und begriff man, daß nicht Aberglaube, pfäffischer Eigennutz und despotische Willkühr, sondern Ver- nunft und Gerechtigkeit die dauerndsten Grundla- gen der Regierungen, und die Liebe der Völker das beste Salböl der Könige sind, und in Folge dieses Grundsatzes kam das, den Juden nachgeahmte Sal- ben und Krönen der Regenten durch Pfaffenhand in den meisten christlichen Reichen außer Gebrauch.
Der furchtbare Druck weltlicher und geistlicher Herrscher der Vorwelt erzeugte in manchem beäng- steten Gemüth den eben so natürlichen, als mensch- lichen Wunsch, daß ein großer Erretter, ein Be- freier von der tyrannischen Schmach erscheinen und einen bessern Zustand der Dinge herbeiführen möchte. Die Hoffnung auf einen solchen, blos weltlichen, Erlöser verwandelte sich häufig in Ue- berzeugung, und Einer tröstete den Andern mit der Zukunft, auch wohl mit dem Beispiele dieses oder jenes Volks, dem bereits einer oder mehrere solcher Heilande erschienen waren, die man dann gewöhnlich (wie z. B. den Apoll, den Herkules u. a.) zu Göttersöhnen und zu Göttern erhob. So bildeten sich jene Sagen und Mythen der heidni- schen Völker von göttlichen Erlösern des Menschen- geschlechts, die aber keinesweges als Ueberbleibsel der Kunde von einer in den Zeiten der Urwelt statt gefundenen Verheissung des Messias betrachtet wer- den können, und auf unsern Heiland Jesus Chri- stus nie die entfernteste Beziehung hatten.
I. Bändchen. 5
und begriff man, daß nicht Aberglaube, pfaͤffiſcher Eigennutz und despotiſche Willkuͤhr, ſondern Ver- nunft und Gerechtigkeit die dauerndſten Grundla- gen der Regierungen, und die Liebe der Voͤlker das beſte Salboͤl der Koͤnige ſind, und in Folge dieſes Grundſatzes kam das, den Juden nachgeahmte Sal- ben und Kroͤnen der Regenten durch Pfaffenhand in den meiſten chriſtlichen Reichen außer Gebrauch.
Der furchtbare Druck weltlicher und geiſtlicher Herrſcher der Vorwelt erzeugte in manchem beaͤng- ſteten Gemuͤth den eben ſo natuͤrlichen, als menſch- lichen Wunſch, daß ein großer Erretter, ein Be- freier von der tyranniſchen Schmach erſcheinen und einen beſſern Zuſtand der Dinge herbeifuͤhren moͤchte. Die Hoffnung auf einen ſolchen, blos weltlichen, Erloͤſer verwandelte ſich haͤufig in Ue- berzeugung, und Einer troͤſtete den Andern mit der Zukunft, auch wohl mit dem Beiſpiele dieſes oder jenes Volks, dem bereits einer oder mehrere ſolcher Heilande erſchienen waren, die man dann gewoͤhnlich (wie z. B. den Apoll, den Herkules u. a.) zu Goͤtterſoͤhnen und zu Goͤttern erhob. So bildeten ſich jene Sagen und Mythen der heidni- ſchen Voͤlker von goͤttlichen Erloͤſern des Menſchen- geſchlechts, die aber keinesweges als Ueberbleibſel der Kunde von einer in den Zeiten der Urwelt ſtatt gefundenen Verheiſſung des Meſſias betrachtet wer- den koͤnnen, und auf unſern Heiland Jeſus Chri- ſtus nie die entfernteſte Beziehung hatten.
I. Baͤndchen. 5
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und begriff man, daß nicht Aberglaube, pfaͤffiſcher
Eigennutz und despotiſche Willkuͤhr, ſondern Ver-
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gen der Regierungen, und die Liebe der Voͤlker das
beſte Salboͤl der Koͤnige ſind, und in Folge dieſes
Grundſatzes kam das, den Juden nachgeahmte Sal-
ben und Kroͤnen der Regenten durch Pfaffenhand
in den meiſten chriſtlichen Reichen außer Gebrauch.
Der furchtbare Druck weltlicher und geiſtlicher
Herrſcher der Vorwelt erzeugte in manchem beaͤng-
ſteten Gemuͤth den eben ſo natuͤrlichen, als menſch-
lichen Wunſch, daß ein großer Erretter, ein Be-
freier von der tyranniſchen Schmach erſcheinen
und einen beſſern Zuſtand der Dinge herbeifuͤhren
moͤchte. Die Hoffnung auf einen ſolchen, blos
weltlichen, Erloͤſer verwandelte ſich haͤufig in Ue-
berzeugung, und Einer troͤſtete den Andern mit
der Zukunft, auch wohl mit dem Beiſpiele dieſes
oder jenes Volks, dem bereits einer oder mehrere
ſolcher Heilande erſchienen waren, die man dann
gewoͤhnlich (wie z. B. den Apoll, den Herkules u.
a.) zu Goͤtterſoͤhnen und zu Goͤttern erhob. So
bildeten ſich jene Sagen und Mythen der heidni-
ſchen Voͤlker von goͤttlichen Erloͤſern des Menſchen-
geſchlechts, die aber keinesweges als Ueberbleibſel
der Kunde von einer in den Zeiten der Urwelt ſtatt
gefundenen Verheiſſung des Meſſias betrachtet wer-
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ſtus nie die entfernteſte Beziehung hatten.
I. Baͤndchen. 5
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/51>, abgerufen am 21.11.2024.
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