Humboldt, Alexander von: Ueber die Winterkälte, welche größere Säugethiere ertragen können. Bemerkungen des Herrn Al. von Humboldt. In: Zeitschrift für allgemeine Erdkunde. Bd. 3, 43 (1854), S. 43.Miscellen: Ueber die Winterkälte, welche größere Säugethiere ertragen können. 1) Schreiben des Herrn Jules Gerard, Lieutenant bei den Paris, den 8. Mai 1854.Spahis, an Herrn Al. von Humboldt. ... Sie haben mir die Ehre erzeigt, mich zu befragen, welches die Wenn die Löwen jene größten Höhen oder halbe Höhen der Hochrücken Aus meinen Beobachtungen ergiebt sich, daß der Löwe die große Kälte Jch muß es bedauern, daß ich bis jetzt der Einzige bin, der sich im All- Miscellen: Ueber die Winterkälte, welche größere Säugethiere ertragen können. 1) Schreiben des Herrn Jules Gérard, Lieutenant bei den Paris, den 8. Mai 1854.Spahis, an Herrn Al. von Humboldt. ... Sie haben mir die Ehre erzeigt, mich zu befragen, welches die Wenn die Löwen jene größten Höhen oder halbe Höhen der Hochrücken Aus meinen Beobachtungen ergiebt ſich, daß der Löwe die große Kälte Jch muß es bedauern, daß ich bis jetzt der Einzige bin, der ſich im All- <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0001" n="42"/> <p> <hi rendition="#c">Miscellen:</hi> </p><lb/> <div n="1"> <head>Ueber die Winterkälte, welche größere Säugethiere<lb/> ertragen können.</head><lb/> <div n="2"> <head>1) <hi rendition="#g">Schreiben des Herrn Jules G<hi rendition="#aq">é</hi>rard</hi>, <hi rendition="#g">Lieutenant bei den<lb/> Spahis</hi>, <hi rendition="#g">an Herrn Al</hi>. <hi rendition="#g">von Humboldt</hi>.</head><lb/> <dateline><hi rendition="#g">Paris</hi>, den 8. Mai 1854.</dateline><lb/> <p>... Sie haben mir die Ehre erzeigt, mich zu befragen, welches die<lb/> größte Kälte ſein möchte, die der Löwe ertragen könnte. Die <hi rendition="#g">Aur<hi rendition="#aq">è</hi>s-Ge-<lb/> birge</hi>, die höchſten in Algerien, ſind immer von einigen Löwen bewohnt.<lb/> Jm Sommer halten ſie ſich nicht fern von den Rücken der Gebirge auf, wo<lb/> es immer luftig und kühl iſt; im Winter ziehen ſie ſich tiefer hinab, in das<lb/> Hügelland, welches an das Meer grenzt, das aber auch während zweier Mo-<lb/> nate etwa mit Schnee bedeckt wird, und zuweilen noch länger. Die größte<lb/> Kälte in dieſen Gegenden ſinkt nie unter 10° unter Null; in den Monaten<lb/> December, Januar und Februar hält die Kälte 2 bis 6 Grade unter dem Ge-<lb/> frierpunkt an. Sie iſt alſo ſchärfer, als in Südfrankreich. Jm ganzen übri-<lb/> gen Jahre ſind die Löwen nie lebendiger und friſcher, als bei größerer Kälte;<lb/> dann ſind ſie für die Araber viel verderblicher, als in der ganzen übrigen<lb/> Jahreszeit.</p><lb/> <p>Wenn die Löwen jene größten Höhen oder halbe Höhen der Hochrücken<lb/> der Gebirge verlaſſen, ſo geſchieht dies weniger der Kälte, als des hohen<lb/> Schnees wegen, welcher alle Wege überdeckt. Der Löwe iſt das reinlichſte<lb/> aller Thiere und übertrifft darin ſelbſt den Menſchen; den geringſten Schmutz,<lb/> den kleinſten Fleck leidet er nicht. Muß er über feuchten, oder moraſtigen<lb/> Boden gehen, ſo wählt er immer den trockenſten Pfad und er biegt lieber aus<lb/> dem ſchmutzigen Wege in den Wald ein, um dann wieder auf den trocken<lb/> gewordenen Pfad zurückzukehren. Muß er durch den Schnee gehen, ſo bleibt<lb/> er von Zeit zu Zeit ſtill ſtehen und ſchüttelt den Schnee von den Tatzen und<lb/> dem Körper ab, an den ſich derſelbe gehängt hat. Dann iſt der Löwe nach mei-<lb/> nen Beobachtungen viel weniger träge, wie in der Sommerzeit, wo er ſich<lb/> mehr keuchend und angegriffen zeigt.</p><lb/> <p>Aus meinen Beobachtungen ergiebt ſich, daß der Löwe die große Kälte<lb/> beſſer erträgt, als die große Hitze, und daß er in weit kälteren Gegenden, als<lb/> die von Algerien ſind, wohl leben könnte, wenn er daſelbſt nur hinreichende<lb/> Heerden und Waldung fände.</p><lb/> <p>Jch muß es bedauern, daß ich bis jetzt der Einzige bin, der ſich im All-<lb/> gemeinen mit der Löwenjagd beſchäftigt hat. Wie würde es mich freuen,<lb/> wenn ich aus den verſchiedenſten Nationen Theilnehmer an dieſer Arbeit und<lb/> dieſer Jagd fände; ich würde ſie brüderlich aufnehmen. Jch habe beim fran-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [42/0001]
Miscellen:
Ueber die Winterkälte, welche größere Säugethiere
ertragen können.
1) Schreiben des Herrn Jules Gérard, Lieutenant bei den
Spahis, an Herrn Al. von Humboldt.
Paris, den 8. Mai 1854.
... Sie haben mir die Ehre erzeigt, mich zu befragen, welches die
größte Kälte ſein möchte, die der Löwe ertragen könnte. Die Aurès-Ge-
birge, die höchſten in Algerien, ſind immer von einigen Löwen bewohnt.
Jm Sommer halten ſie ſich nicht fern von den Rücken der Gebirge auf, wo
es immer luftig und kühl iſt; im Winter ziehen ſie ſich tiefer hinab, in das
Hügelland, welches an das Meer grenzt, das aber auch während zweier Mo-
nate etwa mit Schnee bedeckt wird, und zuweilen noch länger. Die größte
Kälte in dieſen Gegenden ſinkt nie unter 10° unter Null; in den Monaten
December, Januar und Februar hält die Kälte 2 bis 6 Grade unter dem Ge-
frierpunkt an. Sie iſt alſo ſchärfer, als in Südfrankreich. Jm ganzen übri-
gen Jahre ſind die Löwen nie lebendiger und friſcher, als bei größerer Kälte;
dann ſind ſie für die Araber viel verderblicher, als in der ganzen übrigen
Jahreszeit.
Wenn die Löwen jene größten Höhen oder halbe Höhen der Hochrücken
der Gebirge verlaſſen, ſo geſchieht dies weniger der Kälte, als des hohen
Schnees wegen, welcher alle Wege überdeckt. Der Löwe iſt das reinlichſte
aller Thiere und übertrifft darin ſelbſt den Menſchen; den geringſten Schmutz,
den kleinſten Fleck leidet er nicht. Muß er über feuchten, oder moraſtigen
Boden gehen, ſo wählt er immer den trockenſten Pfad und er biegt lieber aus
dem ſchmutzigen Wege in den Wald ein, um dann wieder auf den trocken
gewordenen Pfad zurückzukehren. Muß er durch den Schnee gehen, ſo bleibt
er von Zeit zu Zeit ſtill ſtehen und ſchüttelt den Schnee von den Tatzen und
dem Körper ab, an den ſich derſelbe gehängt hat. Dann iſt der Löwe nach mei-
nen Beobachtungen viel weniger träge, wie in der Sommerzeit, wo er ſich
mehr keuchend und angegriffen zeigt.
Aus meinen Beobachtungen ergiebt ſich, daß der Löwe die große Kälte
beſſer erträgt, als die große Hitze, und daß er in weit kälteren Gegenden, als
die von Algerien ſind, wohl leben könnte, wenn er daſelbſt nur hinreichende
Heerden und Waldung fände.
Jch muß es bedauern, daß ich bis jetzt der Einzige bin, der ſich im All-
gemeinen mit der Löwenjagd beſchäftigt hat. Wie würde es mich freuen,
wenn ich aus den verſchiedenſten Nationen Theilnehmer an dieſer Arbeit und
dieſer Jagd fände; ich würde ſie brüderlich aufnehmen. Jch habe beim fran-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Weitere Informationen:Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (2021 ff.) der Universität Bern.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |