Die Erklärung für einen Bar Mitzvah ge- schieht auf folgende Weise. Der Vater ladet ein Minian (wenigstens zehn) erwachsene Juden männ- lichen Geschlechts ein, und zeigt ihnen an: sein Sohn sey dreizehn Jahr alt; kenne die Gebote und alle Arten des Gebrauchs der Zizis und Tephillim; wisse seine Gebete (Benschen) gut herzusagen, und deshalb wolle er, der Vater, von ihm befreiet und entledigt (patur) seyn, da der Sohn als Bar Mitzvah seine Sünden und deren Strafen von jetzt an selbst tragen könne. Wenn diese Erklärung von den Anwesenden genehmigt worden, dankt der Va- ter in einem kurzen Gebet dem heiligen, hochgelob- ten Gott, daß er ihn von den Sünden und Stra- fen des Sohnes losgesprochen habe, und flehet ihn an, er möge den neuen Bar Mitzvah recht fromm, klug, alt und vor Allem recht reich werden lassen.
Soll der Bar Mitzvah noch weiter etwas ler- nen, so studiert er vom dreizehnten bis zum sech- zehnten Jahre die Gemara, und nachher, oft aber auch weit früher, wenn die bösen Gojim es nur leiden wollen, wird geheirathet.
Der gewöhnliche Schulunterricht ist also fast ganz auf Religionslehre, Rechnen und Schreiben mit hebräischen Schriftzügen beschränkt; denn selten findet sich ein Schulmeister, der fertig deutsch lesen und schreiben kann, und versteht er wirklich so viel, dann läßt er sich seine Stunden besonders bezahlen.
Die Erklaͤrung fuͤr einen Bar Mitzvah ge- ſchieht auf folgende Weiſe. Der Vater ladet ein Minian (wenigſtens zehn) erwachſene Juden maͤnn- lichen Geſchlechts ein, und zeigt ihnen an: ſein Sohn ſey dreizehn Jahr alt; kenne die Gebote und alle Arten des Gebrauchs der Zizis und Tephillim; wiſſe ſeine Gebete (Benſchen) gut herzuſagen, und deshalb wolle er, der Vater, von ihm befreiet und entledigt (patur) ſeyn, da der Sohn als Bar Mitzvah ſeine Suͤnden und deren Strafen von jetzt an ſelbſt tragen koͤnne. Wenn dieſe Erklaͤrung von den Anweſenden genehmigt worden, dankt der Va- ter in einem kurzen Gebet dem heiligen, hochgelob- ten Gott, daß er ihn von den Suͤnden und Stra- fen des Sohnes losgeſprochen habe, und flehet ihn an, er moͤge den neuen Bar Mitzvah recht fromm, klug, alt und vor Allem recht reich werden laſſen.
Soll der Bar Mitzvah noch weiter etwas ler- nen, ſo ſtudiert er vom dreizehnten bis zum ſech- zehnten Jahre die Gemara, und nachher, oft aber auch weit fruͤher, wenn die boͤſen Gojim es nur leiden wollen, wird geheirathet.
Der gewoͤhnliche Schulunterricht iſt alſo faſt ganz auf Religionslehre, Rechnen und Schreiben mit hebraͤiſchen Schriftzuͤgen beſchraͤnkt; denn ſelten findet ſich ein Schulmeiſter, der fertig deutſch leſen und ſchreiben kann, und verſteht er wirklich ſo viel, dann laͤßt er ſich ſeine Stunden beſonders bezahlen.
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Die Erklaͤrung fuͤr einen Bar Mitzvah ge-
ſchieht auf folgende Weiſe. Der Vater ladet ein
Minian (wenigſtens zehn) erwachſene Juden maͤnn-
lichen Geſchlechts ein, und zeigt ihnen an: ſein
Sohn ſey dreizehn Jahr alt; kenne die Gebote und
alle Arten des Gebrauchs der Zizis und Tephillim;
wiſſe ſeine Gebete (Benſchen) gut herzuſagen, und
deshalb wolle er, der Vater, von ihm befreiet und
entledigt (patur) ſeyn, da der Sohn als Bar
Mitzvah ſeine Suͤnden und deren Strafen von jetzt
an ſelbſt tragen koͤnne. Wenn dieſe Erklaͤrung von
den Anweſenden genehmigt worden, dankt der Va-
ter in einem kurzen Gebet dem heiligen, hochgelob-
ten Gott, daß er ihn von den Suͤnden und Stra-
fen des Sohnes losgeſprochen habe, und flehet ihn
an, er moͤge den neuen Bar Mitzvah recht fromm,
klug, alt und vor Allem recht reich werden laſſen.
Soll der Bar Mitzvah noch weiter etwas ler-
nen, ſo ſtudiert er vom dreizehnten bis zum ſech-
zehnten Jahre die Gemara, und nachher, oft aber
auch weit fruͤher, wenn die boͤſen Gojim es nur
leiden wollen, wird geheirathet.
Der gewoͤhnliche Schulunterricht iſt alſo faſt
ganz auf Religionslehre, Rechnen und Schreiben
mit hebraͤiſchen Schriftzuͤgen beſchraͤnkt; denn ſelten
findet ſich ein Schulmeiſter, der fertig deutſch leſen
und ſchreiben kann, und verſteht er wirklich ſo viel,
dann laͤßt er ſich ſeine Stunden beſonders bezahlen.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/110>, abgerufen am 21.11.2024.
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