Eigenthum" über; noch immer sind Horazens Oden die Oden des Horaz, und keines andern; man spricht von Göthe's Wahlverwandtschaften und nicht von Cotta's Wahlverwandtschaf- ten. Dies ist die einzige Art von geistigem Eigenthum, die man sich vernünftiger Weise den- ken kann. Es ist so geistiger Natur, daß es weder von Motten und Rost gefressen, noch von Vor- und Nachdruckern geraubt werden kann. Eine unrechtmäßige Entreißung dieses geistigen Eigen- thums von Seiten des Nachdruckers kann blos durch das unwahre Vorgeben statt finden, daß er und nicht der Schriftsteller Verfasser des nachge- druckten Werks sey; ein Fall aber, der sich seit unsers Heilandes Geburt gar in Deutschland nicht zugetragen hat. Der Nachdrucker entwendet folg- lich dem Schriftsteller, dessen Namen er dem Werke vordrucken läßt, gar nichts von seinem "geisti- gen Eigenthum," und eben so wenig stiehlt er dem Verleger etwas von seinem "materiellen;" denn er raubt demselben weder das, vom Verfasser ihm übergebene Manuskript, noch die davon genom- menen Abdrücke; sondern er macht blos von dem, ihm ohne alle Bedingung verkauften Exemplar einen Gebrauch, den Jeder von seinem rechtmäßigen und unbedingten Eigenthum machen darf. Wird man doch Niemanden das Recht bestreiten, sein Buch an tausend und abermal tausend Personen auszuleihen,
wenn
Eigenthum« uͤber; noch immer ſind Horazens Oden die Oden des Horaz, und keines andern; man ſpricht von Goͤthe’s Wahlverwandtſchaften und nicht von Cotta’s Wahlverwandtſchaf- ten. Dies iſt die einzige Art von geiſtigem Eigenthum, die man ſich vernuͤnftiger Weiſe den- ken kann. Es iſt ſo geiſtiger Natur, daß es weder von Motten und Roſt gefreſſen, noch von Vor- und Nachdruckern geraubt werden kann. Eine unrechtmaͤßige Entreißung dieſes geiſtigen Eigen- thums von Seiten des Nachdruckers kann blos durch das unwahre Vorgeben ſtatt finden, daß er und nicht der Schriftſteller Verfaſſer des nachge- druckten Werks ſey; ein Fall aber, der ſich ſeit unſers Heilandes Geburt gar in Deutſchland nicht zugetragen hat. Der Nachdrucker entwendet folg- lich dem Schriftſteller, deſſen Namen er dem Werke vordrucken laͤßt, gar nichts von ſeinem »geiſti- gen Eigenthum,« und eben ſo wenig ſtiehlt er dem Verleger etwas von ſeinem »materiellen;« denn er raubt demſelben weder das, vom Verfaſſer ihm uͤbergebene Manuſkript, noch die davon genom- menen Abdruͤcke; ſondern er macht blos von dem, ihm ohne alle Bedingung verkauften Exemplar einen Gebrauch, den Jeder von ſeinem rechtmaͤßigen und unbedingten Eigenthum machen darf. Wird man doch Niemanden das Recht beſtreiten, ſein Buch an tauſend und abermal tauſend Perſonen auszuleihen,
wenn
<TEI><text><body><divn="1"><p><hirendition="#g"><pbfacs="#f0016"n="16"/>
Eigenthum</hi>« uͤber; noch immer ſind Horazens<lb/>
Oden die Oden des Horaz, und keines andern; man<lb/>ſpricht von <hirendition="#g">Goͤthe’s Wahlverwandtſchaften</hi><lb/>
und nicht von <hirendition="#g">Cotta’s Wahlverwandtſchaf-<lb/>
ten.</hi> Dies iſt die einzige Art von <hirendition="#g">geiſtigem<lb/>
Eigenthum,</hi> die man ſich vernuͤnftiger Weiſe den-<lb/>
ken kann. Es iſt ſo <hirendition="#g">geiſtiger</hi> Natur, daß es<lb/>
weder von Motten und Roſt gefreſſen, noch von<lb/>
Vor- und Nachdruckern geraubt werden kann. Eine<lb/>
unrechtmaͤßige Entreißung dieſes <hirendition="#g">geiſtigen Eigen-<lb/>
thums</hi> von Seiten des Nachdruckers kann blos<lb/>
durch das unwahre Vorgeben ſtatt finden, daß <hirendition="#g">er</hi><lb/>
und <hirendition="#g">nicht</hi> der Schriftſteller Verfaſſer des nachge-<lb/>
druckten Werks ſey; ein Fall aber, der ſich ſeit<lb/>
unſers Heilandes Geburt gar in Deutſchland nicht<lb/>
zugetragen hat. Der Nachdrucker entwendet folg-<lb/>
lich dem Schriftſteller, deſſen Namen er dem Werke<lb/>
vordrucken laͤßt, gar nichts von ſeinem »<hirendition="#g">geiſti-<lb/>
gen Eigenthum,</hi>« und eben ſo wenig ſtiehlt er<lb/>
dem Verleger etwas von ſeinem »<hirendition="#g">materiellen;</hi>«<lb/>
denn er raubt demſelben weder das, vom Verfaſſer<lb/>
ihm uͤbergebene Manuſkript, noch die davon genom-<lb/>
menen Abdruͤcke; ſondern er macht blos von dem,<lb/>
ihm ohne alle Bedingung verkauften Exemplar einen<lb/>
Gebrauch, den Jeder von ſeinem rechtmaͤßigen und<lb/>
unbedingten Eigenthum machen darf. Wird man<lb/>
doch Niemanden das Recht beſtreiten, ſein Buch an<lb/>
tauſend und abermal tauſend Perſonen auszuleihen,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wenn</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[16/0016]
Eigenthum« uͤber; noch immer ſind Horazens
Oden die Oden des Horaz, und keines andern; man
ſpricht von Goͤthe’s Wahlverwandtſchaften
und nicht von Cotta’s Wahlverwandtſchaf-
ten. Dies iſt die einzige Art von geiſtigem
Eigenthum, die man ſich vernuͤnftiger Weiſe den-
ken kann. Es iſt ſo geiſtiger Natur, daß es
weder von Motten und Roſt gefreſſen, noch von
Vor- und Nachdruckern geraubt werden kann. Eine
unrechtmaͤßige Entreißung dieſes geiſtigen Eigen-
thums von Seiten des Nachdruckers kann blos
durch das unwahre Vorgeben ſtatt finden, daß er
und nicht der Schriftſteller Verfaſſer des nachge-
druckten Werks ſey; ein Fall aber, der ſich ſeit
unſers Heilandes Geburt gar in Deutſchland nicht
zugetragen hat. Der Nachdrucker entwendet folg-
lich dem Schriftſteller, deſſen Namen er dem Werke
vordrucken laͤßt, gar nichts von ſeinem »geiſti-
gen Eigenthum,« und eben ſo wenig ſtiehlt er
dem Verleger etwas von ſeinem »materiellen;«
denn er raubt demſelben weder das, vom Verfaſſer
ihm uͤbergebene Manuſkript, noch die davon genom-
menen Abdruͤcke; ſondern er macht blos von dem,
ihm ohne alle Bedingung verkauften Exemplar einen
Gebrauch, den Jeder von ſeinem rechtmaͤßigen und
unbedingten Eigenthum machen darf. Wird man
doch Niemanden das Recht beſtreiten, ſein Buch an
tauſend und abermal tauſend Perſonen auszuleihen,
wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/16>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.