/>
ärztlicher Wirk&#x017F;amkeit &#x017F;tehen! Wenn leichter jugendlicher<lb/>
Sinn, oder das verführeri&#x017F;che Bei&#x017F;piel frivoler Char-<lb/>
latanerie Jhnen die Schwierigkeiten die&#x017F;er großen Auf-<lb/>
gabe verbergen will, fragen Sie einen Mann, der<lb/>
Arzt und wahrer Naturfor&#x017F;cher zugleich, und in die&#x017F;em<lb/>
doppelten Wirkungskrei&#x017F;e ergraut i&#x017F;t, fragen Sie ihn,<lb/>
wie oft er der gewaltigen Natur gegenüber die Schwäche<lb/>
men&#x017F;chlicher Kräfte gefühlt habe, wie oft er vergeblich<lb/>
bemüht gewe&#x017F;en, in allen den vermeintlichen Lebens-<lb/>
ge&#x017F;etzen, die heute mit leichter Zunge gegeben, und<lb/>
morgen wieder umge&#x017F;toßen werden, das Mittel zu fin-<lb/>
den, um den Sturm der Kräfte in der Krankheit zu<lb/>
zähmen; wie oft ihm endlich er&#x017F;t die Unter&#x017F;uchung der<lb/>
Leiche den Schlü&#x017F;&#x017F;el zu dem Räth&#x017F;el gegeben, an de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Lö&#x017F;ung vielleicht das Leben eines Kindes hieng,<lb/>
das das Glück &#x017F;einer Eltern, oder die Rettung eines<lb/>
Vaters, der die Stütze der Familie, der Stolz des<lb/>
Landes war.</p><lb/>
        <p>Solche Erfahrungen &#x017F;ind unzertrennlich von dem<lb/>
Ge&#x017F;chäft des gewi&#x017F;&#x017F;enhaften naturfor&#x017F;chenden Arztes;<lb/>
&#x017F;ie bringen ihm kummervolle Nächte und &#x017F;orgen&#x017F;chwere<lb/>
Tage, deren hartverdiente Frucht endlich der Schmuck<lb/>
des großen Arztes i&#x017F;t; die reife Erfahrung mit dem<lb/>
be&#x017F;cheidenen Mißtrauen in die men&#x017F;chliche Kun&#x017F;t gepaart.</p><lb/>
        <p>Darum i&#x017F;t es ein &#x017F;o &#x017F;eltenes als großes Glück,<lb/>
darum ein &#x017F;o allgemeines Fe&#x017F;t, wenn ein ächter Heil-<lb/>
kün&#x017F;tler auf 50 Jahre treu erfüllten Berufes zurück-<lb/>
blicken kann, und in der &#x017F;tillen Theilnahme wie in der<lb/>
lauten Freude den Lohn für viele und große Opfer fin-<lb/>
det; ein Fe&#x017F;t, das un&#x017F;erm ge&#x017F;chiedenen Kollegen nahe<lb/><cb/>
bevor&#x017F;tand, und de&#x017F;&#x017F;en Feier wir ihm vom Herzen ge-<lb/>
wün&#x017F;cht haben.</p><lb/>
        <p>Da mehrere Mitglieder im vergangenen Jahre län-<lb/>
gere Zeit auf Rei&#x017F;en abwe&#x017F;end waren, &#x017F;o fanden nur<lb/>
15 Sitzungen &#x017F;tatt, in welchen folgende wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft-<lb/>
liche Vorträge gehalten wurden.</p><lb/>
        <list>
          <item>1) Jn der öffentlichen Sitzung am 24. Augu&#x017F;t 1828<lb/>
wurde der Jahresbericht von dem <hi rendition="#g">Secretär</hi> abge-<lb/>
&#x017F;tattet.</item><lb/>
          <item>2) Hierauf zeigte Hr. <hi rendition="#g">Geheime-Hofrath Ecker</hi><lb/>
den Gypsabguß eines außerordentlich dicken Schedels<lb/>
der &#x017F;ich in der großherzoglichen Sammlung zu Darm-<lb/>
&#x017F;tadt befindet, vor, und &#x017F;prach über die&#x017F;en und ähn-<lb/>
liche Fälle.</item><lb/>
          <item>3) Dann trug Hr. <hi rendition="#g">Profe&#x017F;&#x017F;or Zell</hi> eine Zu&#x017F;am-<lb/>
men&#x017F;tellung der An&#x017F;ichten des Ari&#x017F;toteles über den Ge-<lb/>
&#x017F;chmack&#x017F;inn vor.</item><lb/>
          <item>4) Die&#x017F;em Vortrage folgte in der&#x017F;elben Sitzung die<lb/>
Abhandlung des Hrn. <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Schwörer</hi> über das Thema:<lb/>
Würdigung des großen Einflu&#x017F;&#x017F;es der Naturfor&#x017F;chung<lb/>
auf höhere Anthropologie und des weiblichen Lebens<lb/>
insbe&#x017F;ondere, und dadurch bedingte natürliche Geburts-<lb/>
hülfe, deren Ge&#x017F;chichte in kurzer Skizze gegeben wurde.</item><lb/>
          <item>5) Am 9. Dezember: <hi rendition="#g">Hofrath Schultze</hi> über<lb/>
die Bewegung der einzelnen Theilchen fein pulveri&#x017F;irter<lb/>
Körper in verdun&#x017F;tenden Flü&#x017F;&#x017F;igkeiten. <note place="foot" n="*)">Die&#x017F;e Abhandlung i&#x017F;t in Verbindung mit dem Programm,<lb/>
welches die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft zur Feier des <hi rendition="#g">Karl Friedrich's</hi><lb/>
Fe&#x017F;tes herausgegeben hat, in der Herder'&#x017F;chen Buchhand-<lb/>
lung er&#x017F;chienen.</note></item><lb/>
          <item>6) Am 5. Januar 1829 trug Herr <hi rendition="#g">Hofrath<lb/>
Baumgärtner</hi> einen Fall von geheilter Blau&#x017F;äure-<lb/>
Vergiftung vor.</item><lb/>
          <item>7) Am 19. Januar: <hi rendition="#g">Hofrath Schultze</hi> über<lb/>
einige men&#x017F;chliche Mißgeburten.</item><lb/>
          <item>8) Am 3. Februar trug Hr. <hi rendition="#g">Profe&#x017F;&#x017F;or Fromm-<lb/>
herz</hi> über die <hi rendition="#aq">Gratiola officinalis</hi> vor; in der&#x017F;elben<lb/>
Sitzung zeigte er das Kalium in größeren Quantitäten,<lb/>
und machte mehrere Ver&#x017F;uche über &#x017F;eine Verbrennlichkeit.</item><lb/>
          <item>9) Am 16. Februar hielt Herr <hi rendition="#g">Hofrath Beck</hi> über<lb/>
die Behandlung der nach Verbrennung ent&#x017F;tandenen Nar-<lb/>
ben Vortrag.</item><lb/>
          <item>10) Am 16. März: Herr <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Schwörer</hi> über das<lb/>
men&#x017F;chliche Ei.</item><lb/>
          <item>11) Am 6. April: Herr <hi rendition="#g">Profe&#x017F;&#x017F;or Perleb</hi> über<lb/>
die Bildung des Pflanzen&#x017F;aamens und die Analogie &#x017F;ei-<lb/>
ner einzelnen Theile mit denen des Thier-Eies.</item><lb/>
          <item>12) Herr <hi rendition="#g">Hofrath Baumgärtner</hi> theilte in der<lb/>
Sitzung am 27. April &#x017F;eine Beobachtungen über die<lb/>
Entwickelung des Fro&#x017F;cheies mit, und erläuterte &#x017F;ie durch<lb/>
Zeichnungen.</item><lb/>
          <item>13) Jn der Sitzung vom 15. Juni erzählte Herr <hi rendition="#aq">Dr.</hi><lb/><hi rendition="#g">Diez</hi> die Ge&#x017F;chichte von drei p&#x017F;ychi&#x017F;chen Krankheitsfällen.</item>
        </list><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[60/0002] ten in voller, durch mehrere academiſche und andere Aemter vermehrter Thätigkeit, in der Sitzung ſeiner Facultät, der er präſidirte. Sein Andenken wird dauern in der freundlichen Geſinnung ſeiner Kollegen, es wird fortleben in den dankbaren Herzen einer großen Zahl von Schülern, fortleben in der Erinnerung der Tauſende, die er mit aufopfernder Sorgfalt in Krankheiten gepflegt, denen er Tag und Nacht ein treuer Helfer in Noth und Tod, und Tröſter in den bitterſten Schmerzen geweſen. Denn er war unermüdlich in dem Berufe des Arztes, und dieſer Beruf iſt ſchwer, ſo leicht ihn auch mancher dar- ſtellen möchte. Die nähere Schilderung ſeiner Ver- dienſte in den vielfachen Beziehungen, welche ihm ſeine Stellung darbot, überlaſſe ich dem gewandten Redner der Univerſität, der dieſe Pflicht übernommen hat. Nur eine uns zunächſt angehende Seite ſeiner Thätigkeit will ich mit wenigen Worten berühren. Es war un- verkennbar das höchſte Ziel von Eckers Beſtrebungen, ſeiner ärztlichen Wirkſamkeit eine feſte Grundlage durch naturwiſſenſchaftliche Kenntniſſe zu geben; die erſte und letzte, die höchſte und größte Aufgabe des Arztes. O meine jüngern Freunde, die Sie an der Schwelle ärztlicher Wirkſamkeit ſtehen! Wenn leichter jugendlicher Sinn, oder das verführeriſche Beiſpiel frivoler Char- latanerie Jhnen die Schwierigkeiten dieſer großen Auf- gabe verbergen will, fragen Sie einen Mann, der Arzt und wahrer Naturforſcher zugleich, und in dieſem doppelten Wirkungskreiſe ergraut iſt, fragen Sie ihn, wie oft er der gewaltigen Natur gegenüber die Schwäche menſchlicher Kräfte gefühlt habe, wie oft er vergeblich bemüht geweſen, in allen den vermeintlichen Lebens- geſetzen, die heute mit leichter Zunge gegeben, und morgen wieder umgeſtoßen werden, das Mittel zu fin- den, um den Sturm der Kräfte in der Krankheit zu zähmen; wie oft ihm endlich erſt die Unterſuchung der Leiche den Schlüſſel zu dem Räthſel gegeben, an deſ- ſen Löſung vielleicht das Leben eines Kindes hieng, das das Glück ſeiner Eltern, oder die Rettung eines Vaters, der die Stütze der Familie, der Stolz des Landes war. Solche Erfahrungen ſind unzertrennlich von dem Geſchäft des gewiſſenhaften naturforſchenden Arztes; ſie bringen ihm kummervolle Nächte und ſorgenſchwere Tage, deren hartverdiente Frucht endlich der Schmuck des großen Arztes iſt; die reife Erfahrung mit dem beſcheidenen Mißtrauen in die menſchliche Kunſt gepaart. Darum iſt es ein ſo ſeltenes als großes Glück, darum ein ſo allgemeines Feſt, wenn ein ächter Heil- künſtler auf 50 Jahre treu erfüllten Berufes zurück- blicken kann, und in der ſtillen Theilnahme wie in der lauten Freude den Lohn für viele und große Opfer fin- det; ein Feſt, das unſerm geſchiedenen Kollegen nahe bevorſtand, und deſſen Feier wir ihm vom Herzen ge- wünſcht haben. Da mehrere Mitglieder im vergangenen Jahre län- gere Zeit auf Reiſen abweſend waren, ſo fanden nur 15 Sitzungen ſtatt, in welchen folgende wiſſenſchaft- liche Vorträge gehalten wurden. 1) Jn der öffentlichen Sitzung am 24. Auguſt 1828 wurde der Jahresbericht von dem Secretär abge- ſtattet. 2) Hierauf zeigte Hr. Geheime-Hofrath Ecker den Gypsabguß eines außerordentlich dicken Schedels der ſich in der großherzoglichen Sammlung zu Darm- ſtadt befindet, vor, und ſprach über dieſen und ähn- liche Fälle. 3) Dann trug Hr. Profeſſor Zell eine Zuſam- menſtellung der Anſichten des Ariſtoteles über den Ge- ſchmackſinn vor. 4) Dieſem Vortrage folgte in derſelben Sitzung die Abhandlung des Hrn. Dr. Schwörer über das Thema: Würdigung des großen Einfluſſes der Naturforſchung auf höhere Anthropologie und des weiblichen Lebens insbeſondere, und dadurch bedingte natürliche Geburts- hülfe, deren Geſchichte in kurzer Skizze gegeben wurde. 5) Am 9. Dezember: Hofrath Schultze über die Bewegung der einzelnen Theilchen fein pulveriſirter Körper in verdunſtenden Flüſſigkeiten. *) 6) Am 5. Januar 1829 trug Herr Hofrath Baumgärtner einen Fall von geheilter Blauſäure- Vergiftung vor. 7) Am 19. Januar: Hofrath Schultze über einige menſchliche Mißgeburten. 8) Am 3. Februar trug Hr. Profeſſor Fromm- herz über die Gratiola officinalis vor; in derſelben Sitzung zeigte er das Kalium in größeren Quantitäten, und machte mehrere Verſuche über ſeine Verbrennlichkeit. 9) Am 16. Februar hielt Herr Hofrath Beck über die Behandlung der nach Verbrennung entſtandenen Nar- ben Vortrag. 10) Am 16. März: Herr Dr. Schwörer über das menſchliche Ei. 11) Am 6. April: Herr Profeſſor Perleb über die Bildung des Pflanzenſaamens und die Analogie ſei- ner einzelnen Theile mit denen des Thier-Eies. 12) Herr Hofrath Baumgärtner theilte in der Sitzung am 27. April ſeine Beobachtungen über die Entwickelung des Froſcheies mit, und erläuterte ſie durch Zeichnungen. 13) Jn der Sitzung vom 15. Juni erzählte Herr Dr. Diez die Geſchichte von drei pſychiſchen Krankheitsfällen. *) Dieſe Abhandlung iſt in Verbindung mit dem Programm, welches die Geſellſchaft zur Feier des Karl Friedrich's Feſtes herausgegeben hat, in der Herder'ſchen Buchhand- lung erſchienen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_schultze_1830
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_schultze_1830/2
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: [Humboldt an Schultze, Secretär der naturforschenden Gesellschaft zu Freiburg]. In: Freiburger Wochen- und Unterhaltungsblatt, Nr. 15 (1830), S. [59]-61, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_schultze_1830/2>, abgerufen am 21.11.2024.