Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

Nicht allein Bileams Esel, auch jener des Rab-
bi Chaninna sprach: Dieser gottesfürchtige Esel
ward einmal von abgöttischen Räubern gestohlen,
und wollte daher weder fressen noch saufen, wes-
halb man ihn laufen ließ. Er kehrte gerades We-
ges zu seinem Herrn zurück, und rief, als ihm die-
ser entgegen kam, voll Freude ihm zu: mein Vater!
mein Vater! Rabbi Chaninna freuete sich gleichfalls
herzlich über den wieder gefundenen Sohn, gab
ihm zu essen und zu trinken, und der Esel speiste
mit großem Appetit *).

Das Pflanzenreich der Juden ist eben so rie-
senmäßig, wie ihr Thierreich. Der Rabbi Simeon,
des Takalika Sohn, erbte von seinem Vater einen
Kohlstrauch, und mußte mit seinen Geschwistern auf
einer großen Leiter hinauf steigen, um die Blätter
zu brechen. -- Dem Rabbi Joseph hinterließ sein
Vater drei Aeste der Staude eines Senfkörnchens.
Als einer derselben gespalten und ausgedroschen war,
hatte man neun Rab (zweihundert und sechzehn Eier-
schalen voll) Senfkörner, und von dem Holze die-
ses einzelnen Astes wurde ein großes Haus gebauet.
-- Ein Fuchs machte sich einst ein Lager in einer
Rübe und bekam Junge darin. Diese Rübe war ganz
voll Höhlen und Gänge, welche der Fuchs sich ge-
wölbt hatte, und dennoch wog sie sechzig Pfund

*) M. s. das Buch Avoth des Rabbi Nathan.

Nicht allein Bileams Eſel, auch jener des Rab-
bi Chaninna ſprach: Dieſer gottesfuͤrchtige Eſel
ward einmal von abgoͤttiſchen Raͤubern geſtohlen,
und wollte daher weder freſſen noch ſaufen, wes-
halb man ihn laufen ließ. Er kehrte gerades We-
ges zu ſeinem Herrn zuruͤck, und rief, als ihm die-
ſer entgegen kam, voll Freude ihm zu: mein Vater!
mein Vater! Rabbi Chaninna freuete ſich gleichfalls
herzlich uͤber den wieder gefundenen Sohn, gab
ihm zu eſſen und zu trinken, und der Eſel ſpeiste
mit großem Appetit *).

Das Pflanzenreich der Juden iſt eben ſo rie-
ſenmaͤßig, wie ihr Thierreich. Der Rabbi Simeon,
des Takalika Sohn, erbte von ſeinem Vater einen
Kohlſtrauch, und mußte mit ſeinen Geſchwiſtern auf
einer großen Leiter hinauf ſteigen, um die Blaͤtter
zu brechen. — Dem Rabbi Joſeph hinterließ ſein
Vater drei Aeſte der Staude eines Senfkoͤrnchens.
Als einer derſelben geſpalten und ausgedroſchen war,
hatte man neun Rab (zweihundert und ſechzehn Eier-
ſchalen voll) Senfkoͤrner, und von dem Holze die-
ſes einzelnen Aſtes wurde ein großes Haus gebauet.
— Ein Fuchs machte ſich einſt ein Lager in einer
Ruͤbe und bekam Junge darin. Dieſe Ruͤbe war ganz
voll Hoͤhlen und Gaͤnge, welche der Fuchs ſich ge-
woͤlbt hatte, und dennoch wog ſie ſechzig Pfund

*) M. ſ. das Buch Avoth des Rabbi Nathan.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0346" n="312"/>
        <p>Nicht allein Bileams E&#x017F;el, auch jener des Rab-<lb/>
bi Chaninna &#x017F;prach: Die&#x017F;er gottesfu&#x0364;rchtige E&#x017F;el<lb/>
ward einmal von abgo&#x0364;tti&#x017F;chen Ra&#x0364;ubern ge&#x017F;tohlen,<lb/>
und wollte daher weder fre&#x017F;&#x017F;en noch &#x017F;aufen, wes-<lb/>
halb man ihn laufen ließ. Er kehrte gerades We-<lb/>
ges zu &#x017F;einem Herrn zuru&#x0364;ck, und rief, als ihm die-<lb/>
&#x017F;er entgegen kam, voll Freude ihm zu: mein Vater!<lb/>
mein Vater! Rabbi Chaninna freuete &#x017F;ich gleichfalls<lb/>
herzlich u&#x0364;ber den wieder gefundenen Sohn, gab<lb/>
ihm zu e&#x017F;&#x017F;en und zu trinken, und der E&#x017F;el &#x017F;peiste<lb/>
mit großem Appetit <note place="foot" n="*)">M. &#x017F;. das Buch Avoth des Rabbi Nathan.</note>.</p><lb/>
        <p>Das Pflanzenreich der Juden i&#x017F;t eben &#x017F;o rie-<lb/>
&#x017F;enma&#x0364;ßig, wie ihr Thierreich. Der Rabbi Simeon,<lb/>
des Takalika Sohn, erbte von &#x017F;einem Vater einen<lb/>
Kohl&#x017F;trauch, und mußte mit &#x017F;einen Ge&#x017F;chwi&#x017F;tern auf<lb/>
einer großen Leiter hinauf &#x017F;teigen, um die Bla&#x0364;tter<lb/>
zu brechen. &#x2014; Dem Rabbi Jo&#x017F;eph hinterließ &#x017F;ein<lb/>
Vater drei Ae&#x017F;te der Staude eines Senfko&#x0364;rnchens.<lb/>
Als einer der&#x017F;elben ge&#x017F;palten und ausgedro&#x017F;chen war,<lb/>
hatte man neun Rab (zweihundert und &#x017F;echzehn Eier-<lb/>
&#x017F;chalen voll) Senfko&#x0364;rner, und von dem Holze die-<lb/>
&#x017F;es einzelnen A&#x017F;tes wurde ein großes Haus gebauet.<lb/>
&#x2014; Ein Fuchs machte &#x017F;ich ein&#x017F;t ein Lager in einer<lb/>
Ru&#x0364;be und bekam Junge darin. Die&#x017F;e Ru&#x0364;be war ganz<lb/>
voll Ho&#x0364;hlen und Ga&#x0364;nge, welche der Fuchs &#x017F;ich ge-<lb/>
wo&#x0364;lbt hatte, und dennoch wog &#x017F;ie &#x017F;echzig Pfund<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[312/0346] Nicht allein Bileams Eſel, auch jener des Rab- bi Chaninna ſprach: Dieſer gottesfuͤrchtige Eſel ward einmal von abgoͤttiſchen Raͤubern geſtohlen, und wollte daher weder freſſen noch ſaufen, wes- halb man ihn laufen ließ. Er kehrte gerades We- ges zu ſeinem Herrn zuruͤck, und rief, als ihm die- ſer entgegen kam, voll Freude ihm zu: mein Vater! mein Vater! Rabbi Chaninna freuete ſich gleichfalls herzlich uͤber den wieder gefundenen Sohn, gab ihm zu eſſen und zu trinken, und der Eſel ſpeiste mit großem Appetit *). Das Pflanzenreich der Juden iſt eben ſo rie- ſenmaͤßig, wie ihr Thierreich. Der Rabbi Simeon, des Takalika Sohn, erbte von ſeinem Vater einen Kohlſtrauch, und mußte mit ſeinen Geſchwiſtern auf einer großen Leiter hinauf ſteigen, um die Blaͤtter zu brechen. — Dem Rabbi Joſeph hinterließ ſein Vater drei Aeſte der Staude eines Senfkoͤrnchens. Als einer derſelben geſpalten und ausgedroſchen war, hatte man neun Rab (zweihundert und ſechzehn Eier- ſchalen voll) Senfkoͤrner, und von dem Holze die- ſes einzelnen Aſtes wurde ein großes Haus gebauet. — Ein Fuchs machte ſich einſt ein Lager in einer Ruͤbe und bekam Junge darin. Dieſe Ruͤbe war ganz voll Hoͤhlen und Gaͤnge, welche der Fuchs ſich ge- woͤlbt hatte, und dennoch wog ſie ſechzig Pfund *) M. ſ. das Buch Avoth des Rabbi Nathan.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/346
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/346>, abgerufen am 22.11.2024.