wie die verbindlichen, und wie überhaupt alle -- sowohl heilige, als unheilige -- Eide, Ver- träge und Bündnisse, welche den, der sich dadurch verpflichtete, gereuen. Besonders geschieht dies am Versöhnungstage durch das Col niddre *).
Die Veranlassungen und Zwecke der heiligen Gelübde sind sehr verschieden. Wer irgend einen irdischen Wunsch hegt z. B. daß es ihm in seinem Schacher und Wucher recht glücklich gehen, daß er aus einer Gefahr errettet werden möge, u. s. w. gelobt Gott oder dessen Dienern, den Priestern und Rabbinen, auf den Fall der Erfüllung des Wunsches dies oder jenes zu schenken. Der Jude denkt sich seinen Gott eben so habgierig und so be- stechlich, wie er selbst ist. Es gibt sicherlich keinen kirchlichen Gebrauch, der gotteslästerlicher, schändli- cher und alberner wäre, als solche Gelübde. Wie kann der schwache, thörichte Mensch, der dem höch- sten Wesen sein ganzes Leben und Seyn verdankt, Gott, dem unendlichen, ewigen, mächtigen Herrn und Herrscher über Alles, was da ist, etwas ver- sprechen und schenken wollen? Wie kann er wähnen, daß der Hocherhabne durch Bestechungen und durch eine Hand voll elenden Staubes sich könne bewe- gen lassen, Wünsche zu gewähren, deren Erfüllung nicht in dem unwandelbaren und unerforschlichen
*) M. s. die Abhandlung von den Eiden der Juden.
wie die verbindlichen, und wie uͤberhaupt alle — ſowohl heilige, als unheilige — Eide, Ver- traͤge und Buͤndniſſe, welche den, der ſich dadurch verpflichtete, gereuen. Beſonders geſchieht dies am Verſoͤhnungstage durch das Col niddre *).
Die Veranlaſſungen und Zwecke der heiligen Geluͤbde ſind ſehr verſchieden. Wer irgend einen irdiſchen Wunſch hegt z. B. daß es ihm in ſeinem Schacher und Wucher recht gluͤcklich gehen, daß er aus einer Gefahr errettet werden moͤge, u. ſ. w. gelobt Gott oder deſſen Dienern, den Prieſtern und Rabbinen, auf den Fall der Erfuͤllung des Wunſches dies oder jenes zu ſchenken. Der Jude denkt ſich ſeinen Gott eben ſo habgierig und ſo be- ſtechlich, wie er ſelbſt iſt. Es gibt ſicherlich keinen kirchlichen Gebrauch, der gotteslaͤſterlicher, ſchaͤndli- cher und alberner waͤre, als ſolche Geluͤbde. Wie kann der ſchwache, thoͤrichte Menſch, der dem hoͤch- ſten Weſen ſein ganzes Leben und Seyn verdankt, Gott, dem unendlichen, ewigen, maͤchtigen Herrn und Herrſcher uͤber Alles, was da iſt, etwas ver- ſprechen und ſchenken wollen? Wie kann er waͤhnen, daß der Hocherhabne durch Beſtechungen und durch eine Hand voll elenden Staubes ſich koͤnne bewe- gen laſſen, Wuͤnſche zu gewaͤhren, deren Erfuͤllung nicht in dem unwandelbaren und unerforſchlichen
*) M. ſ. die Abhandlung von den Eiden der Juden.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0407"n="407"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
wie die verbindlichen, und wie uͤberhaupt alle —<lb/>ſowohl <hirendition="#g">heilige,</hi> als <hirendition="#g">unheilige</hi>— Eide, Ver-<lb/>
traͤge und Buͤndniſſe, welche den, der ſich dadurch<lb/>
verpflichtete, gereuen. Beſonders geſchieht dies am<lb/>
Verſoͤhnungstage durch das Col niddre <noteplace="foot"n="*)">M. ſ. die Abhandlung von den Eiden der Juden.</note>.</p><lb/><p>Die Veranlaſſungen und Zwecke der heiligen<lb/>
Geluͤbde ſind ſehr verſchieden. Wer irgend einen<lb/>
irdiſchen Wunſch hegt z. B. daß es ihm in ſeinem<lb/>
Schacher und Wucher recht gluͤcklich gehen, daß er<lb/>
aus einer Gefahr errettet werden moͤge, u. ſ. w.<lb/>
gelobt Gott oder deſſen Dienern, den Prieſtern<lb/>
und Rabbinen, auf den Fall der Erfuͤllung des<lb/>
Wunſches dies oder jenes zu ſchenken. Der Jude<lb/>
denkt ſich ſeinen Gott eben ſo habgierig und ſo be-<lb/>ſtechlich, wie er ſelbſt iſt. Es gibt ſicherlich keinen<lb/>
kirchlichen Gebrauch, der gotteslaͤſterlicher, ſchaͤndli-<lb/>
cher und alberner waͤre, als ſolche Geluͤbde. Wie<lb/>
kann der ſchwache, thoͤrichte Menſch, der dem hoͤch-<lb/>ſten Weſen ſein ganzes Leben und Seyn verdankt,<lb/>
Gott, dem unendlichen, ewigen, maͤchtigen Herrn<lb/>
und Herrſcher uͤber Alles, was da iſt, etwas ver-<lb/>ſprechen und ſchenken wollen? Wie kann er waͤhnen,<lb/>
daß der Hocherhabne durch Beſtechungen und durch<lb/>
eine Hand voll elenden Staubes ſich koͤnne bewe-<lb/>
gen laſſen, Wuͤnſche zu gewaͤhren, deren Erfuͤllung<lb/>
nicht in dem unwandelbaren und unerforſchlichen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[407/0407]
wie die verbindlichen, und wie uͤberhaupt alle —
ſowohl heilige, als unheilige — Eide, Ver-
traͤge und Buͤndniſſe, welche den, der ſich dadurch
verpflichtete, gereuen. Beſonders geſchieht dies am
Verſoͤhnungstage durch das Col niddre *).
Die Veranlaſſungen und Zwecke der heiligen
Geluͤbde ſind ſehr verſchieden. Wer irgend einen
irdiſchen Wunſch hegt z. B. daß es ihm in ſeinem
Schacher und Wucher recht gluͤcklich gehen, daß er
aus einer Gefahr errettet werden moͤge, u. ſ. w.
gelobt Gott oder deſſen Dienern, den Prieſtern
und Rabbinen, auf den Fall der Erfuͤllung des
Wunſches dies oder jenes zu ſchenken. Der Jude
denkt ſich ſeinen Gott eben ſo habgierig und ſo be-
ſtechlich, wie er ſelbſt iſt. Es gibt ſicherlich keinen
kirchlichen Gebrauch, der gotteslaͤſterlicher, ſchaͤndli-
cher und alberner waͤre, als ſolche Geluͤbde. Wie
kann der ſchwache, thoͤrichte Menſch, der dem hoͤch-
ſten Weſen ſein ganzes Leben und Seyn verdankt,
Gott, dem unendlichen, ewigen, maͤchtigen Herrn
und Herrſcher uͤber Alles, was da iſt, etwas ver-
ſprechen und ſchenken wollen? Wie kann er waͤhnen,
daß der Hocherhabne durch Beſtechungen und durch
eine Hand voll elenden Staubes ſich koͤnne bewe-
gen laſſen, Wuͤnſche zu gewaͤhren, deren Erfuͤllung
nicht in dem unwandelbaren und unerforſchlichen
*) M. ſ. die Abhandlung von den Eiden der Juden.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/407>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.