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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

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Morgengabe geben, wann die Heirath vollzogen
werden soll, und dergleichen, nebst einer gegensei-
tigen Versicherung, daß der, welcher dem Andern
nicht Wort halten sollte, demselben eine bestimmte
Summe Geldes, die den Verhältnissen eines Jeden
angemessen ist, zahlen wolle. So wird in allen
Dingen an das liebe Geld und den Schacher ge-
dacht!

Hierauf sprechen die Verlobten sich die Hände
reichend zu einander: Massal tobh! *) Gut Glück!
und die umstehenden Gäste werfen mit den Worten:
dies bedeute Glück und Ueberfluß: ihre Töpfe und
gläsernen Hafen entzwei. Damit ist in der Regel das
Verlobniß vorbei, und die Gäste, welche jetzt zu Hause
gehen, empfangen blos an der Thür einen Trunk
süßen Weins nebst etwas Kuchen oder Zuckerwerk.

Braut und Bräutigam halten sich in den ersten
acht Tagen nach der Verlobung zu Hause; der
letztere empfängt aber zahlreiche Besuche von seinen
jüngern Freunden und Bekannten, die mit ihm
trinken, spielen und Possen treiben. Dies geschieht
zum Andenken des berühmten Helden Simson, dem
die Philister, als er eine ihrer Landsmänninnen
heirathen wollte, gleichfalls dreißig Jünglinge zur

*) Wahrscheinlich kömmt das in manchen Gegenden
übliche Toppsagen, womit man sich bei einem Han-
del Glück wünscht und Wort zu halten verspricht,
von diesem jüdischen Gebrauche her.



Morgengabe geben, wann die Heirath vollzogen
werden ſoll, und dergleichen, nebſt einer gegenſei-
tigen Verſicherung, daß der, welcher dem Andern
nicht Wort halten ſollte, demſelben eine beſtimmte
Summe Geldes, die den Verhaͤltniſſen eines Jeden
angemeſſen iſt, zahlen wolle. So wird in allen
Dingen an das liebe Geld und den Schacher ge-
dacht!

Hierauf ſprechen die Verlobten ſich die Haͤnde
reichend zu einander: Maſſal tobh! *) Gut Gluͤck!
und die umſtehenden Gaͤſte werfen mit den Worten:
dies bedeute Gluͤck und Ueberfluß: ihre Toͤpfe und
glaͤſernen Hafen entzwei. Damit iſt in der Regel das
Verlobniß vorbei, und die Gaͤſte, welche jetzt zu Hauſe
gehen, empfangen blos an der Thuͤr einen Trunk
ſuͤßen Weins nebſt etwas Kuchen oder Zuckerwerk.

Braut und Braͤutigam halten ſich in den erſten
acht Tagen nach der Verlobung zu Hauſe; der
letztere empfaͤngt aber zahlreiche Beſuche von ſeinen
juͤngern Freunden und Bekannten, die mit ihm
trinken, ſpielen und Poſſen treiben. Dies geſchieht
zum Andenken des beruͤhmten Helden Simſon, dem
die Philiſter, als er eine ihrer Landsmaͤnninnen
heirathen wollte, gleichfalls dreißig Juͤnglinge zur

*) Wahrſcheinlich koͤmmt das in manchen Gegenden
uͤbliche Toppſagen, womit man ſich bei einem Han-
del Gluͤck wuͤnſcht und Wort zu halten verſpricht,
von dieſem juͤdiſchen Gebrauche her.
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[203/0203] Morgengabe geben, wann die Heirath vollzogen werden ſoll, und dergleichen, nebſt einer gegenſei- tigen Verſicherung, daß der, welcher dem Andern nicht Wort halten ſollte, demſelben eine beſtimmte Summe Geldes, die den Verhaͤltniſſen eines Jeden angemeſſen iſt, zahlen wolle. So wird in allen Dingen an das liebe Geld und den Schacher ge- dacht! Hierauf ſprechen die Verlobten ſich die Haͤnde reichend zu einander: Maſſal tobh! *) Gut Gluͤck! und die umſtehenden Gaͤſte werfen mit den Worten: dies bedeute Gluͤck und Ueberfluß: ihre Toͤpfe und glaͤſernen Hafen entzwei. Damit iſt in der Regel das Verlobniß vorbei, und die Gaͤſte, welche jetzt zu Hauſe gehen, empfangen blos an der Thuͤr einen Trunk ſuͤßen Weins nebſt etwas Kuchen oder Zuckerwerk. Braut und Braͤutigam halten ſich in den erſten acht Tagen nach der Verlobung zu Hauſe; der letztere empfaͤngt aber zahlreiche Beſuche von ſeinen juͤngern Freunden und Bekannten, die mit ihm trinken, ſpielen und Poſſen treiben. Dies geſchieht zum Andenken des beruͤhmten Helden Simſon, dem die Philiſter, als er eine ihrer Landsmaͤnninnen heirathen wollte, gleichfalls dreißig Juͤnglinge zur *) Wahrſcheinlich koͤmmt das in manchen Gegenden uͤbliche Toppſagen, womit man ſich bei einem Han- del Gluͤck wuͤnſcht und Wort zu halten verſpricht, von dieſem juͤdiſchen Gebrauche her.

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/203>, abgerufen am 24.11.2024.