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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

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gegen haben, nach jener Zergliederungskunde, vier
Glieder mehr, und können folglich kein Licht be-
gehren. Jn andern Ländern werden auch für sie
Kerzen angezündet. Wer Ansprüche auf besondere
Frömmigkeit macht, läßt für sich zwei große Wachs-
lichter brennen, eins für den Leib, und ein etwas
größeres für die Seele, welches daher das Nescha-
malicht heißt. Viele zünden sogar Kerzen für die
Seelen ihrer verstorbenen Eltern und Kinder an.
Aus dem Schein seiner Lichter weissagt sich Jeder,
was ihm im künftigen Jahr Gutes oder Böses be-
vorsteht. Brennen sie recht hell, dann giebt es
Freude und Wonne; ist der Schein aber dunkel und
matt, so hat man nichts, als Kummer und Leid
zu erwarten, und manchem frommen Juden ver-
löscht mit seinem Feiertagslicht die schönste und ein-
zige Hoffnung seines Lebens, ja die Liebe zum Le-
ben selbst.

Ehe die nächtliche Andacht beginnt, rufen zwei
oder drei Rabbiner in der Synagoge laut in he-
bräischer Sprache aus: daß es Jedem, dem Gott-
losen sowohl, wie dem Frommen erlaubt seyn solle,
zu beten. Hierauf geht der Chasan oder Vorsän-
ger zur Arche, öffnet sie, und singt in chaldäischer
Sprache das lange Gebet Col niddre *), worin

*) M. s. die Abhandlung von den Eiden der Juden
in diesem Werke; ferner Eisenmengers Neuentdeck-



gegen haben, nach jener Zergliederungskunde, vier
Glieder mehr, und koͤnnen folglich kein Licht be-
gehren. Jn andern Laͤndern werden auch fuͤr ſie
Kerzen angezuͤndet. Wer Anſpruͤche auf beſondere
Froͤmmigkeit macht, laͤßt fuͤr ſich zwei große Wachs-
lichter brennen, eins fuͤr den Leib, und ein etwas
groͤßeres fuͤr die Seele, welches daher das Neſcha-
malicht heißt. Viele zuͤnden ſogar Kerzen fuͤr die
Seelen ihrer verſtorbenen Eltern und Kinder an.
Aus dem Schein ſeiner Lichter weiſſagt ſich Jeder,
was ihm im kuͤnftigen Jahr Gutes oder Boͤſes be-
vorſteht. Brennen ſie recht hell, dann giebt es
Freude und Wonne; iſt der Schein aber dunkel und
matt, ſo hat man nichts, als Kummer und Leid
zu erwarten, und manchem frommen Juden ver-
loͤſcht mit ſeinem Feiertagslicht die ſchoͤnſte und ein-
zige Hoffnung ſeines Lebens, ja die Liebe zum Le-
ben ſelbſt.

Ehe die naͤchtliche Andacht beginnt, rufen zwei
oder drei Rabbiner in der Synagoge laut in he-
braͤiſcher Sprache aus: daß es Jedem, dem Gott-
loſen ſowohl, wie dem Frommen erlaubt ſeyn ſolle,
zu beten. Hierauf geht der Chaſan oder Vorſaͤn-
ger zur Arche, oͤffnet ſie, und ſingt in chaldaͤiſcher
Sprache das lange Gebet Col niddre *), worin

*) M. ſ. die Abhandlung von den Eiden der Juden
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[378/0378] gegen haben, nach jener Zergliederungskunde, vier Glieder mehr, und koͤnnen folglich kein Licht be- gehren. Jn andern Laͤndern werden auch fuͤr ſie Kerzen angezuͤndet. Wer Anſpruͤche auf beſondere Froͤmmigkeit macht, laͤßt fuͤr ſich zwei große Wachs- lichter brennen, eins fuͤr den Leib, und ein etwas groͤßeres fuͤr die Seele, welches daher das Neſcha- malicht heißt. Viele zuͤnden ſogar Kerzen fuͤr die Seelen ihrer verſtorbenen Eltern und Kinder an. Aus dem Schein ſeiner Lichter weiſſagt ſich Jeder, was ihm im kuͤnftigen Jahr Gutes oder Boͤſes be- vorſteht. Brennen ſie recht hell, dann giebt es Freude und Wonne; iſt der Schein aber dunkel und matt, ſo hat man nichts, als Kummer und Leid zu erwarten, und manchem frommen Juden ver- loͤſcht mit ſeinem Feiertagslicht die ſchoͤnſte und ein- zige Hoffnung ſeines Lebens, ja die Liebe zum Le- ben ſelbſt. Ehe die naͤchtliche Andacht beginnt, rufen zwei oder drei Rabbiner in der Synagoge laut in he- braͤiſcher Sprache aus: daß es Jedem, dem Gott- loſen ſowohl, wie dem Frommen erlaubt ſeyn ſolle, zu beten. Hierauf geht der Chaſan oder Vorſaͤn- ger zur Arche, oͤffnet ſie, und ſingt in chaldaͤiſcher Sprache das lange Gebet Col niddre *), worin *) M. ſ. die Abhandlung von den Eiden der Juden in dieſem Werke; ferner Eiſenmengers Neuentdeck-

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/378>, abgerufen am 22.11.2024.