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Humboldt, Alexander von: Über den Einfluß der Abweichung der Sonne auf den Anfang des Aequatorialregens. In: Journal für Chemie und Physik, Bd. 24 (1818), S. 71-84.

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Electricität auf die Bildung der bläschenartigen Dün-
ste Einfluss habe. Es ist vielmehr die Bildung die-
ser Dünste, welche die electrische Spannung ver-
mehrt und modificirt. Nördlich und südlich vom
Aequator treten die Gewitter oder die grossen Ent-
ladungen zu gleicher Zeit in der gemässigten und
gleichnamigen äquinoctialen Zone ein. Giebt es
eine Wirkung, die sich queer durch's Luftmeer
von der ersten dieser Zonen gegen die Tropen fort-
pflanzt? Wie ist es einzusehen, dass unter dieser
Zone, wo sich die Sonne beständig zu einer so gro-
ssen Höhe über den Horizont erhebt, der Durch-
gang dieses Himmelskörpers durch den Zenith ei-
nen bedeutenden Einfluss auf die meteorologischen
Veränderungen haben kann?

Ich glaube, dass die Ursache, welche den An-
fang des Regens unter den Tropen bedingt, keine
locale ist, und dass eine genauere Kenntniss der
höhern Luftströme die so verwickelt scheinenden
Probleme aufhellen würde. Nur, was in den un-
tern Schichten der Atmosphäre vorgeht, können
wir beobachten. Die Anden sind beinahe in einer
Höhe von 2000 Toisen noch bewohnt, und in die-
ser Höhe wirken die Nähe der Sonne und die
Massen der Gebirge, welche die Untiefen des Luft-
Oceans sind, merklich auf die umgebende Luft ein.
Was man auf der Hochebene des Antisana beob-
achtet, würde man auch bei gleicher Höhe in ei-
nem Luftballon finden, wenn man über Llanos
oder der Oberfläche des Meeres schwebte.

Wir haben bereits gesehen, dass die Regen-
und Gewitterzeit in der nördlichen Aequinoctial-
Zone mit den Durchgängen der Sonne durch den

Humboldt
Electricität auf die Bildung der bläschenartigen Dün-
ste Einfluſs habe. Es ist vielmehr die Bildung die-
ser Dünste, welche die electrische Spannung ver-
mehrt und modificirt. Nördlich und südlich vom
Aequator treten die Gewitter oder die groſsen Ent-
ladungen zu gleicher Zeit in der gemäſsigten und
gleichnamigen äquinoctialen Zone ein. Giebt es
eine Wirkung, die sich queer durch's Luftmeer
von der ersten dieser Zonen gegen die Tropen fort-
pflanzt? Wie ist es einzusehen, daſs unter dieser
Zone, wo sich die Sonne beständig zu einer so gro-
ſsen Höhe über den Horizont erhebt, der Durch-
gang dieses Himmelskörpers durch den Zenith ei-
nen bedeutenden Einfluſs auf die meteorologischen
Veränderungen haben kann?

Ich glaube, daſs die Ursache, welche den An-
fang des Regens unter den Tropen bedingt, keine
locale ist, und daſs eine genauere Kenntniſs der
höhern Luftströme die so verwickelt scheinenden
Probleme aufhellen würde. Nur, was in den un-
tern Schichten der Atmosphäre vorgeht, können
wir beobachten. Die Anden sind beinahe in einer
Höhe von 2000 Toisen noch bewohnt, und in die-
ser Höhe wirken die Nähe der Sonne und die
Massen der Gebirge, welche die Untiefen des Luft-
Oceans sind, merklich auf die umgebende Luft ein.
Was man auf der Hochebene des Antisana beob-
achtet, würde man auch bei gleicher Höhe in ei-
nem Luftballon finden, wenn man über Llanos
oder der Oberfläche des Meeres schwebte.

Wir haben bereits gesehen, daſs die Regen-
und Gewitterzeit in der nördlichen Aequinoctial-
Zone mit den Durchgängen der Sonne durch den

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[78/0009] Humboldt Electricität auf die Bildung der bläschenartigen Dün- ste Einfluſs habe. Es ist vielmehr die Bildung die- ser Dünste, welche die electrische Spannung ver- mehrt und modificirt. Nördlich und südlich vom Aequator treten die Gewitter oder die groſsen Ent- ladungen zu gleicher Zeit in der gemäſsigten und gleichnamigen äquinoctialen Zone ein. Giebt es eine Wirkung, die sich queer durch's Luftmeer von der ersten dieser Zonen gegen die Tropen fort- pflanzt? Wie ist es einzusehen, daſs unter dieser Zone, wo sich die Sonne beständig zu einer so gro- ſsen Höhe über den Horizont erhebt, der Durch- gang dieses Himmelskörpers durch den Zenith ei- nen bedeutenden Einfluſs auf die meteorologischen Veränderungen haben kann? Ich glaube, daſs die Ursache, welche den An- fang des Regens unter den Tropen bedingt, keine locale ist, und daſs eine genauere Kenntniſs der höhern Luftströme die so verwickelt scheinenden Probleme aufhellen würde. Nur, was in den un- tern Schichten der Atmosphäre vorgeht, können wir beobachten. Die Anden sind beinahe in einer Höhe von 2000 Toisen noch bewohnt, und in die- ser Höhe wirken die Nähe der Sonne und die Massen der Gebirge, welche die Untiefen des Luft- Oceans sind, merklich auf die umgebende Luft ein. Was man auf der Hochebene des Antisana beob- achtet, würde man auch bei gleicher Höhe in ei- nem Luftballon finden, wenn man über Llanos oder der Oberfläche des Meeres schwebte. Wir haben bereits gesehen, daſs die Regen- und Gewitterzeit in der nördlichen Aequinoctial- Zone mit den Durchgängen der Sonne durch den

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Über den Einfluß der Abweichung der Sonne auf den Anfang des Aequatorialregens. In: Journal für Chemie und Physik, Bd. 24 (1818), S. 71-84, hier S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_sonne_1818/9>, abgerufen am 21.11.2024.