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Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40.

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der Goldproduktion.
Hunde, aber größer wie Füchse" sich eingruben. Auch am west-
lichen Abhange des Bolor (der östliche führt nach Khufalun, dem
sogenannten Klein-Tübet der Geographen, nach Kaschgar und dem
Steppensee Lop) hat der talentvolle neueste Erforscher dieser Terra
incognita, Alexander Burnes, die Goldsandlager von Durwaz und
des oberen Oruslaufes beschrieben.* Jn China ist die Bearbeitung
des Waschgoldes ebenfalls uralt, und man unterscheidet in der berg-
männischen Nomenclatur des pedantischen Volkes Goldfelder**
(weitausgebreitete Goldlager der Ebenen), Goldgeschiebe als Hunds-
köpfe, Weizenkörner
und kleinen Hirsenstaub. Leider
gibt es, wie überall, in Choco, in der Sonora und am Ural der
Hundsköpfe weniger, als des goldenen Hirsenstaubes.

Fast zu derselben Zeit, wo der Ural seinen Goldschatz eröff-
nete, und zu ersetzen anfing, was die tiefgesunkene brasilische Gold-
ausbeute nicht mehr dem Geldverkehr darzubieten vermochte, wurden
vielversprechende goldhaltige Lagerstätten in dem südlichen Theile der
Alleghanys, in Virginien, Nord- und Süd-Carolina, Georgien,
Tennessee und Alabama entdeckt. Der eigentliche Flor dieser nord-
amerikanischen Goldwäschen, welche bald auch einen eigentlichen
Bergbau auf anstehendes Gestein veranlaßten, fällt in die Jahre
1830 bis 1835. Sie haben allerdings in den letzten acht Jahren
nicht viel über 41/2 Mill. Dollars geliefert, aber die Erscheinung
des Goldreichthums in solcher Nähe von der atlantischen Küste ver-
dient in geognostischer Hinsicht mehr Aufmerksamkeit, als man ihr
in Europa geschenkt hat. Sie bietet auch ein großes historisches
Jnteresse dar, da das viele Gold, welches die ersten spanischen
Conquistadoren in den Händen der Eingebornen von Florida fanden,
jetzt nicht mehr als Wirkung eines alten Verkehrs mit Mexiko (Ana-
huac) oder mit Hayti betrachtet zu werden braucht. Herr Jacob konnte

* Burnes, Travels, T. II. p. 165. Noch 1831 wurden im Orus Gold-
geschiebe von der Größe eines Taubeneies gefunden. Wie der Rhein
führt der Orus (Djihun) seinen Goldsand bis an seinen Ausfluß, und
die unglückliche Expedition des Fürsten Alexander Bekewitsch, welche
Peter der Große 1716 unternehmen ließ, wurde durch lügenhaft aus-
geschmückte Truchmenische Nachrichten von der Anhäufung des Gold-
sandes an der alten Orusmündung (südlich vom kleinen Balkange-
birge am Ostufer des Caspischen Meeres) veranlaßt.
** Landresse, sur les alluvions oriferes de la Chine, im Journal asiat.
T. II. p
. 99.

der Goldproduktion.
Hunde, aber größer wie Füchſe“ ſich eingruben. Auch am weſt-
lichen Abhange des Bolor (der öſtliche führt nach Khufalun, dem
ſogenannten Klein-Tübet der Geographen, nach Kaſchgar und dem
Steppenſee Lop) hat der talentvolle neueſte Erforſcher dieſer Terra
incognita, Alexander Burnes, die Goldſandlager von Durwaz und
des oberen Oruslaufes beſchrieben.* Jn China iſt die Bearbeitung
des Waſchgoldes ebenfalls uralt, und man unterſcheidet in der berg-
männiſchen Nomenclatur des pedantiſchen Volkes Goldfelder**
(weitausgebreitete Goldlager der Ebenen), Goldgeſchiebe als Hunds-
köpfe, Weizenkörner
und kleinen Hirſenſtaub. Leider
gibt es, wie überall, in Choco, in der Sonora und am Ural der
Hundsköpfe weniger, als des goldenen Hirſenſtaubes.

Faſt zu derſelben Zeit, wo der Ural ſeinen Goldſchatz eröff-
nete, und zu erſetzen anfing, was die tiefgeſunkene braſiliſche Gold-
ausbeute nicht mehr dem Geldverkehr darzubieten vermochte, wurden
vielverſprechende goldhaltige Lagerſtätten in dem ſüdlichen Theile der
Alleghanys, in Virginien, Nord- und Süd-Carolina, Georgien,
Tenneſſee und Alabama entdeckt. Der eigentliche Flor dieſer nord-
amerikaniſchen Goldwäſchen, welche bald auch einen eigentlichen
Bergbau auf anſtehendes Geſtein veranlaßten, fällt in die Jahre
1830 bis 1835. Sie haben allerdings in den letzten acht Jahren
nicht viel über 4½ Mill. Dollars geliefert, aber die Erſcheinung
des Goldreichthums in ſolcher Nähe von der atlantiſchen Küſte ver-
dient in geognoſtiſcher Hinſicht mehr Aufmerkſamkeit, als man ihr
in Europa geſchenkt hat. Sie bietet auch ein großes hiſtoriſches
Jntereſſe dar, da das viele Gold, welches die erſten ſpaniſchen
Conquiſtadoren in den Händen der Eingebornen von Florida fanden,
jetzt nicht mehr als Wirkung eines alten Verkehrs mit Mexiko (Ana-
huac) oder mit Hayti betrachtet zu werden braucht. Herr Jacob konnte

* Burnes, Travels, T. II. p. 165. Noch 1831 wurden im Orus Gold-
geſchiebe von der Größe eines Taubeneies gefunden. Wie der Rhein
führt der Orus (Djihun) ſeinen Goldſand bis an ſeinen Ausfluß, und
die unglückliche Expedition des Fürſten Alexander Bekewitſch, welche
Peter der Große 1716 unternehmen ließ, wurde durch lügenhaft aus-
geſchmückte Truchmeniſche Nachrichten von der Anhäufung des Gold-
ſandes an der alten Orusmündung (ſüdlich vom kleinen Balkange-
birge am Oſtufer des Caspiſchen Meeres) veranlaßt.
** Landresse, ſur les alluvions orifères de la Chine, im Journal asiat.
T. II. p
. 99.
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[31/0032] der Goldproduktion. Hunde, aber größer wie Füchſe“ ſich eingruben. Auch am weſt- lichen Abhange des Bolor (der öſtliche führt nach Khufalun, dem ſogenannten Klein-Tübet der Geographen, nach Kaſchgar und dem Steppenſee Lop) hat der talentvolle neueſte Erforſcher dieſer Terra incognita, Alexander Burnes, die Goldſandlager von Durwaz und des oberen Oruslaufes beſchrieben. * Jn China iſt die Bearbeitung des Waſchgoldes ebenfalls uralt, und man unterſcheidet in der berg- männiſchen Nomenclatur des pedantiſchen Volkes Goldfelder ** (weitausgebreitete Goldlager der Ebenen), Goldgeſchiebe als Hunds- köpfe, Weizenkörner und kleinen Hirſenſtaub. Leider gibt es, wie überall, in Choco, in der Sonora und am Ural der Hundsköpfe weniger, als des goldenen Hirſenſtaubes. Faſt zu derſelben Zeit, wo der Ural ſeinen Goldſchatz eröff- nete, und zu erſetzen anfing, was die tiefgeſunkene braſiliſche Gold- ausbeute nicht mehr dem Geldverkehr darzubieten vermochte, wurden vielverſprechende goldhaltige Lagerſtätten in dem ſüdlichen Theile der Alleghanys, in Virginien, Nord- und Süd-Carolina, Georgien, Tenneſſee und Alabama entdeckt. Der eigentliche Flor dieſer nord- amerikaniſchen Goldwäſchen, welche bald auch einen eigentlichen Bergbau auf anſtehendes Geſtein veranlaßten, fällt in die Jahre 1830 bis 1835. Sie haben allerdings in den letzten acht Jahren nicht viel über 4½ Mill. Dollars geliefert, aber die Erſcheinung des Goldreichthums in ſolcher Nähe von der atlantiſchen Küſte ver- dient in geognoſtiſcher Hinſicht mehr Aufmerkſamkeit, als man ihr in Europa geſchenkt hat. Sie bietet auch ein großes hiſtoriſches Jntereſſe dar, da das viele Gold, welches die erſten ſpaniſchen Conquiſtadoren in den Händen der Eingebornen von Florida fanden, jetzt nicht mehr als Wirkung eines alten Verkehrs mit Mexiko (Ana- huac) oder mit Hayti betrachtet zu werden braucht. Herr Jacob konnte * Burnes, Travels, T. II. p. 165. Noch 1831 wurden im Orus Gold- geſchiebe von der Größe eines Taubeneies gefunden. Wie der Rhein führt der Orus (Djihun) ſeinen Goldſand bis an ſeinen Ausfluß, und die unglückliche Expedition des Fürſten Alexander Bekewitſch, welche Peter der Große 1716 unternehmen ließ, wurde durch lügenhaft aus- geſchmückte Truchmeniſche Nachrichten von der Anhäufung des Gold- ſandes an der alten Orusmündung (ſüdlich vom kleinen Balkange- birge am Oſtufer des Caspiſchen Meeres) veranlaßt. ** Landresse, ſur les alluvions orifères de la Chine, im Journal asiat. T. II. p. 99.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Ueber die Schwankungen der Goldproduktion mit Rücksicht auf staatswirthschaftliche Probleme. In: Deutsche Vierteljahrs Schrift, Bd. 1, H. IV (1838), S. 1-40, hier S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_schwankungen_1838/32>, abgerufen am 23.04.2024.