lein während der Knechtschaft der Juden in Aegyp- ten vergassen sie die Kabbala gleichfalls. Gott theil- te sie indessen dem Moses wieder mit, als dieser sich vierzig Tage bei ihm auf dem Sinai aufhielt, um das Gesetz zu empfangen. Moses verfaßte sie in ein Buch, Majan Chochma, d. i. Brunnen der Weisheit, genannt. Jn der Babylonischen Ge- fangenschaft gieng es nicht besser mit der Kabba- la, als in Aegypten, und deßhalb ward sie nach- her auf göttlichen Antrieb von Esra, und den Propheten Haggai und Zacharias erneuert und hergestellt. So weit die jüdische Sage.
Nicht Vater Abraham, wie die Juden behaup- ten, sondern der Rabbi Akibha oder Akkiva war der Verfasser des vorhin erwähnten Buches Jezirah. Es ist eine lächerliche Eitelkeit dieses Vol- kes, daß es allen seinen Büchern ein höheres Al- terthum zuschreibt, als sie wirklich besitzen, und alberne Leichtgläubigkeit christlicher Schriftsteller ist es, wenn sie dergleichen Prahlereien für Wahrhei- ten annehmen. Jener Akibha lebte zu Ende des ersten und zu Anfange des zweiten Jahrhunderts nach Ch. G., und von ihm rühmen die Hebräer, Gott habe ihm Alles offenbart, was er dem Mo- ses verheimlichet hätte. Jndessen mußte Gott ihm doch manches verschwiegen haben. Er ließ sich von dem angeblichen Messias Barchocheba (vorher Coziba genannt) verleiten, dessen Parthei zu er-
lein waͤhrend der Knechtſchaft der Juden in Aegyp- ten vergaſſen ſie die Kabbala gleichfalls. Gott theil- te ſie indeſſen dem Moſes wieder mit, als dieſer ſich vierzig Tage bei ihm auf dem Sinai aufhielt, um das Geſetz zu empfangen. Moſes verfaßte ſie in ein Buch, Majan Chochma, d. i. Brunnen der Weisheit, genannt. Jn der Babyloniſchen Ge- fangenſchaft gieng es nicht beſſer mit der Kabba- la, als in Aegypten, und deßhalb ward ſie nach- her auf goͤttlichen Antrieb von Esra, und den Propheten Haggai und Zacharias erneuert und hergeſtellt. So weit die juͤdiſche Sage.
Nicht Vater Abraham, wie die Juden behaup- ten, ſondern der Rabbi Akibha oder Akkiva war der Verfaſſer des vorhin erwaͤhnten Buches Jezirah. Es iſt eine laͤcherliche Eitelkeit dieſes Vol- kes, daß es allen ſeinen Buͤchern ein hoͤheres Al- terthum zuſchreibt, als ſie wirklich beſitzen, und alberne Leichtglaͤubigkeit chriſtlicher Schriftſteller iſt es, wenn ſie dergleichen Prahlereien fuͤr Wahrhei- ten annehmen. Jener Akibha lebte zu Ende des erſten und zu Anfange des zweiten Jahrhunderts nach Ch. G., und von ihm ruͤhmen die Hebraͤer, Gott habe ihm Alles offenbart, was er dem Mo- ſes verheimlichet haͤtte. Jndeſſen mußte Gott ihm doch manches verſchwiegen haben. Er ließ ſich von dem angeblichen Meſſias Barchocheba (vorher Coziba genannt) verleiten, deſſen Parthei zu er-
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lein waͤhrend der Knechtſchaft der Juden in Aegyp-
ten vergaſſen ſie die Kabbala gleichfalls. Gott theil-
te ſie indeſſen dem Moſes wieder mit, als dieſer
ſich vierzig Tage bei ihm auf dem Sinai aufhielt,
um das Geſetz zu empfangen. Moſes verfaßte ſie
in ein Buch, Majan Chochma, d. i. Brunnen
der Weisheit, genannt. Jn der Babyloniſchen Ge-
fangenſchaft gieng es nicht beſſer mit der Kabba-
la, als in Aegypten, und deßhalb ward ſie nach-
her auf goͤttlichen Antrieb von Esra, und den
Propheten Haggai und Zacharias erneuert und
hergeſtellt. So weit die juͤdiſche Sage.
Nicht Vater Abraham, wie die Juden behaup-
ten, ſondern der Rabbi Akibha oder Akkiva
war der Verfaſſer des vorhin erwaͤhnten Buches
Jezirah. Es iſt eine laͤcherliche Eitelkeit dieſes Vol-
kes, daß es allen ſeinen Buͤchern ein hoͤheres Al-
terthum zuſchreibt, als ſie wirklich beſitzen, und
alberne Leichtglaͤubigkeit chriſtlicher Schriftſteller iſt
es, wenn ſie dergleichen Prahlereien fuͤr Wahrhei-
ten annehmen. Jener Akibha lebte zu Ende des
erſten und zu Anfange des zweiten Jahrhunderts
nach Ch. G., und von ihm ruͤhmen die Hebraͤer,
Gott habe ihm Alles offenbart, was er dem Mo-
ſes verheimlichet haͤtte. Jndeſſen mußte Gott ihm
doch manches verſchwiegen haben. Er ließ ſich von
dem angeblichen Meſſias Barchocheba (vorher
Coziba genannt) verleiten, deſſen Parthei zu er-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/119>, abgerufen am 21.11.2024.
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