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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

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unendliches Martern, sondern die Besserung des
Bestraften zur Absicht haben. *) Das Gute, was
durch die Lehre von der Unendlichkeit der Höllen-
strafen bewirkt worden, ist gewiß sehr unbedeutend
gegen das sehr viele Böse, was die Lehre von der
Vergebung der Sünden gestiftet hat. Dieses letzte-
re Dogma ward übrigens eben so ersprießlich für
das Ansehen, den Wohlstand und die Macht der
Pfaffen, als es für Tugend und Sittlichkeit ver-
derblich war. Wie hätte man nicht den heiligen
und ehrwürdigen Männern, die mit dem wichtigen
Amte der Schlüssel des Himmelreichs von Gott
selbst bekleidet waren, und Jedem nach Belieben die
Pforten des Paradieses und der Hölle öffnen und
zuschließen konnten; wie hätte man ihnen nicht mit
vollen Händen Geschenke und Gaben darbringen,

*) Wenn im neuen Testament von den Strafen der
Verdammten gesprochen wird, so heißt es häufig:
sie werden gequält werden von Ewigkeit zu Ewig-
keit, also von einer Ewigkeit zur andern. Offen-
bar dient hier das Wort Ewigkeit zur Bezeich-
nung eines sehr langen Zeitraums, der aber ein
Ende nimmt, da nachher eine andere Ewigkeit be-
ginut. Von einer Qual, die niemals endet, ist nir-
gends die Rede. Wer die Unendlichkeit der Höllen-
strafen leugnet, kann noch immer ihre Ewigkeit zu-
geben, und widerspricht damit keineswegs der Bibel.
M. s. auch die kleine Schrift von Walther: Beweis,
daß die Höllenstrafen nicht ewig dauern.

unendliches Martern, ſondern die Beſſerung des
Beſtraften zur Abſicht haben. *) Das Gute, was
durch die Lehre von der Unendlichkeit der Hoͤllen-
ſtrafen bewirkt worden, iſt gewiß ſehr unbedeutend
gegen das ſehr viele Boͤſe, was die Lehre von der
Vergebung der Suͤnden geſtiftet hat. Dieſes letzte-
re Dogma ward uͤbrigens eben ſo erſprießlich fuͤr
das Anſehen, den Wohlſtand und die Macht der
Pfaffen, als es fuͤr Tugend und Sittlichkeit ver-
derblich war. Wie haͤtte man nicht den heiligen
und ehrwuͤrdigen Maͤnnern, die mit dem wichtigen
Amte der Schluͤſſel des Himmelreichs von Gott
ſelbſt bekleidet waren, und Jedem nach Belieben die
Pforten des Paradieſes und der Hoͤlle oͤffnen und
zuſchließen konnten; wie haͤtte man ihnen nicht mit
vollen Haͤnden Geſchenke und Gaben darbringen,

*) Wenn im neuen Teſtament von den Strafen der
Verdammten geſprochen wird, ſo heißt es haͤufig:
ſie werden gequaͤlt werden von Ewigkeit zu Ewig-
keit, alſo von einer Ewigkeit zur andern. Offen-
bar dient hier das Wort Ewigkeit zur Bezeich-
nung eines ſehr langen Zeitraums, der aber ein
Ende nimmt, da nachher eine andere Ewigkeit be-
ginut. Von einer Qual, die niemals endet, iſt nir-
gends die Rede. Wer die Unendlichkeit der Hoͤllen-
ſtrafen leugnet, kann noch immer ihre Ewigkeit zu-
geben, und widerſpricht damit keineswegs der Bibel.
M. ſ. auch die kleine Schrift von Walther: Beweis,
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[200/0200] unendliches Martern, ſondern die Beſſerung des Beſtraften zur Abſicht haben. *) Das Gute, was durch die Lehre von der Unendlichkeit der Hoͤllen- ſtrafen bewirkt worden, iſt gewiß ſehr unbedeutend gegen das ſehr viele Boͤſe, was die Lehre von der Vergebung der Suͤnden geſtiftet hat. Dieſes letzte- re Dogma ward uͤbrigens eben ſo erſprießlich fuͤr das Anſehen, den Wohlſtand und die Macht der Pfaffen, als es fuͤr Tugend und Sittlichkeit ver- derblich war. Wie haͤtte man nicht den heiligen und ehrwuͤrdigen Maͤnnern, die mit dem wichtigen Amte der Schluͤſſel des Himmelreichs von Gott ſelbſt bekleidet waren, und Jedem nach Belieben die Pforten des Paradieſes und der Hoͤlle oͤffnen und zuſchließen konnten; wie haͤtte man ihnen nicht mit vollen Haͤnden Geſchenke und Gaben darbringen, *) Wenn im neuen Teſtament von den Strafen der Verdammten geſprochen wird, ſo heißt es haͤufig: ſie werden gequaͤlt werden von Ewigkeit zu Ewig- keit, alſo von einer Ewigkeit zur andern. Offen- bar dient hier das Wort Ewigkeit zur Bezeich- nung eines ſehr langen Zeitraums, der aber ein Ende nimmt, da nachher eine andere Ewigkeit be- ginut. Von einer Qual, die niemals endet, iſt nir- gends die Rede. Wer die Unendlichkeit der Hoͤllen- ſtrafen leugnet, kann noch immer ihre Ewigkeit zu- geben, und widerſpricht damit keineswegs der Bibel. M. ſ. auch die kleine Schrift von Walther: Beweis, daß die Hoͤllenſtrafen nicht ewig dauern.

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/200>, abgerufen am 15.05.2024.