Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.Geduld und Nachsicht gegen die Schwachheiten und sten *) "Das Christenthum, sagt Herder im vierten
Theile seiner Jdeen zur Geschichte der Menschheit, das Christenthum hatte eine Be- kenntnißformel, mit welcher man zu ihm eintrat; so einfach diese war, so sind mit der Zeit aus den drei unschuldigen Worten Vater, Sohn und Geist so viele Unruhen, Verfolgungen und Aer- gernisse hervorgegangen, als schwerlich aus drei an- dern Worten der menschlichen Sprache. Je mehr man von dem Jnstitut des Christenthums als von Geduld und Nachſicht gegen die Schwachheiten und ſten *) „Das Chriſtenthum, ſagt Herder im vierten
Theile ſeiner Jdeen zur Geſchichte der Menſchheit, das Chriſtenthum hatte eine Be- kenntnißformel, mit welcher man zu ihm eintrat; ſo einfach dieſe war, ſo ſind mit der Zeit aus den drei unſchuldigen Worten Vater, Sohn und Geiſt ſo viele Unruhen, Verfolgungen und Aer- gerniſſe hervorgegangen, als ſchwerlich aus drei an- dern Worten der menſchlichen Sprache. Je mehr man von dem Jnſtitut des Chriſtenthums als von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0066" n="32"/> Geduld und Nachſicht gegen die Schwachheiten und<lb/> Fehler Anderer, der Gerechtigkeit und Sinnesrein-<lb/> heit entwichen, und an ihre Stelle traten pracht-<lb/> volle Kirchen, Altaͤre und Kloͤſter; ein angſtvolles,<lb/> argwoͤhniſches Wachen uͤber unverſtaͤndliche und un-<lb/> verſtaͤndige Glaubenslehren, und unnuͤtze myſtiſche<lb/> Gebraͤuche; Pfaffenherrſchſucht, Pfaffenwillkuͤhr und<lb/> Eigennutz, und beſonders Groll, Haß, Rachgier<lb/> und Unverſoͤhnlichkeit gegen diejenigen, von denen<lb/> man fruͤher verfolgt worden war; denn nun wur-<lb/> den die, welche vormals ſo tief unter dem Drucke<lb/> geſeufzet hatten, ſelbſt die aͤrgſten Bedruͤcker. Kon-<lb/> zilien von Prieſtern, angeblich voll des heiligen<lb/> Geiſtes, in der That aber voll ſuͤßen Weins, er-<lb/> ſannen und ordneten, ſo wie ihre Glanzſucht, ihr<lb/> ſchmutziger Geiz, ihr toller Duͤnkel es heiſchten,<lb/> wahnſinnige Dogmen und alberne Formen an, de-<lb/> ren Nichtannahme ſie mit zeitlichem Tode und ewi-<lb/> ger Verdammniß verpoͤnten. <note xml:id="seg2pn_6_1" next="#seg2pn_6_2" place="foot" n="*)">„Das Chriſtenthum, ſagt <hi rendition="#g">Herder</hi> im vierten<lb/> Theile ſeiner <hi rendition="#g">Jdeen zur Geſchichte der<lb/> Menſchheit,</hi> das Chriſtenthum hatte eine Be-<lb/> kenntnißformel, mit welcher man zu ihm eintrat;<lb/> ſo einfach dieſe war, ſo ſind mit der Zeit aus den<lb/> drei unſchuldigen Worten <hi rendition="#g">Vater, Sohn</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Geiſt</hi> ſo viele Unruhen, Verfolgungen und Aer-<lb/> gerniſſe hervorgegangen, als ſchwerlich aus drei an-<lb/> dern Worten der menſchlichen Sprache. Je mehr<lb/> man von dem Jnſtitut des Chriſtenthums als von</note> Sie hetzten Chri-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">ſten</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [32/0066]
Geduld und Nachſicht gegen die Schwachheiten und
Fehler Anderer, der Gerechtigkeit und Sinnesrein-
heit entwichen, und an ihre Stelle traten pracht-
volle Kirchen, Altaͤre und Kloͤſter; ein angſtvolles,
argwoͤhniſches Wachen uͤber unverſtaͤndliche und un-
verſtaͤndige Glaubenslehren, und unnuͤtze myſtiſche
Gebraͤuche; Pfaffenherrſchſucht, Pfaffenwillkuͤhr und
Eigennutz, und beſonders Groll, Haß, Rachgier
und Unverſoͤhnlichkeit gegen diejenigen, von denen
man fruͤher verfolgt worden war; denn nun wur-
den die, welche vormals ſo tief unter dem Drucke
geſeufzet hatten, ſelbſt die aͤrgſten Bedruͤcker. Kon-
zilien von Prieſtern, angeblich voll des heiligen
Geiſtes, in der That aber voll ſuͤßen Weins, er-
ſannen und ordneten, ſo wie ihre Glanzſucht, ihr
ſchmutziger Geiz, ihr toller Duͤnkel es heiſchten,
wahnſinnige Dogmen und alberne Formen an, de-
ren Nichtannahme ſie mit zeitlichem Tode und ewi-
ger Verdammniß verpoͤnten. *) Sie hetzten Chri-
ſten
*) „Das Chriſtenthum, ſagt Herder im vierten
Theile ſeiner Jdeen zur Geſchichte der
Menſchheit, das Chriſtenthum hatte eine Be-
kenntnißformel, mit welcher man zu ihm eintrat;
ſo einfach dieſe war, ſo ſind mit der Zeit aus den
drei unſchuldigen Worten Vater, Sohn und
Geiſt ſo viele Unruhen, Verfolgungen und Aer-
gerniſſe hervorgegangen, als ſchwerlich aus drei an-
dern Worten der menſchlichen Sprache. Je mehr
man von dem Jnſtitut des Chriſtenthums als von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |