ihnen Muth und Vertrauen, und zugleich ein Ge- fühl menschlicher Würde zu geben, welches ihnen ganz fremd war. Damit sie sich auch an Enthalt- samkeit und Mäßigkeit gewöhnen möchten, ordnete Moses gewisse Fasttage an, und um sich und seiner Familie eine dauernde Stütze zu verschaffen, setzte er, nach dem Vorbilde der Aegypter, eine Priester- kaste ein, wozu er den Stamm Levi, aus welchem er selbst entsprossen war, wählte. Dieser priester- lichen Kaste sicherte er den größten Antheil an der Regierung, hohes Ansehen und sehr bedeutende Ein- künfte zu. Die Leviten wurden unter die ganze Nation vertheilt, um allenthalben getreue Wächter der obersten Gewalthaber zu seyn. Um ihnen noch mehr Heiligkeit, Würde und Glanz zu geben, wur- den sie ausschließlich zu Hütern des Gesetzes, wel- ches anfangs in der Stiftshütte, späterhin im Tem- pel aufbewahrt ward, bestellt, und ein kostbarer Tempeldienst, den sie allein zu besorgen hatten, ward angeordnet.
So war eine Theokratie gegründet, die selbst nach Einführung des weltlichen Königthums nicht erlosch; denn die Priester blieben fortwährend Rich- ter in geistlichen Sachen, nahmen den vorzüglichsten Antheil an der Leitung der öffentlichen Angelegen- heiten, setzten Könige ab und ein, ohne Verant- wortlichkeit gegen die weltliche Macht, und genoßen bei einem gemächlichen Leben, sehr großes Ansehen und glänzende Einkünfte.
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ihnen Muth und Vertrauen, und zugleich ein Ge- fuͤhl menſchlicher Wuͤrde zu geben, welches ihnen ganz fremd war. Damit ſie ſich auch an Enthalt- ſamkeit und Maͤßigkeit gewoͤhnen moͤchten, ordnete Moſes gewiſſe Faſttage an, und um ſich und ſeiner Familie eine dauernde Stuͤtze zu verſchaffen, ſetzte er, nach dem Vorbilde der Aegypter, eine Prieſter- kaſte ein, wozu er den Stamm Levi, aus welchem er ſelbſt entſproſſen war, waͤhlte. Dieſer prieſter- lichen Kaſte ſicherte er den groͤßten Antheil an der Regierung, hohes Anſehen und ſehr bedeutende Ein- kuͤnfte zu. Die Leviten wurden unter die ganze Nation vertheilt, um allenthalben getreue Waͤchter der oberſten Gewalthaber zu ſeyn. Um ihnen noch mehr Heiligkeit, Wuͤrde und Glanz zu geben, wur- den ſie ausſchließlich zu Huͤtern des Geſetzes, wel- ches anfangs in der Stiftshuͤtte, ſpaͤterhin im Tem- pel aufbewahrt ward, beſtellt, und ein koſtbarer Tempeldienſt, den ſie allein zu beſorgen hatten, ward angeordnet.
So war eine Theokratie gegruͤndet, die ſelbſt nach Einfuͤhrung des weltlichen Koͤnigthums nicht erloſch; denn die Prieſter blieben fortwaͤhrend Rich- ter in geiſtlichen Sachen, nahmen den vorzuͤglichſten Antheil an der Leitung der oͤffentlichen Angelegen- heiten, ſetzten Koͤnige ab und ein, ohne Verant- wortlichkeit gegen die weltliche Macht, und genoßen bei einem gemaͤchlichen Leben, ſehr großes Anſehen und glaͤnzende Einkuͤnfte.
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ihnen Muth und Vertrauen, und zugleich ein Ge-
fuͤhl menſchlicher Wuͤrde zu geben, welches ihnen
ganz fremd war. Damit ſie ſich auch an Enthalt-
ſamkeit und Maͤßigkeit gewoͤhnen moͤchten, ordnete
Moſes gewiſſe Faſttage an, und um ſich und ſeiner
Familie eine dauernde Stuͤtze zu verſchaffen, ſetzte
er, nach dem Vorbilde der Aegypter, eine Prieſter-
kaſte ein, wozu er den Stamm Levi, aus welchem
er ſelbſt entſproſſen war, waͤhlte. Dieſer prieſter-
lichen Kaſte ſicherte er den groͤßten Antheil an der
Regierung, hohes Anſehen und ſehr bedeutende Ein-
kuͤnfte zu. Die Leviten wurden unter die ganze
Nation vertheilt, um allenthalben getreue Waͤchter
der oberſten Gewalthaber zu ſeyn. Um ihnen noch
mehr Heiligkeit, Wuͤrde und Glanz zu geben, wur-
den ſie ausſchließlich zu Huͤtern des Geſetzes, wel-
ches anfangs in der Stiftshuͤtte, ſpaͤterhin im Tem-
pel aufbewahrt ward, beſtellt, und ein koſtbarer
Tempeldienſt, den ſie allein zu beſorgen hatten,
ward angeordnet.
So war eine Theokratie gegruͤndet, die ſelbſt
nach Einfuͤhrung des weltlichen Koͤnigthums nicht
erloſch; denn die Prieſter blieben fortwaͤhrend Rich-
ter in geiſtlichen Sachen, nahmen den vorzuͤglichſten
Antheil an der Leitung der oͤffentlichen Angelegen-
heiten, ſetzten Koͤnige ab und ein, ohne Verant-
wortlichkeit gegen die weltliche Macht, und genoßen
bei einem gemaͤchlichen Leben, ſehr großes Anſehen
und glaͤnzende Einkuͤnfte.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/77>, abgerufen am 24.11.2024.
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