Hätte ihr großer Gesetzgeber ihnen von Allem, was er gebot, das Gegentheil befohlen, so wäre vielleicht besser für ihre Sittlichkeit gesorgt worden, denn ihre Handlungen waren immer das Gegen- theil aller seiner Befehle.
Die Priesterkaste der Jsraeliten benutzte sehr schlau den Hang des Volks zum Abentheuerlichen; man errichtete eigene Prophetenschulen, die zum Theil nichts anders, als Bildungsanstalten für Wahrsager, Traumdeuter und dergleichen waren. Jch sage: zum Theil, denn schwerlich können wir alle Prophetenschulen unter diese Klasse zählen. Die- jenigen nehmen wir aus, in denen die Propheten (Seher oder Dichter) gebildet wurden, deren Schrif- ten wir noch besitzen. Was von diesen Schriften ursprüngliches Eigenthum der Verfasser oder späte- rer Zusatz sey, können wir nicht entscheiden. Daß die Werke der Propheten sich nicht immer in erster Reinheit erhalten haben, beweist die Masora, denn schwerlich würden die Juden sich der mühsamen Arbeit, welche die Abfassung dieses Werks erfoder- te, unterzogen haben, wenn sie nicht in den ver- schiedenen Abschriften der biblischen Bücher fremde Zusätze, Weglassungen und Aenderungen bemerkt hätten. Ob und in wie weit der von ihnen als richtig angenommene Text mit den Urschriften über- einstimme, wird man schwerlich entscheiden. Wer über den Geist und Jnhalt dieser Schriften sich
Haͤtte ihr großer Geſetzgeber ihnen von Allem, was er gebot, das Gegentheil befohlen, ſo waͤre vielleicht beſſer fuͤr ihre Sittlichkeit geſorgt worden, denn ihre Handlungen waren immer das Gegen- theil aller ſeiner Befehle.
Die Prieſterkaſte der Jſraeliten benutzte ſehr ſchlau den Hang des Volks zum Abentheuerlichen; man errichtete eigene Prophetenſchulen, die zum Theil nichts anders, als Bildungsanſtalten fuͤr Wahrſager, Traumdeuter und dergleichen waren. Jch ſage: zum Theil, denn ſchwerlich koͤnnen wir alle Prophetenſchulen unter dieſe Klaſſe zaͤhlen. Die- jenigen nehmen wir aus, in denen die Propheten (Seher oder Dichter) gebildet wurden, deren Schrif- ten wir noch beſitzen. Was von dieſen Schriften urſpruͤngliches Eigenthum der Verfaſſer oder ſpaͤte- rer Zuſatz ſey, koͤnnen wir nicht entſcheiden. Daß die Werke der Propheten ſich nicht immer in erſter Reinheit erhalten haben, beweist die Maſora, denn ſchwerlich wuͤrden die Juden ſich der muͤhſamen Arbeit, welche die Abfaſſung dieſes Werks erfoder- te, unterzogen haben, wenn ſie nicht in den ver- ſchiedenen Abſchriften der bibliſchen Buͤcher fremde Zuſaͤtze, Weglaſſungen und Aenderungen bemerkt haͤtten. Ob und in wie weit der von ihnen als richtig angenommene Text mit den Urſchriften uͤber- einſtimme, wird man ſchwerlich entſcheiden. Wer uͤber den Geiſt und Jnhalt dieſer Schriften ſich
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Haͤtte ihr großer Geſetzgeber ihnen von Allem,
was er gebot, das Gegentheil befohlen, ſo waͤre
vielleicht beſſer fuͤr ihre Sittlichkeit geſorgt worden,
denn ihre Handlungen waren immer das Gegen-
theil aller ſeiner Befehle.
Die Prieſterkaſte der Jſraeliten benutzte ſehr
ſchlau den Hang des Volks zum Abentheuerlichen;
man errichtete eigene Prophetenſchulen, die zum
Theil nichts anders, als Bildungsanſtalten fuͤr
Wahrſager, Traumdeuter und dergleichen waren.
Jch ſage: zum Theil, denn ſchwerlich koͤnnen wir
alle Prophetenſchulen unter dieſe Klaſſe zaͤhlen. Die-
jenigen nehmen wir aus, in denen die Propheten
(Seher oder Dichter) gebildet wurden, deren Schrif-
ten wir noch beſitzen. Was von dieſen Schriften
urſpruͤngliches Eigenthum der Verfaſſer oder ſpaͤte-
rer Zuſatz ſey, koͤnnen wir nicht entſcheiden. Daß
die Werke der Propheten ſich nicht immer in erſter
Reinheit erhalten haben, beweist die Maſora, denn
ſchwerlich wuͤrden die Juden ſich der muͤhſamen
Arbeit, welche die Abfaſſung dieſes Werks erfoder-
te, unterzogen haben, wenn ſie nicht in den ver-
ſchiedenen Abſchriften der bibliſchen Buͤcher fremde
Zuſaͤtze, Weglaſſungen und Aenderungen bemerkt
haͤtten. Ob und in wie weit der von ihnen als
richtig angenommene Text mit den Urſchriften uͤber-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/302>, abgerufen am 22.11.2024.
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