ist. Der Beschneider bleibt nachher einige Tage bei den Eltern des Kindes, und muß die Heilung der Wunden desselben besorgen.
Kranke Kinder werden nicht am achten Tage, sondern später beschnitten; sterben sie vorher, so beschneidet man sie auf dem Begräbnißplatz, das Gebet fällt aber dann weg, und in einem Denk- male, welches man auf dem Grabe errichtet, er- sucht man die frommen Jsraeliten, für das abge- schiedene Kind fleißig zu beten, damit der heilige, hochgelobte Gott es doch am Auferstehungstage aufwecken und wieder lebendig machen möge.
Mit den Töchtern macht man weniger Um- stände; auch gewährt ihre Geburt den Eltern lange nicht die Freude, wie die eines Knaben. Ja, oft ist man sogar voll Kummer und Herzeleid darüber, wenn man mit inniger Sehnsucht die Erscheinung eines kleinen Messias erwartete, und sich plötzlich in seinen süßesten Hoffnungen getäuscht sieht.
Wenn das Kind sechs Wochen alt ist, kommen einige junge Mädchen, setzen sich um die Wiege, die mit schönen Tüchern, und nach Maßgabe des Wohlstandes der Eltern mit goldnen und silbernen Gürteln und mit Bändern geschmückt ist; heben die Wiege drei bis vier Mal in die Höhe, und geben der kleinen Tochter einen Namen. Das Mädchen, welches am Haupte des Kindes steht, ist die Pathe oder Gevatterin, und die ganze Feier- lichkeit wird mit einem fröhlichen Mahle beschlossen.
iſt. Der Beſchneider bleibt nachher einige Tage bei den Eltern des Kindes, und muß die Heilung der Wunden deſſelben beſorgen.
Kranke Kinder werden nicht am achten Tage, ſondern ſpaͤter beſchnitten; ſterben ſie vorher, ſo beſchneidet man ſie auf dem Begraͤbnißplatz, das Gebet faͤllt aber dann weg, und in einem Denk- male, welches man auf dem Grabe errichtet, er- ſucht man die frommen Jſraeliten, fuͤr das abge- ſchiedene Kind fleißig zu beten, damit der heilige, hochgelobte Gott es doch am Auferſtehungstage aufwecken und wieder lebendig machen moͤge.
Mit den Toͤchtern macht man weniger Um- ſtaͤnde; auch gewaͤhrt ihre Geburt den Eltern lange nicht die Freude, wie die eines Knaben. Ja, oft iſt man ſogar voll Kummer und Herzeleid daruͤber, wenn man mit inniger Sehnſucht die Erſcheinung eines kleinen Meſſias erwartete, und ſich ploͤtzlich in ſeinen ſuͤßeſten Hoffnungen getaͤuſcht ſieht.
Wenn das Kind ſechs Wochen alt iſt, kommen einige junge Maͤdchen, ſetzen ſich um die Wiege, die mit ſchoͤnen Tuͤchern, und nach Maßgabe des Wohlſtandes der Eltern mit goldnen und ſilbernen Guͤrteln und mit Baͤndern geſchmuͤckt iſt; heben die Wiege drei bis vier Mal in die Hoͤhe, und geben der kleinen Tochter einen Namen. Das Maͤdchen, welches am Haupte des Kindes ſteht, iſt die Pathe oder Gevatterin, und die ganze Feier- lichkeit wird mit einem froͤhlichen Mahle beſchloſſen.
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iſt. Der Beſchneider bleibt nachher einige Tage bei
den Eltern des Kindes, und muß die Heilung der
Wunden deſſelben beſorgen.
Kranke Kinder werden nicht am achten Tage,
ſondern ſpaͤter beſchnitten; ſterben ſie vorher, ſo
beſchneidet man ſie auf dem Begraͤbnißplatz, das
Gebet faͤllt aber dann weg, und in einem Denk-
male, welches man auf dem Grabe errichtet, er-
ſucht man die frommen Jſraeliten, fuͤr das abge-
ſchiedene Kind fleißig zu beten, damit der heilige,
hochgelobte Gott es doch am Auferſtehungstage
aufwecken und wieder lebendig machen moͤge.
Mit den Toͤchtern macht man weniger Um-
ſtaͤnde; auch gewaͤhrt ihre Geburt den Eltern lange
nicht die Freude, wie die eines Knaben. Ja, oft
iſt man ſogar voll Kummer und Herzeleid daruͤber,
wenn man mit inniger Sehnſucht die Erſcheinung
eines kleinen Meſſias erwartete, und ſich ploͤtzlich
in ſeinen ſuͤßeſten Hoffnungen getaͤuſcht ſieht.
Wenn das Kind ſechs Wochen alt iſt, kommen
einige junge Maͤdchen, ſetzen ſich um die Wiege,
die mit ſchoͤnen Tuͤchern, und nach Maßgabe des
Wohlſtandes der Eltern mit goldnen und ſilbernen
Guͤrteln und mit Baͤndern geſchmuͤckt iſt; heben
die Wiege drei bis vier Mal in die Hoͤhe, und
geben der kleinen Tochter einen Namen. Das
Maͤdchen, welches am Haupte des Kindes ſteht,
iſt die Pathe oder Gevatterin, und die ganze Feier-
lichkeit wird mit einem froͤhlichen Mahle beſchloſſen.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/83>, abgerufen am 21.11.2024.
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