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Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40.

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der Goldproduktion.
Reich lieferte,* waren 293 Pud 26 Pfund vom Ural und 104
Pud 15 Pfund vom Altai. Jm nächstfolgenden Jahr 1837 war
die Ausbeute des östlichen Sibiriens schon so gestiegen, daß der
Altai 130 Pud, der Ural (von Kron- und Privatwäschen) 309 Pud
Waschgold gaben. Rechnet man zu diesen Summen 30 Pud Gold,
die aus den in anstehendem Gestein einbrechenden Erzen vom Altai
und Nertschinsk ausgeschieden wurden, so ergeben sich für die ge-
sammte russische Goldproduktion des Jahrs 1837 genau 469 Pud
oder 7644 Kil. Gold. Die Goldwäschen im Ural sind daher in
einem sehr langsamen Sinken, der Altai aber fügt zur Totalmasse
so viel hinzu, daß seine Ausbeute zu der des Ural sich schon wie
4:91/2 verhält.

Ueber die eigentliche Ablagerung des Goldsandes im Altai
sind wir erst ganz neuerlichst durch einen sehr ausgezeichneten
Geognosten, meinen ehemaligen Reisebegleiter im südlichen Ural,
Herrn von Helmersen, belehrt worden. Das Waschgold, wel-
ches seit einigen Jahren in stets wachsender Menge im östlichsten
Theile des Tomskischen Gouvernements gewonnen wird, gehört nicht
dem großen Gebirgsstock selbst zu, den wir das altaische Erz-
gebirge** nennen, den Ledebour, Bunge und Gebler erforscht haben,
und in dem sich der Berg Belucha mit seinen unerstiegenen Schnee-
spitzen an den Quellen der Katunja bis zu 11,000 Fuß, bis zur

* Dazu (ebenfalls 1836) an Platin des Urals 118 Pud 2 Pfd. oder
8269 Mark Cölnisch.
** Sehr uneigentlich wird er der Kleine Altai genannt. Auch Hr. von
Helmersen theilt meinen Unglauben an die Existenz des Großen Altai
(Fragmens asiatiques. T. I. p. 28). "Eines jener großen Längenthäler,
sagt Helmersen, "die das Erzgebirge Altai durchziehen, ist das Thal
der oberen Buchtarma: es scheidet den nördlichen russischen Antheil
des Gebirges von dem südlichen, chinesischen. Dieser südliche Theil
ist häufig, und bis in die neuesten Zeiten, als ein besonderes Gebirge
mit dem Namen des Großen Altai aufgeführt worden, im Gegen-
satze zu dem nördlichen sogenannten Kleinen Altai. Abgesehen
von dem Unpassenden dieser Benennungen, die weder in der Natur
begründet scheinen, noch von den Bewohnern angenommen sind, die-
nen sie nur, um einen Jrrthum fortzupflanzen
, den ein
Kartenzeichner von dem andern erbt. Der chinesische Altai bildet
mit dem russischen nur ein und dasselbe Ganze, und es ist kein Grund
vorhanden, sie als zwei, sogar in ihrer Richtung verschiedene Gebirgs-
züge auftreten zu lassen."

der Goldproduktion.
Reich lieferte,* waren 293 Pud 26 Pfund vom Ural und 104
Pud 15 Pfund vom Altai. Jm nächſtfolgenden Jahr 1837 war
die Ausbeute des öſtlichen Sibiriens ſchon ſo geſtiegen, daß der
Altai 130 Pud, der Ural (von Kron- und Privatwäſchen) 309 Pud
Waſchgold gaben. Rechnet man zu dieſen Summen 30 Pud Gold,
die aus den in anſtehendem Geſtein einbrechenden Erzen vom Altai
und Nertſchinsk ausgeſchieden wurden, ſo ergeben ſich für die ge-
ſammte ruſſiſche Goldproduktion des Jahrs 1837 genau 469 Pud
oder 7644 Kil. Gold. Die Goldwäſchen im Ural ſind daher in
einem ſehr langſamen Sinken, der Altai aber fügt zur Totalmaſſe
ſo viel hinzu, daß ſeine Ausbeute zu der des Ural ſich ſchon wie
4:9½ verhält.

Ueber die eigentliche Ablagerung des Goldſandes im Altai
ſind wir erſt ganz neuerlichſt durch einen ſehr ausgezeichneten
Geognoſten, meinen ehemaligen Reiſebegleiter im ſüdlichen Ural,
Herrn von Helmerſen, belehrt worden. Das Waſchgold, wel-
ches ſeit einigen Jahren in ſtets wachſender Menge im öſtlichſten
Theile des Tomskiſchen Gouvernements gewonnen wird, gehört nicht
dem großen Gebirgsſtock ſelbſt zu, den wir das altaiſche Erz-
gebirge** nennen, den Ledebour, Bunge und Gebler erforſcht haben,
und in dem ſich der Berg Belucha mit ſeinen unerſtiegenen Schnee-
ſpitzen an den Quellen der Katunja bis zu 11,000 Fuß, bis zur

* Dazu (ebenfalls 1836) an Platin des Urals 118 Pud 2 Pfd. oder
8269 Mark Cölniſch.
** Sehr uneigentlich wird er der Kleine Altai genannt. Auch Hr. von
Helmerſen theilt meinen Unglauben an die Exiſtenz des Großen Altai
(Fragmens asiatiques. T. I. p. 28). „Eines jener großen Längenthäler,
ſagt Helmerſen, „die das Erzgebirge Altai durchziehen, iſt das Thal
der oberen Buchtarma: es ſcheidet den nördlichen ruſſiſchen Antheil
des Gebirges von dem ſüdlichen, chineſiſchen. Dieſer ſüdliche Theil
iſt häufig, und bis in die neueſten Zeiten, als ein beſonderes Gebirge
mit dem Namen des Großen Altai aufgeführt worden, im Gegen-
ſatze zu dem nördlichen ſogenannten Kleinen Altai. Abgeſehen
von dem Unpaſſenden dieſer Benennungen, die weder in der Natur
begründet ſcheinen, noch von den Bewohnern angenommen ſind, die-
nen ſie nur, um einen Jrrthum fortzupflanzen
, den ein
Kartenzeichner von dem andern erbt. Der chineſiſche Altai bildet
mit dem ruſſiſchen nur ein und daſſelbe Ganze, und es iſt kein Grund
vorhanden, ſie als zwei, ſogar in ihrer Richtung verſchiedene Gebirgs-
züge auftreten zu laſſen.“
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[23/0024] der Goldproduktion. Reich lieferte, * waren 293 Pud 26 Pfund vom Ural und 104 Pud 15 Pfund vom Altai. Jm nächſtfolgenden Jahr 1837 war die Ausbeute des öſtlichen Sibiriens ſchon ſo geſtiegen, daß der Altai 130 Pud, der Ural (von Kron- und Privatwäſchen) 309 Pud Waſchgold gaben. Rechnet man zu dieſen Summen 30 Pud Gold, die aus den in anſtehendem Geſtein einbrechenden Erzen vom Altai und Nertſchinsk ausgeſchieden wurden, ſo ergeben ſich für die ge- ſammte ruſſiſche Goldproduktion des Jahrs 1837 genau 469 Pud oder 7644 Kil. Gold. Die Goldwäſchen im Ural ſind daher in einem ſehr langſamen Sinken, der Altai aber fügt zur Totalmaſſe ſo viel hinzu, daß ſeine Ausbeute zu der des Ural ſich ſchon wie 4:9½ verhält. Ueber die eigentliche Ablagerung des Goldſandes im Altai ſind wir erſt ganz neuerlichſt durch einen ſehr ausgezeichneten Geognoſten, meinen ehemaligen Reiſebegleiter im ſüdlichen Ural, Herrn von Helmerſen, belehrt worden. Das Waſchgold, wel- ches ſeit einigen Jahren in ſtets wachſender Menge im öſtlichſten Theile des Tomskiſchen Gouvernements gewonnen wird, gehört nicht dem großen Gebirgsſtock ſelbſt zu, den wir das altaiſche Erz- gebirge ** nennen, den Ledebour, Bunge und Gebler erforſcht haben, und in dem ſich der Berg Belucha mit ſeinen unerſtiegenen Schnee- ſpitzen an den Quellen der Katunja bis zu 11,000 Fuß, bis zur * Dazu (ebenfalls 1836) an Platin des Urals 118 Pud 2 Pfd. oder 8269 Mark Cölniſch. ** Sehr uneigentlich wird er der Kleine Altai genannt. Auch Hr. von Helmerſen theilt meinen Unglauben an die Exiſtenz des Großen Altai (Fragmens asiatiques. T. I. p. 28). „Eines jener großen Längenthäler, ſagt Helmerſen, „die das Erzgebirge Altai durchziehen, iſt das Thal der oberen Buchtarma: es ſcheidet den nördlichen ruſſiſchen Antheil des Gebirges von dem ſüdlichen, chineſiſchen. Dieſer ſüdliche Theil iſt häufig, und bis in die neueſten Zeiten, als ein beſonderes Gebirge mit dem Namen des Großen Altai aufgeführt worden, im Gegen- ſatze zu dem nördlichen ſogenannten Kleinen Altai. Abgeſehen von dem Unpaſſenden dieſer Benennungen, die weder in der Natur begründet ſcheinen, noch von den Bewohnern angenommen ſind, die- nen ſie nur, um einen Jrrthum fortzupflanzen, den ein Kartenzeichner von dem andern erbt. Der chineſiſche Altai bildet mit dem ruſſiſchen nur ein und daſſelbe Ganze, und es iſt kein Grund vorhanden, ſie als zwei, ſogar in ihrer Richtung verſchiedene Gebirgs- züge auftreten zu laſſen.“

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40, hier S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_schwankungen_1838/24>, abgerufen am 18.04.2024.