Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

nun sehr demuth- und sehnsuchtvoll, als Mitarbei-
ter am Drapeau blanc, in Paris auf bessere Zei-
ten. Ja, sogar die heilige, allein seligmachende
Kirche erlitt durch das Bücherschreiben und Bücher-
drucken so furchtbare Erschütterungen und Stöße,
daß sie jetzt beinahe noch morscher und baufälliger
ist, als irgend ein Schaf- oder Gänsestall unter
dem Monde.

All' dies Unglück, alle diese Leiden verdanken
wir der heillosen Buchdruckerkunst, und daher be-
haupte ich mit Recht, daß man die Freiheit, Bü-
cher drucken zu lassen, auf eine gewisse Zunft ge-
prüfter, frommer und geistvoller Männer, wie die
vorhin genannten und deren Gelichter einschränken
müßte. Uebrigens zweifle ich doch, daß man hie-
durch den beabsichtigten Zweck völlig erreichen wür-
de, wenn man nicht zugleich alles Sprechen, und

Aehnliche Hoffnungen und Wünsche, wie jene des
Herrn von Haller schwebten auch wahrscheinlich dem
verstorbenen Grafen F. L. von Stolberg vor, als
er sich von einem eifrigen lutherischen Zionswächter
plötzlich in einen eben so eifrigen Papisten umwan-
delte. Dies gab nachher Jemanben Anlaß zu dem
Sinngedicht:
Den Lorbeerkranz sich zu erwerben,
Gelang ihm nicht so ganz;
Um doch nicht ohne Kranz zu sterben,
Nahm er den Rosenkranz.

nun ſehr demuth- und ſehnſuchtvoll, als Mitarbei-
ter am Drapeau blanc, in Paris auf beſſere Zei-
ten. Ja, ſogar die heilige, allein ſeligmachende
Kirche erlitt durch das Buͤcherſchreiben und Buͤcher-
drucken ſo furchtbare Erſchuͤtterungen und Stoͤße,
daß ſie jetzt beinahe noch morſcher und baufaͤlliger
iſt, als irgend ein Schaf- oder Gaͤnſeſtall unter
dem Monde.

All’ dies Ungluͤck, alle dieſe Leiden verdanken
wir der heilloſen Buchdruckerkunſt, und daher be-
haupte ich mit Recht, daß man die Freiheit, Buͤ-
cher drucken zu laſſen, auf eine gewiſſe Zunft ge-
pruͤfter, frommer und geiſtvoller Maͤnner, wie die
vorhin genannten und deren Gelichter einſchraͤnken
muͤßte. Uebrigens zweifle ich doch, daß man hie-
durch den beabſichtigten Zweck voͤllig erreichen wuͤr-
de, wenn man nicht zugleich alles Sprechen, und

Aehnliche Hoffnungen und Wuͤnſche, wie jene des
Herrn von Haller ſchwebten auch wahrſcheinlich dem
verſtorbenen Grafen F. L. von Stolberg vor, als
er ſich von einem eifrigen lutheriſchen Zionswaͤchter
ploͤtzlich in einen eben ſo eifrigen Papiſten umwan-
delte. Dies gab nachher Jemanben Anlaß zu dem
Sinngedicht:
Den Lorbeerkranz ſich zu erwerben,
Gelang ihm nicht ſo ganz;
Um doch nicht ohne Kranz zu ſterben,
Nahm er den Roſenkranz.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0114" n="114"/>
nun &#x017F;ehr demuth- und &#x017F;ehn&#x017F;uchtvoll, als Mitarbei-<lb/>
ter am Drapeau blanc, in Paris auf be&#x017F;&#x017F;ere Zei-<lb/>
ten. Ja, &#x017F;ogar die heilige, allein &#x017F;eligmachende<lb/>
Kirche erlitt durch das Bu&#x0364;cher&#x017F;chreiben und Bu&#x0364;cher-<lb/>
drucken &#x017F;o furchtbare Er&#x017F;chu&#x0364;tterungen und Sto&#x0364;ße,<lb/>
daß &#x017F;ie jetzt beinahe noch mor&#x017F;cher und baufa&#x0364;lliger<lb/>
i&#x017F;t, als irgend ein Schaf- oder Ga&#x0364;n&#x017F;e&#x017F;tall unter<lb/>
dem Monde.</p><lb/>
        <p>All&#x2019; dies Unglu&#x0364;ck, alle die&#x017F;e Leiden verdanken<lb/>
wir der heillo&#x017F;en Buchdruckerkun&#x017F;t, und daher be-<lb/>
haupte ich mit Recht, daß man die Freiheit, Bu&#x0364;-<lb/>
cher drucken zu la&#x017F;&#x017F;en, auf eine gewi&#x017F;&#x017F;e Zunft ge-<lb/>
pru&#x0364;fter, frommer und gei&#x017F;tvoller Ma&#x0364;nner, wie die<lb/>
vorhin genannten und deren Gelichter ein&#x017F;chra&#x0364;nken<lb/>
mu&#x0364;ßte. Uebrigens zweifle ich doch, daß man hie-<lb/>
durch den beab&#x017F;ichtigten Zweck vo&#x0364;llig erreichen wu&#x0364;r-<lb/>
de, wenn man nicht zugleich alles Sprechen, und<lb/><note xml:id="seg2pn_5_2" prev="#seg2pn_5_1" place="foot" n="*)">Aehnliche Hoffnungen und Wu&#x0364;n&#x017F;che, wie jene des<lb/>
Herrn von Haller &#x017F;chwebten auch wahr&#x017F;cheinlich dem<lb/>
ver&#x017F;torbenen Grafen F. L. von Stolberg vor, als<lb/>
er &#x017F;ich von einem eifrigen lutheri&#x017F;chen Zionswa&#x0364;chter<lb/>
plo&#x0364;tzlich in einen eben &#x017F;o eifrigen Papi&#x017F;ten umwan-<lb/>
delte. Dies gab nachher Jemanben Anlaß zu dem<lb/>
Sinngedicht:<lb/><lg type="poem"><l>Den Lorbeerkranz &#x017F;ich zu erwerben,</l><lb/><l>Gelang ihm nicht &#x017F;o ganz;</l><lb/><l>Um doch nicht ohne Kranz zu &#x017F;terben,</l><lb/><l>Nahm er den Ro&#x017F;enkranz.</l></lg></note><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[114/0114] nun ſehr demuth- und ſehnſuchtvoll, als Mitarbei- ter am Drapeau blanc, in Paris auf beſſere Zei- ten. Ja, ſogar die heilige, allein ſeligmachende Kirche erlitt durch das Buͤcherſchreiben und Buͤcher- drucken ſo furchtbare Erſchuͤtterungen und Stoͤße, daß ſie jetzt beinahe noch morſcher und baufaͤlliger iſt, als irgend ein Schaf- oder Gaͤnſeſtall unter dem Monde. All’ dies Ungluͤck, alle dieſe Leiden verdanken wir der heilloſen Buchdruckerkunſt, und daher be- haupte ich mit Recht, daß man die Freiheit, Buͤ- cher drucken zu laſſen, auf eine gewiſſe Zunft ge- pruͤfter, frommer und geiſtvoller Maͤnner, wie die vorhin genannten und deren Gelichter einſchraͤnken muͤßte. Uebrigens zweifle ich doch, daß man hie- durch den beabſichtigten Zweck voͤllig erreichen wuͤr- de, wenn man nicht zugleich alles Sprechen, und *) *) Aehnliche Hoffnungen und Wuͤnſche, wie jene des Herrn von Haller ſchwebten auch wahrſcheinlich dem verſtorbenen Grafen F. L. von Stolberg vor, als er ſich von einem eifrigen lutheriſchen Zionswaͤchter ploͤtzlich in einen eben ſo eifrigen Papiſten umwan- delte. Dies gab nachher Jemanben Anlaß zu dem Sinngedicht: Den Lorbeerkranz ſich zu erwerben, Gelang ihm nicht ſo ganz; Um doch nicht ohne Kranz zu ſterben, Nahm er den Roſenkranz.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/114
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/114>, abgerufen am 27.11.2024.