Löwe aus dem Walde Jlai oder Ela. Ein römi- scher Kaiser sprach zu dem Rabbi Jehoscha, des Chananja Sohn: Euer Gott wird einem Löwen ver- glichen: der Löwe brüllt, wer sollte sich nicht fürch- ten *)? Ein einziger Ritter tödtet aber ja einen Löwen; wie kann er denn so fürchterlich seyn? Der Rabbi antwortete: es ist kein gewöhnlicher Löwe, von dem der Prophet redet; sondern jener, der im Walde Jlai wohnt. Als nun der Kaiser diesen Lö- wen zu sehen begehrte, flehete Rabbi Jehoscha ge- segneten Andenkens um Barmherzigkeit zu Gott, und bat den Löwen zu schicken. Da ward derselbe aus dem Walde Jlai entlassen, und brüllte, als er vierhundert Meilen von dem Kaiser entfernt war, zum ersten Mal, so daß alle Mauern der Stadt Rom einstürzten, und alle Schwangern zur Unzeit entbunden wurden. Der Löwe war noch dreihun- dert Meilen von Rom, da brüllte er zum zweiten Male, daß allen Leuten die Zähne ausfielen **), und der Kaiser selbst vom Thron stürzte. Jch bitte dich, rief der erschrockene Monarch, flehe zu Gott um Barmherzigkeit, daß er den Löwen in seinen Wald zurück bringe, damit nicht das ganze Land umkomme ***).
*) Amos 3. V. 8.
**) Blos der Rabbi Jehoscha behielt die seinigen.
***) M. s. das talmudische Buch Chollim.
Loͤwe aus dem Walde Jlai oder Ela. Ein roͤmi- ſcher Kaiſer ſprach zu dem Rabbi Jehoſcha, des Chananja Sohn: Euer Gott wird einem Loͤwen ver- glichen: der Loͤwe bruͤllt, wer ſollte ſich nicht fuͤrch- ten *)? Ein einziger Ritter toͤdtet aber ja einen Loͤwen; wie kann er denn ſo fuͤrchterlich ſeyn? Der Rabbi antwortete: es iſt kein gewoͤhnlicher Loͤwe, von dem der Prophet redet; ſondern jener, der im Walde Jlai wohnt. Als nun der Kaiſer dieſen Loͤ- wen zu ſehen begehrte, flehete Rabbi Jehoſcha ge- ſegneten Andenkens um Barmherzigkeit zu Gott, und bat den Loͤwen zu ſchicken. Da ward derſelbe aus dem Walde Jlai entlaſſen, und bruͤllte, als er vierhundert Meilen von dem Kaiſer entfernt war, zum erſten Mal, ſo daß alle Mauern der Stadt Rom einſtuͤrzten, und alle Schwangern zur Unzeit entbunden wurden. Der Loͤwe war noch dreihun- dert Meilen von Rom, da bruͤllte er zum zweiten Male, daß allen Leuten die Zaͤhne ausfielen **), und der Kaiſer ſelbſt vom Thron ſtuͤrzte. Jch bitte dich, rief der erſchrockene Monarch, flehe zu Gott um Barmherzigkeit, daß er den Loͤwen in ſeinen Wald zuruͤck bringe, damit nicht das ganze Land umkomme ***).
*) Amos 3. V. 8.
**) Blos der Rabbi Jehoſcha behielt die ſeinigen.
***) M. ſ. das talmudiſche Buch Chollim.
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Loͤwe aus dem Walde Jlai oder Ela. Ein roͤmi-
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Chananja Sohn: Euer Gott wird einem Loͤwen ver-
glichen: der Loͤwe bruͤllt, wer ſollte ſich nicht fuͤrch-
ten *)? Ein einziger Ritter toͤdtet aber ja einen
Loͤwen; wie kann er denn ſo fuͤrchterlich ſeyn? Der
Rabbi antwortete: es iſt kein gewoͤhnlicher Loͤwe,
von dem der Prophet redet; ſondern jener, der im
Walde Jlai wohnt. Als nun der Kaiſer dieſen Loͤ-
wen zu ſehen begehrte, flehete Rabbi Jehoſcha ge-
ſegneten Andenkens um Barmherzigkeit zu Gott,
und bat den Loͤwen zu ſchicken. Da ward derſelbe
aus dem Walde Jlai entlaſſen, und bruͤllte, als er
vierhundert Meilen von dem Kaiſer entfernt war,
zum erſten Mal, ſo daß alle Mauern der Stadt
Rom einſtuͤrzten, und alle Schwangern zur Unzeit
entbunden wurden. Der Loͤwe war noch dreihun-
dert Meilen von Rom, da bruͤllte er zum zweiten
Male, daß allen Leuten die Zaͤhne ausfielen **),
und der Kaiſer ſelbſt vom Thron ſtuͤrzte. Jch bitte
dich, rief der erſchrockene Monarch, flehe zu Gott
um Barmherzigkeit, daß er den Loͤwen in ſeinen
Wald zuruͤck bringe, damit nicht das ganze Land
umkomme ***).
*) Amos 3. V. 8.
**) Blos der Rabbi Jehoſcha behielt die ſeinigen.
***) M. ſ. das talmudiſche Buch Chollim.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/345>, abgerufen am 22.11.2024.
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