Humboldt, Alexander von: Ueber den neusten Zustand des Freistaats von Centro-Amerika oder Guatemala. In: Herta, Bd. 6 (1826), S. 131-161.des Freistaats Guatemala. "heit verbreitete sich weit umher, wie das schreckliche Getöse. Jn"25 Meilen Entfernung sah man das Feuer des Masaya." Der- selbe Volcan war im 16ten Jahrhundert ein sonderbarer Gegen- stand mönchischen Golddurstes. Der Dominikaner Blas de Jnnena ließ sich (so erzählt Gomara*) an einer Kette von 140 Brazas Länge, mit einem eisernen Löffel bewaffnet, in den Krater herab. Mit dem Löffel wollte er das geschmolzene Gold (die flüssige Lava!) schöpfen. Der Löffel schmolz und der Mönch konnte sich mit Mühe retten. Die Nebenumstände dieser Geschichte sind gewiß erdichtet, aber es ist mehr als wahrscheinlich, daß Jnnena sich in den Krater wagte, und daß seine gescheiterte Unternehmung den Dechan (Dean) des geistlichen Kapitels von Leon dazu verleitete, sich von dem Könige die Erlaubniß ausfertigen zu lassen, "den Volcan von Masaya zu eröffnen und das Gold zu sammeln, welches dieser Berg in seinem Jnnern verberge." Nahe bei dem Masaya nennt Juarros noch einen andern Volcan, den von Nindiri oder Nidiri, der 1775 einen großen Ausbruch hatte, in welchem ein Lavastrom (vio de fuego) in die Laguna de Leon oder Managua floß und viele Fische tödtete. Nach der Lage des Dorfes Nindiri zu urtheilen, war diese Erscheinung ein Seiten- Ausbruch des Masaya. Jn Teneriffa habe ich auch oft von dem Volcan de Chahorra als von einem Berge sprechen hören, der von dem Pic verschieden sei! Es ist in allen vulkanischen Ländern sehr gewöhnlich, eigentliche Vulkane und Seitenausbrüche zu ver- wechseln. Wenn man von dem Volcan de Masaya längs der Laguna de Tiscapa über Nagaroti nach der Stadt Leon reiset, so sieht man sich östlich von dieser Stadt, am nördlichen Ende der Laguna de Leon oder de Managua, den hohen Volcan de Momo- tombo erheben; weiterhin zwischen Br. 12° 20' und 13° 15, oder zwischen der Stadt Leon und dem Meerbusen von Amapala oder Fonseca, folgen die vier Volcane von Felica, del Viejo**) Giletepe *) Fol. 112. **) Dampier Voy. T. 1. p. 119. nennt ihn "auf 20 Seemeilen sicht-
bar", welches ihm ohne Refraction nur 498 Toisen Höhe geben wird; rechnet man 6 Meilen mehr, die der Volcan im Jnnern des Landes liegt, so wird die Höhe über 840 Toisen. Der General Laravia nennt noch in seiner Statistik von Nicaragua zwischen den Vulkanen von Telica und Momotombo den Volcan de Asososca. des Freiſtaats Guatemala. „heit verbreitete ſich weit umher, wie das ſchreckliche Getoͤſe. Jn„25 Meilen Entfernung ſah man das Feuer des Maſaya.″ Der- ſelbe Volcan war im 16ten Jahrhundert ein ſonderbarer Gegen- ſtand moͤnchiſchen Golddurſtes. Der Dominikaner Blas de Jñena ließ ſich (ſo erzaͤhlt Gomara*) an einer Kette von 140 Brazas Laͤnge, mit einem eiſernen Loͤffel bewaffnet, in den Krater herab. Mit dem Loͤffel wollte er das geſchmolzene Gold (die fluͤſſige Lava!) ſchoͤpfen. Der Loͤffel ſchmolz und der Moͤnch konnte ſich mit Muͤhe retten. Die Nebenumſtaͤnde dieſer Geſchichte ſind gewiß erdichtet, aber es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß Jñena ſich in den Krater wagte, und daß ſeine geſcheiterte Unternehmung den Dechan (Dean) des geiſtlichen Kapitels von Leon dazu verleitete, ſich von dem Koͤnige die Erlaubniß ausfertigen zu laſſen, „den Volcan von Maſaya zu eroͤffnen und das Gold zu ſammeln, welches dieſer Berg in ſeinem Jnnern verberge.″ Nahe bei dem Maſaya nennt Juarros noch einen andern Volcan, den von Nindiri oder Nidiri, der 1775 einen großen Ausbruch hatte, in welchem ein Lavaſtrom (vio de fuego) in die Laguna de Leon oder Managua floß und viele Fiſche toͤdtete. Nach der Lage des Dorfes Nindiri zu urtheilen, war dieſe Erſcheinung ein Seiten- Ausbruch des Maſaya. Jn Teneriffa habe ich auch oft von dem Volcan de Chahorra als von einem Berge ſprechen hoͤren, der von dem Pic verſchieden ſei! Es iſt in allen vulkaniſchen Laͤndern ſehr gewoͤhnlich, eigentliche Vulkane und Seitenausbruͤche zu ver- wechſeln. Wenn man von dem Volcan de Maſaya laͤngs der Laguna de Tiscapa uͤber Nagaroti nach der Stadt Leon reiſet, ſo ſieht man ſich oͤſtlich von dieſer Stadt, am noͤrdlichen Ende der Laguna de Leon oder de Managua, den hohen Volcan de Momo- tombo erheben; weiterhin zwiſchen Br. 12° 20′ und 13° 15, oder zwiſchen der Stadt Leon und dem Meerbuſen von Amapala oder Fonſeca, folgen die vier Volcane von Felica, del Viejo**) Giletepe *) Fol. 112. **) Dampier Voy. T. 1. p. 119. nennt ihn „auf 20 Seemeilen ſicht-
bar″, welches ihm ohne Refraction nur 498 Toiſen Hoͤhe geben wird; rechnet man 6 Meilen mehr, die der Volcan im Jnnern des Landes liegt, ſo wird die Hoͤhe uͤber 840 Toiſen. Der General Laravia nennt noch in ſeiner Statiſtik von Nicaragua zwiſchen den Vulkanen von Telica und Momotombo den Volcan de Aſoſosca. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0013" n="141"/><fw place="top" type="header">des Freiſtaats Guatemala.</fw><lb/> „heit verbreitete ſich weit umher, wie das ſchreckliche Getoͤſe. Jn<lb/> „25 Meilen Entfernung ſah man das Feuer des Maſaya.″ Der-<lb/> ſelbe Volcan war im 16ten Jahrhundert ein ſonderbarer Gegen-<lb/> ſtand moͤnchiſchen Golddurſtes. Der Dominikaner Blas de Jñena<lb/> ließ ſich (ſo erzaͤhlt Gomara<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Fol. 112.</hi></note> an einer Kette von 140 Brazas<lb/> Laͤnge, mit einem eiſernen Loͤffel bewaffnet, in den Krater herab.<lb/> Mit dem Loͤffel wollte er das geſchmolzene Gold (die fluͤſſige Lava!)<lb/> ſchoͤpfen. Der Loͤffel ſchmolz und der Moͤnch konnte ſich mit<lb/> Muͤhe retten. Die Nebenumſtaͤnde dieſer Geſchichte ſind gewiß<lb/> erdichtet, aber es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß Jñena ſich in<lb/> den Krater wagte, und daß ſeine geſcheiterte Unternehmung den<lb/> Dechan <hi rendition="#aq">(Dean)</hi> des geiſtlichen Kapitels von Leon dazu verleitete,<lb/> ſich von dem Koͤnige die Erlaubniß ausfertigen zu laſſen, „den<lb/> Volcan von Maſaya zu eroͤffnen und das Gold zu ſammeln,<lb/> welches dieſer Berg in ſeinem Jnnern verberge.″ Nahe bei dem<lb/> Maſaya nennt Juarros noch einen andern Volcan, den von<lb/> Nindiri oder Nidiri, der 1775 einen großen Ausbruch hatte, in<lb/> welchem ein Lavaſtrom <hi rendition="#aq">(vio de fuego)</hi> in die Laguna de Leon<lb/> oder Managua floß und viele Fiſche toͤdtete. Nach der Lage des<lb/> Dorfes Nindiri zu urtheilen, war dieſe Erſcheinung ein Seiten-<lb/> Ausbruch des Maſaya. Jn Teneriffa habe ich auch oft von dem<lb/> Volcan de Chahorra als von einem Berge ſprechen hoͤren, der von<lb/> dem Pic verſchieden ſei! Es iſt in allen vulkaniſchen Laͤndern<lb/> ſehr gewoͤhnlich, eigentliche Vulkane und Seitenausbruͤche zu ver-<lb/> wechſeln. Wenn man von dem Volcan de Maſaya laͤngs der<lb/> Laguna de Tiscapa uͤber Nagaroti nach der Stadt Leon reiſet, ſo<lb/> ſieht man ſich oͤſtlich von dieſer Stadt, am noͤrdlichen Ende der<lb/> Laguna de Leon oder de Managua, den hohen Volcan de Momo-<lb/> tombo erheben; weiterhin zwiſchen Br. 12° 20′ und 13° 15, oder<lb/> zwiſchen der Stadt Leon und dem Meerbuſen von Amapala oder<lb/> Fonſeca, folgen die vier Volcane von Felica, del Viejo<note place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq">Dampier Voy. T. 1. p. 119.</hi> nennt ihn „auf 20 Seemeilen ſicht-<lb/> bar″, welches ihm ohne <hi rendition="#aq">Refraction</hi> nur 498 Toiſen Hoͤhe geben wird;<lb/> rechnet man 6 Meilen mehr, die der Volcan im Jnnern des Landes<lb/> liegt, ſo wird die Hoͤhe uͤber 840 Toiſen. Der General Laravia nennt<lb/> noch in ſeiner Statiſtik von Nicaragua zwiſchen den Vulkanen von<lb/> Telica und Momotombo den Volcan de Aſoſosca.</note> Giletepe<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [141/0013]
des Freiſtaats Guatemala.
„heit verbreitete ſich weit umher, wie das ſchreckliche Getoͤſe. Jn
„25 Meilen Entfernung ſah man das Feuer des Maſaya.″ Der-
ſelbe Volcan war im 16ten Jahrhundert ein ſonderbarer Gegen-
ſtand moͤnchiſchen Golddurſtes. Der Dominikaner Blas de Jñena
ließ ſich (ſo erzaͤhlt Gomara *) an einer Kette von 140 Brazas
Laͤnge, mit einem eiſernen Loͤffel bewaffnet, in den Krater herab.
Mit dem Loͤffel wollte er das geſchmolzene Gold (die fluͤſſige Lava!)
ſchoͤpfen. Der Loͤffel ſchmolz und der Moͤnch konnte ſich mit
Muͤhe retten. Die Nebenumſtaͤnde dieſer Geſchichte ſind gewiß
erdichtet, aber es iſt mehr als wahrſcheinlich, daß Jñena ſich in
den Krater wagte, und daß ſeine geſcheiterte Unternehmung den
Dechan (Dean) des geiſtlichen Kapitels von Leon dazu verleitete,
ſich von dem Koͤnige die Erlaubniß ausfertigen zu laſſen, „den
Volcan von Maſaya zu eroͤffnen und das Gold zu ſammeln,
welches dieſer Berg in ſeinem Jnnern verberge.″ Nahe bei dem
Maſaya nennt Juarros noch einen andern Volcan, den von
Nindiri oder Nidiri, der 1775 einen großen Ausbruch hatte, in
welchem ein Lavaſtrom (vio de fuego) in die Laguna de Leon
oder Managua floß und viele Fiſche toͤdtete. Nach der Lage des
Dorfes Nindiri zu urtheilen, war dieſe Erſcheinung ein Seiten-
Ausbruch des Maſaya. Jn Teneriffa habe ich auch oft von dem
Volcan de Chahorra als von einem Berge ſprechen hoͤren, der von
dem Pic verſchieden ſei! Es iſt in allen vulkaniſchen Laͤndern
ſehr gewoͤhnlich, eigentliche Vulkane und Seitenausbruͤche zu ver-
wechſeln. Wenn man von dem Volcan de Maſaya laͤngs der
Laguna de Tiscapa uͤber Nagaroti nach der Stadt Leon reiſet, ſo
ſieht man ſich oͤſtlich von dieſer Stadt, am noͤrdlichen Ende der
Laguna de Leon oder de Managua, den hohen Volcan de Momo-
tombo erheben; weiterhin zwiſchen Br. 12° 20′ und 13° 15, oder
zwiſchen der Stadt Leon und dem Meerbuſen von Amapala oder
Fonſeca, folgen die vier Volcane von Felica, del Viejo **) Giletepe
*) Fol. 112.
**) Dampier Voy. T. 1. p. 119. nennt ihn „auf 20 Seemeilen ſicht-
bar″, welches ihm ohne Refraction nur 498 Toiſen Hoͤhe geben wird;
rechnet man 6 Meilen mehr, die der Volcan im Jnnern des Landes
liegt, ſo wird die Hoͤhe uͤber 840 Toiſen. Der General Laravia nennt
noch in ſeiner Statiſtik von Nicaragua zwiſchen den Vulkanen von
Telica und Momotombo den Volcan de Aſoſosca.
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