gründlich belehren will: der lese die Werke Herders und anderer vortrefflicher Männer darüber.
Daß die Sittensprüche des guten Sirach nicht gleichfalls in den Kanon aufgenommen wurden, kam vielleicht daher, weil er sagt: unweise Leute betrügen sich selbst mit thörichten Hoffnungen, und Narren verlassen sich auf Träume. Wer auf Träu- me hält, greift nach dem Schatten und will den Wind haschen. Träume sind nichts als Bilder ohne Wesen. Kap. 34. V. 1, 2, 3. Dieser Ausspruch konnte weder jüdischen, noch christlichen Freunden von Träumereien sehr willkommen seyn.
Jhren Gesetzgeber Moses halten die Hebräer für den größten und vortrefflichsten unter allen ih- ren Propheten. Er hat den höchsten Grad mensch- licher Weisheit und Vollkommenheit erreicht und muß den Engeln gleich geschätzt werden, und zwar aus folgenden, in ihrem Glaubensbekenntnisse ent- haltenen Gründen: 1) Gott redete mündlich, von Angesicht zu Angesicht mit Moses, hingegen mit den andern Propheten sprach er nur durch einen Engel oder eine Mittelsperson. 2) Moses empfieng seine Weissagungen von Gott bei Tage, von Mund zu Mund, und in Gegenwart der Cherubim 2 B. Mos. 25. V. 22. Den übrigen Propheten wurden ihre Offenbarungen durch einen Traum in der Nacht, oder durch einen tiefen Schlaf am Tage, wo der ganze Leib erstarrte, und blos die Seele ihre Kräfte behielt, zu Theil. 3) Wenn der Geist
gruͤndlich belehren will: der leſe die Werke Herders und anderer vortrefflicher Maͤnner daruͤber.
Daß die Sittenſpruͤche des guten Sirach nicht gleichfalls in den Kanon aufgenommen wurden, kam vielleicht daher, weil er ſagt: unweiſe Leute betruͤgen ſich ſelbſt mit thoͤrichten Hoffnungen, und Narren verlaſſen ſich auf Traͤume. Wer auf Traͤu- me haͤlt, greift nach dem Schatten und will den Wind haſchen. Traͤume ſind nichts als Bilder ohne Weſen. Kap. 34. V. 1, 2, 3. Dieſer Ausſpruch konnte weder juͤdiſchen, noch chriſtlichen Freunden von Traͤumereien ſehr willkommen ſeyn.
Jhren Geſetzgeber Moſes halten die Hebraͤer fuͤr den groͤßten und vortrefflichſten unter allen ih- ren Propheten. Er hat den hoͤchſten Grad menſch- licher Weisheit und Vollkommenheit erreicht und muß den Engeln gleich geſchaͤtzt werden, und zwar aus folgenden, in ihrem Glaubensbekenntniſſe ent- haltenen Gruͤnden: 1) Gott redete muͤndlich, von Angeſicht zu Angeſicht mit Moſes, hingegen mit den andern Propheten ſprach er nur durch einen Engel oder eine Mittelsperſon. 2) Moſes empfieng ſeine Weiſſagungen von Gott bei Tage, von Mund zu Mund, und in Gegenwart der Cherubim 2 B. Moſ. 25. V. 22. Den uͤbrigen Propheten wurden ihre Offenbarungen durch einen Traum in der Nacht, oder durch einen tiefen Schlaf am Tage, wo der ganze Leib erſtarrte, und blos die Seele ihre Kraͤfte behielt, zu Theil. 3) Wenn der Geiſt
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gruͤndlich belehren will: der leſe die Werke Herders
und anderer vortrefflicher Maͤnner daruͤber.
Daß die Sittenſpruͤche des guten Sirach nicht
gleichfalls in den Kanon aufgenommen wurden,
kam vielleicht daher, weil er ſagt: unweiſe Leute
betruͤgen ſich ſelbſt mit thoͤrichten Hoffnungen, und
Narren verlaſſen ſich auf Traͤume. Wer auf Traͤu-
me haͤlt, greift nach dem Schatten und will den
Wind haſchen. Traͤume ſind nichts als Bilder ohne
Weſen. Kap. 34. V. 1, 2, 3. Dieſer Ausſpruch
konnte weder juͤdiſchen, noch chriſtlichen Freunden
von Traͤumereien ſehr willkommen ſeyn.
Jhren Geſetzgeber Moſes halten die Hebraͤer
fuͤr den groͤßten und vortrefflichſten unter allen ih-
ren Propheten. Er hat den hoͤchſten Grad menſch-
licher Weisheit und Vollkommenheit erreicht und
muß den Engeln gleich geſchaͤtzt werden, und zwar
aus folgenden, in ihrem Glaubensbekenntniſſe ent-
haltenen Gruͤnden: 1) Gott redete muͤndlich, von
Angeſicht zu Angeſicht mit Moſes, hingegen mit
den andern Propheten ſprach er nur durch einen
Engel oder eine Mittelsperſon. 2) Moſes empfieng
ſeine Weiſſagungen von Gott bei Tage, von Mund
zu Mund, und in Gegenwart der Cherubim 2 B.
Moſ. 25. V. 22. Den uͤbrigen Propheten wurden
ihre Offenbarungen durch einen Traum in der
Nacht, oder durch einen tiefen Schlaf am Tage,
wo der ganze Leib erſtarrte, und blos die Seele
ihre Kraͤfte behielt, zu Theil. 3) Wenn der Geiſt
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/303>, abgerufen am 22.11.2024.
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