Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite


Von den Fasten der Juden.


Moses verbot den Jsraeliten nicht allein gewisse
Speisen, sondern er führte auch Fasttage ein, an
denen sie gar nichts essen durften. Der heilige
Vater in Rom ist hierin etwas billiger; er unter-
sagt seinen Gläubigen zwar während ihrer Fasten
den Genuß der Fleischspeisen; aber er erlaubt alles
Uebrige. Daher ist die Fastenzeit den reichen ka-
tholischen Leckermäulern keineswegs beschwerlich, und
den Armen, der ohnehin kein Fleisch essen darf,
weil er es nicht bezahlen kann, drückt sie gleichfalls
nicht. Jch lobe mir jedoch unsere liberalen prote-
stantischen und evangelischen Regierungen; sie
erlauben uns, zu allen Zeiten des Jahres zu essen,
was und so viel sie uns übrig lassen. Der Pfad,
welcher den Einen zum Himmel führt, bringt den
Andern in die Hölle. Der gläubige Katholik wird
dereinst zur rechten Hand Gottes und der Gottes-
mutter Maria mit den auserwählten Schafen
sein Halleluja singen, wenn er hienieden zur Fa-
stenzeit brav Lachse, Forellen, Austern, Hummern,
Krebse, und im Nothfall Fröschebeine gegessen hat.



Von den Faſten der Juden.


Moſes verbot den Jſraeliten nicht allein gewiſſe
Speiſen, ſondern er fuͤhrte auch Faſttage ein, an
denen ſie gar nichts eſſen durften. Der heilige
Vater in Rom iſt hierin etwas billiger; er unter-
ſagt ſeinen Glaͤubigen zwar waͤhrend ihrer Faſten
den Genuß der Fleiſchſpeiſen; aber er erlaubt alles
Uebrige. Daher iſt die Faſtenzeit den reichen ka-
tholiſchen Leckermaͤulern keineswegs beſchwerlich, und
den Armen, der ohnehin kein Fleiſch eſſen darf,
weil er es nicht bezahlen kann, druͤckt ſie gleichfalls
nicht. Jch lobe mir jedoch unſere liberalen prote-
ſtantiſchen und evangeliſchen Regierungen; ſie
erlauben uns, zu allen Zeiten des Jahres zu eſſen,
was und ſo viel ſie uns uͤbrig laſſen. Der Pfad,
welcher den Einen zum Himmel fuͤhrt, bringt den
Andern in die Hoͤlle. Der glaͤubige Katholik wird
dereinſt zur rechten Hand Gottes und der Gottes-
mutter Maria mit den auserwaͤhlten Schafen
ſein Halleluja ſingen, wenn er hienieden zur Fa-
ſtenzeit brav Lachſe, Forellen, Auſtern, Hummern,
Krebſe, und im Nothfall Froͤſchebeine gegeſſen hat.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0190" n="190"/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g">Von den Fa&#x017F;ten der Juden</hi>.</head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p><hi rendition="#in">M</hi>o&#x017F;es verbot den J&#x017F;raeliten nicht allein gewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Spei&#x017F;en, &#x017F;ondern er fu&#x0364;hrte auch Fa&#x017F;ttage ein, an<lb/>
denen &#x017F;ie gar nichts e&#x017F;&#x017F;en durften. Der heilige<lb/>
Vater in Rom i&#x017F;t hierin etwas billiger; er unter-<lb/>
&#x017F;agt &#x017F;einen Gla&#x0364;ubigen zwar wa&#x0364;hrend ihrer Fa&#x017F;ten<lb/>
den Genuß der Flei&#x017F;ch&#x017F;pei&#x017F;en; aber er erlaubt alles<lb/>
Uebrige. Daher i&#x017F;t die Fa&#x017F;tenzeit den reichen ka-<lb/>
tholi&#x017F;chen Leckerma&#x0364;ulern keineswegs be&#x017F;chwerlich, und<lb/>
den Armen, der ohnehin kein Flei&#x017F;ch e&#x017F;&#x017F;en darf,<lb/>
weil er es nicht bezahlen kann, dru&#x0364;ckt &#x017F;ie gleichfalls<lb/>
nicht. Jch lobe mir jedoch un&#x017F;ere liberalen prote-<lb/>
&#x017F;tanti&#x017F;chen und <hi rendition="#g">evangeli&#x017F;chen</hi> Regierungen; &#x017F;ie<lb/>
erlauben uns, zu allen Zeiten des Jahres zu e&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
was und &#x017F;o viel &#x017F;ie uns u&#x0364;brig la&#x017F;&#x017F;en. Der Pfad,<lb/>
welcher den Einen zum Himmel fu&#x0364;hrt, bringt den<lb/>
Andern in die Ho&#x0364;lle. Der gla&#x0364;ubige Katholik wird<lb/>
derein&#x017F;t zur rechten Hand Gottes und der Gottes-<lb/>
mutter Maria mit den auserwa&#x0364;hlten <hi rendition="#g">Schafen</hi><lb/>
&#x017F;ein Halleluja &#x017F;ingen, wenn er hienieden zur Fa-<lb/>
&#x017F;tenzeit brav Lach&#x017F;e, Forellen, Au&#x017F;tern, Hummern,<lb/>
Kreb&#x017F;e, und im Nothfall Fro&#x0364;&#x017F;chebeine gege&#x017F;&#x017F;en hat.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[190/0190] Von den Faſten der Juden. Moſes verbot den Jſraeliten nicht allein gewiſſe Speiſen, ſondern er fuͤhrte auch Faſttage ein, an denen ſie gar nichts eſſen durften. Der heilige Vater in Rom iſt hierin etwas billiger; er unter- ſagt ſeinen Glaͤubigen zwar waͤhrend ihrer Faſten den Genuß der Fleiſchſpeiſen; aber er erlaubt alles Uebrige. Daher iſt die Faſtenzeit den reichen ka- tholiſchen Leckermaͤulern keineswegs beſchwerlich, und den Armen, der ohnehin kein Fleiſch eſſen darf, weil er es nicht bezahlen kann, druͤckt ſie gleichfalls nicht. Jch lobe mir jedoch unſere liberalen prote- ſtantiſchen und evangeliſchen Regierungen; ſie erlauben uns, zu allen Zeiten des Jahres zu eſſen, was und ſo viel ſie uns uͤbrig laſſen. Der Pfad, welcher den Einen zum Himmel fuͤhrt, bringt den Andern in die Hoͤlle. Der glaͤubige Katholik wird dereinſt zur rechten Hand Gottes und der Gottes- mutter Maria mit den auserwaͤhlten Schafen ſein Halleluja ſingen, wenn er hienieden zur Fa- ſtenzeit brav Lachſe, Forellen, Auſtern, Hummern, Krebſe, und im Nothfall Froͤſchebeine gegeſſen hat.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/190
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/190>, abgerufen am 23.11.2024.