Während der sechs Wochen der Kindbetterin leben die Eheleute in einer Art von Abgeschiedenheit von einander. Die Frau wird für unrein gehal- ten; sie darf mit dem Mann nicht aus einer Schüf- sel essen, und er darf sie nicht einmal anrühren. Nach vierzig Tagen badet sich die Frau Liebste in kaltem, oder kalt seyn sollendem Wasser, legt weiße, reine Kleider an, und unser Verkehr wird wieder hergestellt.
Wenn das erstgeborne Kind ein Sohn ist, so ist es, nach der mosaischen Vorschrift 2 B. Mos. 34. V. 19 und 20, dem Herrn geheiligt, und muß am ein und dreißigsten Tage nach der Geburt mit fünf Seckel Silber *) (etwa 2 Rthlr. 12 Groschen, denn mehr ist ein Jude nicht werth!) gelöst werden. Hiezu ladet der Vater einen Cohn oder Priester und einige seiner Freunde und Bekannten ein, und spricht zu dem erstern, indem er das Kind und das Geld ihm vorlegt: Siehe: meine Frau hat mir gewonnen einen Bechor, und das Gesetz befiehlt, ich soll ihn dir geben.
Der Priester: Giebst Du mir also deinen Be- chor (Erstgebornen) nach Ordnung des Gesetzes?
Der Vater: Ja!
Der Priester zur Mutter: Bist Du nie vorher von einem Kinde oder einer Mißgeburt entbunden?
*) 4 B. Mos. Kap. 18. V. 16.
Waͤhrend der ſechs Wochen der Kindbetterin leben die Eheleute in einer Art von Abgeſchiedenheit von einander. Die Frau wird fuͤr unrein gehal- ten; ſie darf mit dem Mann nicht aus einer Schuͤf- ſel eſſen, und er darf ſie nicht einmal anruͤhren. Nach vierzig Tagen badet ſich die Frau Liebſte in kaltem, oder kalt ſeyn ſollendem Waſſer, legt weiße, reine Kleider an, und unſer Verkehr wird wieder hergeſtellt.
Wenn das erſtgeborne Kind ein Sohn iſt, ſo iſt es, nach der moſaiſchen Vorſchrift 2 B. Moſ. 34. V. 19 und 20, dem Herrn geheiligt, und muß am ein und dreißigſten Tage nach der Geburt mit fuͤnf Seckel Silber *) (etwa 2 Rthlr. 12 Groſchen, denn mehr iſt ein Jude nicht werth!) geloͤst werden. Hiezu ladet der Vater einen Cohn oder Prieſter und einige ſeiner Freunde und Bekannten ein, und ſpricht zu dem erſtern, indem er das Kind und das Geld ihm vorlegt: Siehe: meine Frau hat mir gewonnen einen Bechor, und das Geſetz befiehlt, ich ſoll ihn dir geben.
Der Prieſter: Giebſt Du mir alſo deinen Be- chor (Erſtgebornen) nach Ordnung des Geſetzes?
Der Vater: Ja!
Der Prieſter zur Mutter: Biſt Du nie vorher von einem Kinde oder einer Mißgeburt entbunden?
*) 4 B. Moſ. Kap. 18. V. 16.
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Waͤhrend der ſechs Wochen der Kindbetterin
leben die Eheleute in einer Art von Abgeſchiedenheit
von einander. Die Frau wird fuͤr unrein gehal-
ten; ſie darf mit dem Mann nicht aus einer Schuͤf-
ſel eſſen, und er darf ſie nicht einmal anruͤhren.
Nach vierzig Tagen badet ſich die Frau Liebſte in
kaltem, oder kalt ſeyn ſollendem Waſſer, legt weiße,
reine Kleider an, und unſer Verkehr wird
wieder hergeſtellt.
Wenn das erſtgeborne Kind ein Sohn iſt, ſo
iſt es, nach der moſaiſchen Vorſchrift 2 B. Moſ. 34.
V. 19 und 20, dem Herrn geheiligt, und muß am
ein und dreißigſten Tage nach der Geburt mit fuͤnf
Seckel Silber *) (etwa 2 Rthlr. 12 Groſchen, denn
mehr iſt ein Jude nicht werth!) geloͤst werden.
Hiezu ladet der Vater einen Cohn oder Prieſter
und einige ſeiner Freunde und Bekannten ein, und
ſpricht zu dem erſtern, indem er das Kind und das
Geld ihm vorlegt: Siehe: meine Frau hat mir
gewonnen einen Bechor, und das Geſetz befiehlt,
ich ſoll ihn dir geben.
Der Prieſter: Giebſt Du mir alſo deinen Be-
chor (Erſtgebornen) nach Ordnung des Geſetzes?
Der Vater: Ja!
Der Prieſter zur Mutter: Biſt Du nie vorher
von einem Kinde oder einer Mißgeburt entbunden?
*) 4 B. Moſ. Kap. 18. V. 16.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/84>, abgerufen am 21.11.2024.
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