Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.
briefchen und seine racheschnaubenden Psalme *) gegen seine Feinde; diese und viele andere Beispiele *) Gerne stimme ich übrigens dem bei, was Eichhorn in Rücksicht der Psalme sagt: "Alle Dichter, deren Lieder in den Psalmen gesammelt sind, verbitten sich das Licht unserer Zeiten, und genügen sich mit den schwächern Strahlen ihres Zeitalters. Man fordere besonders nirgends christliche Moral und Dogmatik; oder verlange, daß die heiligen Sänger übermenschliche Heilige seyn sollen. David bricht aus Unmuth in Verwünschungen aus: ist es seinem ungebildeten Herzen zu verargen? Kann sich der Mann, der sich an Urias und der Bathseba ver- gieng, nicht auch in Liedern übereilen? Und müssen wir ihm in ganz anderer Lage und weit anders ge- bildet, nach Jahrtausenden nachfluchen?" M. s. Eichhorns Einleitung in das alte Testament Th. 3. S. 442. Man hat die Rachelieder Davids für Weissagungen von dem Erlöser ausgeben wollen, um dadurch die in denselben enthaltenen Gesinnun- gen zu rechtfertigen. Guter Gott, Christus hat ja am Kreuze für seine Feinde, wie könnten denn jene Psalme auf ihn sich beziehen? Darum sollte man auch jene Lieder voll Groll und Rachgier in keinen christlichen Kirchen mehr singen. Aber was lehrt, betet und singt man nicht in christlichen Kirchen? Jch erinnere mich hiebei eines Kirchenliedes gegen die Feinde des Christenthums, welches noch vor wenigen Jahren in vielen norddeutschen Kirchen ge- sungen ward, und die kannibalische Anmahnung enthielt: 4 *
briefchen und ſeine racheſchnaubenden Pſalme *) gegen ſeine Feinde; dieſe und viele andere Beiſpiele *) Gerne ſtimme ich uͤbrigens dem bei, was Eichhorn in Ruͤckſicht der Pſalme ſagt: „Alle Dichter, deren Lieder in den Pſalmen geſammelt ſind, verbitten ſich das Licht unſerer Zeiten, und genuͤgen ſich mit den ſchwaͤchern Strahlen ihres Zeitalters. Man fordere beſonders nirgends chriſtliche Moral und Dogmatik; oder verlange, daß die heiligen Saͤnger uͤbermenſchliche Heilige ſeyn ſollen. David bricht aus Unmuth in Verwuͤnſchungen aus: iſt es ſeinem ungebildeten Herzen zu verargen? Kann ſich der Mann, der ſich an Urias und der Bathſeba ver- gieng, nicht auch in Liedern uͤbereilen? Und muͤſſen wir ihm in ganz anderer Lage und weit anders ge- bildet, nach Jahrtauſenden nachfluchen?‟ M. ſ. Eichhorns Einleitung in das alte Teſtament Th. 3. S. 442. Man hat die Rachelieder Davids fuͤr Weiſſagungen von dem Erloͤſer ausgeben wollen, um dadurch die in denſelben enthaltenen Geſinnun- gen zu rechtfertigen. Guter Gott, Chriſtus hat ja am Kreuze fuͤr ſeine Feinde, wie koͤnnten denn jene Pſalme auf ihn ſich beziehen? Darum ſollte man auch jene Lieder voll Groll und Rachgier in keinen chriſtlichen Kirchen mehr ſingen. Aber was lehrt, betet und ſingt man nicht in chriſtlichen Kirchen? Jch erinnere mich hiebei eines Kirchenliedes gegen die Feinde des Chriſtenthums, welches noch vor wenigen Jahren in vielen norddeutſchen Kirchen ge- ſungen ward, und die kannibaliſche Anmahnung enthielt: 4 *
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0043" n="43"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> briefchen und ſeine racheſchnaubenden Pſalme <note xml:id="seg2pn_2_1" next="#seg2pn_2_2" place="foot" n="*)">Gerne ſtimme ich uͤbrigens dem bei, was Eichhorn<lb/> in Ruͤckſicht der Pſalme ſagt: „Alle Dichter, deren<lb/> Lieder in den Pſalmen geſammelt ſind, verbitten<lb/> ſich das Licht unſerer Zeiten, und genuͤgen ſich mit<lb/> den ſchwaͤchern Strahlen ihres Zeitalters. Man<lb/> fordere beſonders nirgends chriſtliche Moral und<lb/> Dogmatik; oder verlange, daß die heiligen Saͤnger<lb/> uͤbermenſchliche Heilige ſeyn ſollen. David bricht<lb/> aus Unmuth in Verwuͤnſchungen aus: iſt es ſeinem<lb/> ungebildeten Herzen zu verargen? Kann ſich der<lb/> Mann, der ſich an Urias und der Bathſeba ver-<lb/> gieng, nicht auch in Liedern uͤbereilen? Und muͤſſen<lb/> wir ihm in ganz anderer Lage und weit anders ge-<lb/> bildet, nach Jahrtauſenden nachfluchen?‟ M. ſ.<lb/><hi rendition="#g">Eichhorns</hi> Einleitung in das alte Teſtament Th.<lb/> 3. S. 442. Man hat die Rachelieder Davids fuͤr<lb/> Weiſſagungen von dem Erloͤſer ausgeben wollen,<lb/> um dadurch die in denſelben enthaltenen Geſinnun-<lb/> gen zu rechtfertigen. Guter Gott, Chriſtus hat ja<lb/> am Kreuze fuͤr ſeine Feinde, wie koͤnnten denn jene<lb/> Pſalme auf ihn ſich beziehen? Darum ſollte man<lb/> auch jene Lieder voll Groll und Rachgier in keinen<lb/> chriſtlichen Kirchen mehr ſingen. Aber was lehrt,<lb/> betet und ſingt man nicht in chriſtlichen Kirchen?<lb/> Jch erinnere mich hiebei eines Kirchenliedes gegen<lb/> die Feinde des Chriſtenthums, welches noch vor<lb/> wenigen Jahren in vielen norddeutſchen Kirchen ge-<lb/> ſungen ward, und die kannibaliſche Anmahnung<lb/> enthielt:</note><lb/> gegen ſeine Feinde; dieſe und viele andere Beiſpiele<lb/> <fw place="bottom" type="sig">4 *</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [43/0043]
briefchen und ſeine racheſchnaubenden Pſalme *)
gegen ſeine Feinde; dieſe und viele andere Beiſpiele
*) Gerne ſtimme ich uͤbrigens dem bei, was Eichhorn
in Ruͤckſicht der Pſalme ſagt: „Alle Dichter, deren
Lieder in den Pſalmen geſammelt ſind, verbitten
ſich das Licht unſerer Zeiten, und genuͤgen ſich mit
den ſchwaͤchern Strahlen ihres Zeitalters. Man
fordere beſonders nirgends chriſtliche Moral und
Dogmatik; oder verlange, daß die heiligen Saͤnger
uͤbermenſchliche Heilige ſeyn ſollen. David bricht
aus Unmuth in Verwuͤnſchungen aus: iſt es ſeinem
ungebildeten Herzen zu verargen? Kann ſich der
Mann, der ſich an Urias und der Bathſeba ver-
gieng, nicht auch in Liedern uͤbereilen? Und muͤſſen
wir ihm in ganz anderer Lage und weit anders ge-
bildet, nach Jahrtauſenden nachfluchen?‟ M. ſ.
Eichhorns Einleitung in das alte Teſtament Th.
3. S. 442. Man hat die Rachelieder Davids fuͤr
Weiſſagungen von dem Erloͤſer ausgeben wollen,
um dadurch die in denſelben enthaltenen Geſinnun-
gen zu rechtfertigen. Guter Gott, Chriſtus hat ja
am Kreuze fuͤr ſeine Feinde, wie koͤnnten denn jene
Pſalme auf ihn ſich beziehen? Darum ſollte man
auch jene Lieder voll Groll und Rachgier in keinen
chriſtlichen Kirchen mehr ſingen. Aber was lehrt,
betet und ſingt man nicht in chriſtlichen Kirchen?
Jch erinnere mich hiebei eines Kirchenliedes gegen
die Feinde des Chriſtenthums, welches noch vor
wenigen Jahren in vielen norddeutſchen Kirchen ge-
ſungen ward, und die kannibaliſche Anmahnung
enthielt:
4 *
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/43 |
| Zitationshilfe: | Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/43>, abgerufen am 21.11.2024. |
