Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

Eigenthum" über; noch immer sind Horazens
Oden die Oden des Horaz, und keines andern; man
spricht von Göthe's Wahlverwandtschaften
und nicht von Cotta's Wahlverwandtschaf-
ten.
Dies ist die einzige Art von geistigem
Eigenthum,
die man sich vernünftiger Weise den-
ken kann. Es ist so geistiger Natur, daß es
weder von Motten und Rost gefressen, noch von
Vor- und Nachdruckern geraubt werden kann. Eine
unrechtmäßige Entreißung dieses geistigen Eigen-
thums
von Seiten des Nachdruckers kann blos
durch das unwahre Vorgeben statt finden, daß er
und nicht der Schriftsteller Verfasser des nachge-
druckten Werks sey; ein Fall aber, der sich seit
unsers Heilandes Geburt gar in Deutschland nicht
zugetragen hat. Der Nachdrucker entwendet folg-
lich dem Schriftsteller, dessen Namen er dem Werke
vordrucken läßt, gar nichts von seinem "geisti-
gen Eigenthum,
" und eben so wenig stiehlt er
dem Verleger etwas von seinem "materiellen;"
denn er raubt demselben weder das, vom Verfasser
ihm übergebene Manuskript, noch die davon genom-
menen Abdrücke; sondern er macht blos von dem,
ihm ohne alle Bedingung verkauften Exemplar einen
Gebrauch, den Jeder von seinem rechtmäßigen und
unbedingten Eigenthum machen darf. Wird man
doch Niemanden das Recht bestreiten, sein Buch an
tausend und abermal tausend Personen auszuleihen,

wenn

Eigenthum« uͤber; noch immer ſind Horazens
Oden die Oden des Horaz, und keines andern; man
ſpricht von Goͤthe’s Wahlverwandtſchaften
und nicht von Cotta’s Wahlverwandtſchaf-
ten.
Dies iſt die einzige Art von geiſtigem
Eigenthum,
die man ſich vernuͤnftiger Weiſe den-
ken kann. Es iſt ſo geiſtiger Natur, daß es
weder von Motten und Roſt gefreſſen, noch von
Vor- und Nachdruckern geraubt werden kann. Eine
unrechtmaͤßige Entreißung dieſes geiſtigen Eigen-
thums
von Seiten des Nachdruckers kann blos
durch das unwahre Vorgeben ſtatt finden, daß er
und nicht der Schriftſteller Verfaſſer des nachge-
druckten Werks ſey; ein Fall aber, der ſich ſeit
unſers Heilandes Geburt gar in Deutſchland nicht
zugetragen hat. Der Nachdrucker entwendet folg-
lich dem Schriftſteller, deſſen Namen er dem Werke
vordrucken laͤßt, gar nichts von ſeinem »geiſti-
gen Eigenthum,
« und eben ſo wenig ſtiehlt er
dem Verleger etwas von ſeinem »materiellen;«
denn er raubt demſelben weder das, vom Verfaſſer
ihm uͤbergebene Manuſkript, noch die davon genom-
menen Abdruͤcke; ſondern er macht blos von dem,
ihm ohne alle Bedingung verkauften Exemplar einen
Gebrauch, den Jeder von ſeinem rechtmaͤßigen und
unbedingten Eigenthum machen darf. Wird man
doch Niemanden das Recht beſtreiten, ſein Buch an
tauſend und abermal tauſend Perſonen auszuleihen,

wenn
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0016" n="16"/>
Eigenthum</hi>« u&#x0364;ber; noch immer &#x017F;ind Horazens<lb/>
Oden die Oden des Horaz, und keines andern; man<lb/>
&#x017F;pricht von <hi rendition="#g">Go&#x0364;the&#x2019;s Wahlverwandt&#x017F;chaften</hi><lb/>
und nicht von <hi rendition="#g">Cotta&#x2019;s Wahlverwandt&#x017F;chaf-<lb/>
ten.</hi> Dies i&#x017F;t die einzige Art von <hi rendition="#g">gei&#x017F;tigem<lb/>
Eigenthum,</hi> die man &#x017F;ich vernu&#x0364;nftiger Wei&#x017F;e den-<lb/>
ken kann. Es i&#x017F;t &#x017F;o <hi rendition="#g">gei&#x017F;tiger</hi> Natur, daß es<lb/>
weder von Motten und Ro&#x017F;t gefre&#x017F;&#x017F;en, noch von<lb/>
Vor- und Nachdruckern geraubt werden kann. Eine<lb/>
unrechtma&#x0364;ßige Entreißung die&#x017F;es <hi rendition="#g">gei&#x017F;tigen Eigen-<lb/>
thums</hi> von Seiten des Nachdruckers kann blos<lb/>
durch das unwahre Vorgeben &#x017F;tatt finden, daß <hi rendition="#g">er</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">nicht</hi> der Schrift&#x017F;teller Verfa&#x017F;&#x017F;er des nachge-<lb/>
druckten Werks &#x017F;ey; ein Fall aber, der &#x017F;ich &#x017F;eit<lb/>
un&#x017F;ers Heilandes Geburt gar in Deut&#x017F;chland nicht<lb/>
zugetragen hat. Der Nachdrucker entwendet folg-<lb/>
lich dem Schrift&#x017F;teller, de&#x017F;&#x017F;en Namen er dem Werke<lb/>
vordrucken la&#x0364;ßt, gar nichts von &#x017F;einem »<hi rendition="#g">gei&#x017F;ti-<lb/>
gen Eigenthum,</hi>« und eben &#x017F;o wenig &#x017F;tiehlt er<lb/>
dem Verleger etwas von &#x017F;einem »<hi rendition="#g">materiellen;</hi>«<lb/>
denn er raubt dem&#x017F;elben weder das, vom Verfa&#x017F;&#x017F;er<lb/>
ihm u&#x0364;bergebene Manu&#x017F;kript, noch die davon genom-<lb/>
menen Abdru&#x0364;cke; &#x017F;ondern er macht blos von dem,<lb/>
ihm ohne alle Bedingung verkauften Exemplar einen<lb/>
Gebrauch, den Jeder von &#x017F;einem rechtma&#x0364;ßigen und<lb/>
unbedingten Eigenthum machen darf. Wird man<lb/>
doch Niemanden das Recht be&#x017F;treiten, &#x017F;ein Buch an<lb/>
tau&#x017F;end und abermal tau&#x017F;end Per&#x017F;onen auszuleihen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wenn</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0016] Eigenthum« uͤber; noch immer ſind Horazens Oden die Oden des Horaz, und keines andern; man ſpricht von Goͤthe’s Wahlverwandtſchaften und nicht von Cotta’s Wahlverwandtſchaf- ten. Dies iſt die einzige Art von geiſtigem Eigenthum, die man ſich vernuͤnftiger Weiſe den- ken kann. Es iſt ſo geiſtiger Natur, daß es weder von Motten und Roſt gefreſſen, noch von Vor- und Nachdruckern geraubt werden kann. Eine unrechtmaͤßige Entreißung dieſes geiſtigen Eigen- thums von Seiten des Nachdruckers kann blos durch das unwahre Vorgeben ſtatt finden, daß er und nicht der Schriftſteller Verfaſſer des nachge- druckten Werks ſey; ein Fall aber, der ſich ſeit unſers Heilandes Geburt gar in Deutſchland nicht zugetragen hat. Der Nachdrucker entwendet folg- lich dem Schriftſteller, deſſen Namen er dem Werke vordrucken laͤßt, gar nichts von ſeinem »geiſti- gen Eigenthum,« und eben ſo wenig ſtiehlt er dem Verleger etwas von ſeinem »materiellen;« denn er raubt demſelben weder das, vom Verfaſſer ihm uͤbergebene Manuſkript, noch die davon genom- menen Abdruͤcke; ſondern er macht blos von dem, ihm ohne alle Bedingung verkauften Exemplar einen Gebrauch, den Jeder von ſeinem rechtmaͤßigen und unbedingten Eigenthum machen darf. Wird man doch Niemanden das Recht beſtreiten, ſein Buch an tauſend und abermal tauſend Perſonen auszuleihen, wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/16
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/16>, abgerufen am 21.11.2024.