Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

ten, in Jnquisitionsgerichten, und in den heimlichen
Angebereien seiner Spione und Spürhunde Zuflucht
und Sicherheit. Nichts ist den Söhnen Ketura's
verhaßter, als das sittliche und geistige Fortschrei-
ten der Völker. Gerne möchten sie mit Circens
Zauberstab die ganze Menschheit in eine Heerde
Säue verwandeln, um sie desto leichter beherrschen
und -- schinden zu können. Denn ihnen ist es
weit lieber die Oberhäupter großer Viehheerden, als
die Leiter vernünftiger, mit ihren Rechten und
Pflichten bekannter Wesen zu seyn. Tyrannen fürch-
ten nichts mehr, als mit der Vernunft in Ver-
wickelung zu kommen; daher schließen sie, wo sie
nur können, an das Pfaffenthum sich an; dieses,
selbst auf Finsterniß gegründet, bietet ihnen ja die
sicherste Stütze dar. Das war von jeher die Po-
litik aller legitimen Söhne Ketura's, sowohl in
Republiken, als in Monarchieen; eine Politik, die
von weisen und edlen Regenten verschmähet und
verachtet, von gekrönten Taugenichtsen und Schur-
ken aber mit Eifer gehandhabt ward, weil sie ih-
nen das sicherste Mittel schien, sich in ihrer unrecht-
mäßigen Gewalt zu erhalten, und bei der verblen-
deten Menge sich Gehorsam zu schaffen. Ja, wir
haben Beispiele in der Geschichte, daß Herrscher
der Art für Söhne der Götter, für Statthalter
Gottes und selbst für Götter gehalten seyn wollten,
sich bei ihrem Leben noch Tempel und Altäre er-

ten, in Jnquiſitionsgerichten, und in den heimlichen
Angebereien ſeiner Spione und Spuͤrhunde Zuflucht
und Sicherheit. Nichts iſt den Soͤhnen Ketura’s
verhaßter, als das ſittliche und geiſtige Fortſchrei-
ten der Voͤlker. Gerne moͤchten ſie mit Circens
Zauberſtab die ganze Menſchheit in eine Heerde
Saͤue verwandeln, um ſie deſto leichter beherrſchen
und — ſchinden zu koͤnnen. Denn ihnen iſt es
weit lieber die Oberhaͤupter großer Viehheerden, als
die Leiter vernuͤnftiger, mit ihren Rechten und
Pflichten bekannter Weſen zu ſeyn. Tyrannen fuͤrch-
ten nichts mehr, als mit der Vernunft in Ver-
wickelung zu kommen; daher ſchließen ſie, wo ſie
nur koͤnnen, an das Pfaffenthum ſich an; dieſes,
ſelbſt auf Finſterniß gegruͤndet, bietet ihnen ja die
ſicherſte Stuͤtze dar. Das war von jeher die Po-
litik aller legitimen Soͤhne Ketura’s, ſowohl in
Republiken, als in Monarchieen; eine Politik, die
von weiſen und edlen Regenten verſchmaͤhet und
verachtet, von gekroͤnten Taugenichtſen und Schur-
ken aber mit Eifer gehandhabt ward, weil ſie ih-
nen das ſicherſte Mittel ſchien, ſich in ihrer unrecht-
maͤßigen Gewalt zu erhalten, und bei der verblen-
deten Menge ſich Gehorſam zu ſchaffen. Ja, wir
haben Beiſpiele in der Geſchichte, daß Herrſcher
der Art fuͤr Soͤhne der Goͤtter, fuͤr Statthalter
Gottes und ſelbſt fuͤr Goͤtter gehalten ſeyn wollten,
ſich bei ihrem Leben noch Tempel und Altaͤre er-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0134" n="134"/>
ten, in Jnqui&#x017F;itionsgerichten, und in den heimlichen<lb/>
Angebereien &#x017F;einer Spione und Spu&#x0364;rhunde Zuflucht<lb/>
und Sicherheit. Nichts i&#x017F;t den So&#x0364;hnen Ketura&#x2019;s<lb/>
verhaßter, als das &#x017F;ittliche und gei&#x017F;tige Fort&#x017F;chrei-<lb/>
ten der Vo&#x0364;lker. Gerne mo&#x0364;chten &#x017F;ie mit Circens<lb/>
Zauber&#x017F;tab die ganze Men&#x017F;chheit in eine Heerde<lb/>
Sa&#x0364;ue verwandeln, um &#x017F;ie de&#x017F;to leichter beherr&#x017F;chen<lb/>
und &#x2014; &#x017F;chinden zu ko&#x0364;nnen. Denn ihnen i&#x017F;t es<lb/>
weit lieber die Oberha&#x0364;upter großer Viehheerden, als<lb/>
die Leiter vernu&#x0364;nftiger, mit ihren Rechten und<lb/>
Pflichten bekannter We&#x017F;en zu &#x017F;eyn. Tyrannen fu&#x0364;rch-<lb/>
ten nichts mehr, als mit der Vernunft in Ver-<lb/>
wickelung zu kommen; daher &#x017F;chließen &#x017F;ie, wo &#x017F;ie<lb/>
nur ko&#x0364;nnen, an das Pfaffenthum &#x017F;ich an; die&#x017F;es,<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t auf Fin&#x017F;terniß gegru&#x0364;ndet, bietet ihnen ja die<lb/>
&#x017F;icher&#x017F;te Stu&#x0364;tze dar. Das war von jeher die Po-<lb/>
litik aller legitimen So&#x0364;hne Ketura&#x2019;s, &#x017F;owohl in<lb/>
Republiken, als in Monarchieen; eine Politik, die<lb/>
von wei&#x017F;en und edlen Regenten ver&#x017F;chma&#x0364;het und<lb/>
verachtet, von gekro&#x0364;nten Taugenicht&#x017F;en und Schur-<lb/>
ken aber mit Eifer gehandhabt ward, weil &#x017F;ie ih-<lb/>
nen das &#x017F;icher&#x017F;te Mittel &#x017F;chien, &#x017F;ich in ihrer unrecht-<lb/>
ma&#x0364;ßigen Gewalt zu erhalten, und bei der verblen-<lb/>
deten Menge &#x017F;ich Gehor&#x017F;am zu &#x017F;chaffen. Ja, wir<lb/>
haben Bei&#x017F;piele in der Ge&#x017F;chichte, daß Herr&#x017F;cher<lb/>
der Art fu&#x0364;r So&#x0364;hne der Go&#x0364;tter, fu&#x0364;r Statthalter<lb/>
Gottes und &#x017F;elb&#x017F;t fu&#x0364;r Go&#x0364;tter gehalten &#x017F;eyn wollten,<lb/>
&#x017F;ich bei ihrem Leben noch Tempel und Alta&#x0364;re er-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[134/0134] ten, in Jnquiſitionsgerichten, und in den heimlichen Angebereien ſeiner Spione und Spuͤrhunde Zuflucht und Sicherheit. Nichts iſt den Soͤhnen Ketura’s verhaßter, als das ſittliche und geiſtige Fortſchrei- ten der Voͤlker. Gerne moͤchten ſie mit Circens Zauberſtab die ganze Menſchheit in eine Heerde Saͤue verwandeln, um ſie deſto leichter beherrſchen und — ſchinden zu koͤnnen. Denn ihnen iſt es weit lieber die Oberhaͤupter großer Viehheerden, als die Leiter vernuͤnftiger, mit ihren Rechten und Pflichten bekannter Weſen zu ſeyn. Tyrannen fuͤrch- ten nichts mehr, als mit der Vernunft in Ver- wickelung zu kommen; daher ſchließen ſie, wo ſie nur koͤnnen, an das Pfaffenthum ſich an; dieſes, ſelbſt auf Finſterniß gegruͤndet, bietet ihnen ja die ſicherſte Stuͤtze dar. Das war von jeher die Po- litik aller legitimen Soͤhne Ketura’s, ſowohl in Republiken, als in Monarchieen; eine Politik, die von weiſen und edlen Regenten verſchmaͤhet und verachtet, von gekroͤnten Taugenichtſen und Schur- ken aber mit Eifer gehandhabt ward, weil ſie ih- nen das ſicherſte Mittel ſchien, ſich in ihrer unrecht- maͤßigen Gewalt zu erhalten, und bei der verblen- deten Menge ſich Gehorſam zu ſchaffen. Ja, wir haben Beiſpiele in der Geſchichte, daß Herrſcher der Art fuͤr Soͤhne der Goͤtter, fuͤr Statthalter Gottes und ſelbſt fuͤr Goͤtter gehalten ſeyn wollten, ſich bei ihrem Leben noch Tempel und Altaͤre er-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/134
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/134>, abgerufen am 27.11.2024.