Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.Strenge und Ernst, öffentlich und laut die mensch- lichen Satzungen und die Heuchelei und Verstellung ihrer Priester rügte, und ganz andere Grundsätze aufstellte, als jemals in Jsrael gelehrt worden waren. Dennoch gewann er in wenigen Jahren einen großen Theil des Volks für seine göttliche Lehre, und wir sehen nicht, daß jene Priester so unduldsam sich betrugen, als manche unserer christ- lichen sich vielleicht in ähnlichem Falle betragen haben möchten. Er aß und redete mit ihnen, und Alles gieng, wenn auch nicht ohne heimlichen Groll, doch in den ersten zwei Jahren seines Lehramts mit scheinbarer Mäßigung zu. Wären unter den jüdi- schen Priestern so schlaue Väter gewesen, wie jene von der Gesellschaft Jesu, unser göttlicher Heiland wäre nicht eines so schmerzhaften Todes am Kreuze, sondern durch ein wenig Aqua Toffana oder einen einzigen Dolchstich gestorben; seine Apostel und Jün- ger wären mit papiernen Mützen und Pechfackeln auf Scheiterhaufen gesetzt, und von seiner herrli- chen Lehre wäre keine Sylbe auf die Nachwelt gekommen. Dank also der gütigen, allwaltenden Vorsehung, daß der heilige Jgnatius von Loyola weit später, als Christus lebte, und daß die Ho- henpriester, Pharisäer und Sadducäer nicht von der Gesellschaft Jesu waren! Die Kreuzigung des größten, weisesten und Strenge und Ernſt, oͤffentlich und laut die menſch- lichen Satzungen und die Heuchelei und Verſtellung ihrer Prieſter ruͤgte, und ganz andere Grundſaͤtze aufſtellte, als jemals in Jſrael gelehrt worden waren. Dennoch gewann er in wenigen Jahren einen großen Theil des Volks fuͤr ſeine goͤttliche Lehre, und wir ſehen nicht, daß jene Prieſter ſo unduldſam ſich betrugen, als manche unſerer chriſt- lichen ſich vielleicht in aͤhnlichem Falle betragen haben moͤchten. Er aß und redete mit ihnen, und Alles gieng, wenn auch nicht ohne heimlichen Groll, doch in den erſten zwei Jahren ſeines Lehramts mit ſcheinbarer Maͤßigung zu. Waͤren unter den juͤdi- ſchen Prieſtern ſo ſchlaue Vaͤter geweſen, wie jene von der Geſellſchaft Jeſu, unſer goͤttlicher Heiland waͤre nicht eines ſo ſchmerzhaften Todes am Kreuze, ſondern durch ein wenig Aqua Toffana oder einen einzigen Dolchſtich geſtorben; ſeine Apoſtel und Juͤn- ger waͤren mit papiernen Muͤtzen und Pechfackeln auf Scheiterhaufen geſetzt, und von ſeiner herrli- chen Lehre waͤre keine Sylbe auf die Nachwelt gekommen. Dank alſo der guͤtigen, allwaltenden Vorſehung, daß der heilige Jgnatius von Loyola weit ſpaͤter, als Chriſtus lebte, und daß die Ho- henprieſter, Phariſaͤer und Sadducaͤer nicht von der Geſellſchaft Jeſu waren! Die Kreuzigung des groͤßten, weiſeſten und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0036" n="36"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Strenge und Ernſt, oͤffentlich und laut die menſch-<lb/> lichen Satzungen und die Heuchelei und Verſtellung<lb/> ihrer Prieſter ruͤgte, und ganz andere Grundſaͤtze<lb/> aufſtellte, als jemals in Jſrael gelehrt worden<lb/> waren. Dennoch gewann er in wenigen Jahren<lb/> einen großen Theil des Volks fuͤr ſeine goͤttliche<lb/> Lehre, und wir ſehen nicht, daß jene Prieſter ſo<lb/> unduldſam ſich betrugen, als manche unſerer chriſt-<lb/> lichen ſich vielleicht in aͤhnlichem Falle betragen<lb/> haben moͤchten. Er aß und redete mit ihnen, und<lb/> Alles gieng, wenn auch nicht ohne heimlichen Groll,<lb/> doch in den erſten zwei Jahren ſeines Lehramts mit<lb/> ſcheinbarer Maͤßigung zu. Waͤren unter den juͤdi-<lb/> ſchen Prieſtern ſo ſchlaue Vaͤter geweſen, wie jene<lb/> von der Geſellſchaft Jeſu, unſer goͤttlicher Heiland<lb/> waͤre nicht eines ſo ſchmerzhaften Todes am Kreuze,<lb/> ſondern durch ein wenig Aqua Toffana oder einen<lb/> einzigen Dolchſtich geſtorben; ſeine Apoſtel und Juͤn-<lb/> ger waͤren mit papiernen Muͤtzen und Pechfackeln<lb/> auf Scheiterhaufen geſetzt, und von ſeiner herrli-<lb/> chen Lehre waͤre <hi rendition="#g">keine Sylbe</hi> auf die Nachwelt<lb/> gekommen. Dank alſo der guͤtigen, allwaltenden<lb/> Vorſehung, daß der heilige Jgnatius von Loyola<lb/> weit ſpaͤter, als Chriſtus lebte, und daß die Ho-<lb/> henprieſter, Phariſaͤer und Sadducaͤer nicht von der<lb/> Geſellſchaft Jeſu waren!</p><lb/> <p>Die Kreuzigung des groͤßten, weiſeſten und<lb/> edelſten der Menſchen war freilich ein Schauer und<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [36/0036]
Strenge und Ernſt, oͤffentlich und laut die menſch-
lichen Satzungen und die Heuchelei und Verſtellung
ihrer Prieſter ruͤgte, und ganz andere Grundſaͤtze
aufſtellte, als jemals in Jſrael gelehrt worden
waren. Dennoch gewann er in wenigen Jahren
einen großen Theil des Volks fuͤr ſeine goͤttliche
Lehre, und wir ſehen nicht, daß jene Prieſter ſo
unduldſam ſich betrugen, als manche unſerer chriſt-
lichen ſich vielleicht in aͤhnlichem Falle betragen
haben moͤchten. Er aß und redete mit ihnen, und
Alles gieng, wenn auch nicht ohne heimlichen Groll,
doch in den erſten zwei Jahren ſeines Lehramts mit
ſcheinbarer Maͤßigung zu. Waͤren unter den juͤdi-
ſchen Prieſtern ſo ſchlaue Vaͤter geweſen, wie jene
von der Geſellſchaft Jeſu, unſer goͤttlicher Heiland
waͤre nicht eines ſo ſchmerzhaften Todes am Kreuze,
ſondern durch ein wenig Aqua Toffana oder einen
einzigen Dolchſtich geſtorben; ſeine Apoſtel und Juͤn-
ger waͤren mit papiernen Muͤtzen und Pechfackeln
auf Scheiterhaufen geſetzt, und von ſeiner herrli-
chen Lehre waͤre keine Sylbe auf die Nachwelt
gekommen. Dank alſo der guͤtigen, allwaltenden
Vorſehung, daß der heilige Jgnatius von Loyola
weit ſpaͤter, als Chriſtus lebte, und daß die Ho-
henprieſter, Phariſaͤer und Sadducaͤer nicht von der
Geſellſchaft Jeſu waren!
Die Kreuzigung des groͤßten, weiſeſten und
edelſten der Menſchen war freilich ein Schauer und
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