Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite



Gott allenthalben Frieden geben, und kein Hep
Hep*) weiter ertönen lassen möge.

*) Ueber den Ursprung des Ausrufs Hep Hep hat
man mancherlei Vermuthungen, die zum Theil ziem-
lich weit hergeholt scheinen. Jch theile hier wörtlich
mit, was ich in einer Zeitschrift fand, die in
Deutschland nicht so allgemein gelesen wird, wie sie
verdient. "Als die ersten Kreuzzügler, unter der
Leitung fanatischer Priester, schon in Ungarn und
in den europäischen Provinzen des griechischen Rei-
ches ein klägliches Ende, das gerechte Schicksal ihrer
Unwissenheit und ihrer Räubereien, gefunden hatten,
waren die deutschen Ritter gar abgeneigt, an der
abentheuerlichen Unternehmung Theil zu nehmen.
Während unserer Abwesenheit, sagten sie unter
anderm, werden die Wiesel die Eier fressen. Unter
den Wieseln aber verstanden sie die Juden; sey es
nun, daß diese durch ihren Wucher, der durch die
nothwendigen großen Ausrüstungskosten neue Nah-
rung fand, sich in jenen dunkeln Zeiten noch ver-
derblicher und verhaßter gemacht hatten, als jetzt,
oder daß man es überhaupt am leichtesten fand, sich
die Kosten der Rüstung durch ihre Ausplünderung
anzuschaffen. Ueber die Nothwendigkeit einer sol-
chen war man bald einverstanden, und zur Losung
wählte man die Worte, welche die Veranlassung
des Kreuzzuges selbst bezeichneten: Hierosolyma est
perdita!
Das Volk indessen zerbrach sich nicht den
Kopf mit dem Memoriren der fremden Worte,
und bediente sich kurzweg ihrer Anfangsbuchstaben
H. e. p., um das Zeichen zum Angriffe gegen das



Gott allenthalben Frieden geben, und kein Hep
Hep*) weiter ertoͤnen laſſen moͤge.

*) Ueber den Urſprung des Ausrufs Hep Hep hat
man mancherlei Vermuthungen, die zum Theil ziem-
lich weit hergeholt ſcheinen. Jch theile hier woͤrtlich
mit, was ich in einer Zeitſchrift fand, die in
Deutſchland nicht ſo allgemein geleſen wird, wie ſie
verdient. „Als die erſten Kreuzzuͤgler, unter der
Leitung fanatiſcher Prieſter, ſchon in Ungarn und
in den europaͤiſchen Provinzen des griechiſchen Rei-
ches ein klaͤgliches Ende, das gerechte Schickſal ihrer
Unwiſſenheit und ihrer Raͤubereien, gefunden hatten,
waren die deutſchen Ritter gar abgeneigt, an der
abentheuerlichen Unternehmung Theil zu nehmen.
Waͤhrend unſerer Abweſenheit, ſagten ſie unter
anderm, werden die Wieſel die Eier freſſen. Unter
den Wieſeln aber verſtanden ſie die Juden; ſey es
nun, daß dieſe durch ihren Wucher, der durch die
nothwendigen großen Ausruͤſtungskoſten neue Nah-
rung fand, ſich in jenen dunkeln Zeiten noch ver-
derblicher und verhaßter gemacht hatten, als jetzt,
oder daß man es uͤberhaupt am leichteſten fand, ſich
die Koſten der Ruͤſtung durch ihre Auspluͤnderung
anzuſchaffen. Ueber die Nothwendigkeit einer ſol-
chen war man bald einverſtanden, und zur Loſung
waͤhlte man die Worte, welche die Veranlaſſung
des Kreuzzuges ſelbſt bezeichneten: Hierosolyma est
perdita!
Das Volk indeſſen zerbrach ſich nicht den
Kopf mit dem Memoriren der fremden Worte,
und bediente ſich kurzweg ihrer Anfangsbuchſtaben
H. e. p., um das Zeichen zum Angriffe gegen das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0142" n="142"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
Gott allenthalben Frieden geben, und kein Hep<lb/>
Hep<note xml:id="seg2pn_6_1" next="#seg2pn_6_2" place="foot" n="*)">Ueber den Ur&#x017F;prung des Ausrufs Hep Hep hat<lb/>
man mancherlei Vermuthungen, die zum Theil ziem-<lb/>
lich weit hergeholt &#x017F;cheinen. Jch theile hier wo&#x0364;rtlich<lb/>
mit, was ich in einer Zeit&#x017F;chrift fand, die in<lb/>
Deut&#x017F;chland nicht &#x017F;o allgemein gele&#x017F;en wird, wie &#x017F;ie<lb/>
verdient. &#x201E;Als die er&#x017F;ten Kreuzzu&#x0364;gler, unter der<lb/>
Leitung fanati&#x017F;cher Prie&#x017F;ter, &#x017F;chon in Ungarn und<lb/>
in den europa&#x0364;i&#x017F;chen Provinzen des griechi&#x017F;chen Rei-<lb/>
ches ein kla&#x0364;gliches Ende, das gerechte Schick&#x017F;al ihrer<lb/>
Unwi&#x017F;&#x017F;enheit und ihrer Ra&#x0364;ubereien, gefunden hatten,<lb/>
waren die deut&#x017F;chen Ritter gar abgeneigt, an der<lb/>
abentheuerlichen Unternehmung Theil zu nehmen.<lb/>
Wa&#x0364;hrend un&#x017F;erer Abwe&#x017F;enheit, &#x017F;agten &#x017F;ie unter<lb/>
anderm, werden die Wie&#x017F;el die Eier fre&#x017F;&#x017F;en. Unter<lb/>
den Wie&#x017F;eln aber ver&#x017F;tanden &#x017F;ie die Juden; &#x017F;ey es<lb/>
nun, daß die&#x017F;e durch ihren Wucher, der durch die<lb/>
nothwendigen großen Ausru&#x0364;&#x017F;tungsko&#x017F;ten neue Nah-<lb/>
rung fand, &#x017F;ich in jenen dunkeln Zeiten noch ver-<lb/>
derblicher und verhaßter gemacht hatten, als jetzt,<lb/>
oder daß man es u&#x0364;berhaupt am leichte&#x017F;ten fand, &#x017F;ich<lb/>
die Ko&#x017F;ten der Ru&#x0364;&#x017F;tung durch ihre Ausplu&#x0364;nderung<lb/>
anzu&#x017F;chaffen. Ueber die Nothwendigkeit einer &#x017F;ol-<lb/>
chen war man bald einver&#x017F;tanden, und zur Lo&#x017F;ung<lb/>
wa&#x0364;hlte man die Worte, welche die Veranla&#x017F;&#x017F;ung<lb/>
des Kreuzzuges &#x017F;elb&#x017F;t bezeichneten: <hi rendition="#aq">Hierosolyma est<lb/>
perdita!</hi> Das Volk inde&#x017F;&#x017F;en zerbrach &#x017F;ich nicht den<lb/>
Kopf mit dem Memoriren der fremden Worte,<lb/>
und bediente &#x017F;ich kurzweg ihrer Anfangsbuch&#x017F;taben<lb/><hi rendition="#aq">H. e. p.,</hi> um das Zeichen zum Angriffe gegen das</note> weiter erto&#x0364;nen la&#x017F;&#x017F;en mo&#x0364;ge.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[142/0142] Gott allenthalben Frieden geben, und kein Hep Hep *) weiter ertoͤnen laſſen moͤge. *) Ueber den Urſprung des Ausrufs Hep Hep hat man mancherlei Vermuthungen, die zum Theil ziem- lich weit hergeholt ſcheinen. Jch theile hier woͤrtlich mit, was ich in einer Zeitſchrift fand, die in Deutſchland nicht ſo allgemein geleſen wird, wie ſie verdient. „Als die erſten Kreuzzuͤgler, unter der Leitung fanatiſcher Prieſter, ſchon in Ungarn und in den europaͤiſchen Provinzen des griechiſchen Rei- ches ein klaͤgliches Ende, das gerechte Schickſal ihrer Unwiſſenheit und ihrer Raͤubereien, gefunden hatten, waren die deutſchen Ritter gar abgeneigt, an der abentheuerlichen Unternehmung Theil zu nehmen. Waͤhrend unſerer Abweſenheit, ſagten ſie unter anderm, werden die Wieſel die Eier freſſen. Unter den Wieſeln aber verſtanden ſie die Juden; ſey es nun, daß dieſe durch ihren Wucher, der durch die nothwendigen großen Ausruͤſtungskoſten neue Nah- rung fand, ſich in jenen dunkeln Zeiten noch ver- derblicher und verhaßter gemacht hatten, als jetzt, oder daß man es uͤberhaupt am leichteſten fand, ſich die Koſten der Ruͤſtung durch ihre Auspluͤnderung anzuſchaffen. Ueber die Nothwendigkeit einer ſol- chen war man bald einverſtanden, und zur Loſung waͤhlte man die Worte, welche die Veranlaſſung des Kreuzzuges ſelbſt bezeichneten: Hierosolyma est perdita! Das Volk indeſſen zerbrach ſich nicht den Kopf mit dem Memoriren der fremden Worte, und bediente ſich kurzweg ihrer Anfangsbuchſtaben H. e. p., um das Zeichen zum Angriffe gegen das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/142
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/142>, abgerufen am 21.11.2024.