lichen Vergnügungen seiner Gemeine, von Bällen, Maskeraden, Konzerten, Schauspielen und andern Ergötzlichkeiten scheinheilig zurückziehen, sondern der Erste dort auf dem Platz seyn, und der Letzte, der wieder fortgeht, um allen Unordnungen und Unsitt- lichkeiten vorzubeugen. Nur dann ist er nach dem Sinne unsers Heilandes ein guter Hirt, der seine Heerde gehörig zu hüten versteht.
Der pfäffischen Heiligthuerei liegt oft ein sehr gemeiner, pöbelhafter Eigennutz zum Grunde.
Jch kannte in meinem Vaterlande einen alten Pfarrer, der eben so orthodox, als geizig war. Er wählte sich deshalb zum Hauslehrer einen Kandi- daten der Gottesgelehrtheit, der zwar ihm völlig gleich dachte, und außer nothdürftiger Kost und Kleidung wenig begehrte, aber nächst dem Dreieini- gen und den symbolischen Büchern, Kaffe und Ta- bak am meisten liebte. Der Pfarrer mußte sich daher, wiewohl ungerne, entschliessen, ihn mit Beiden frei zu halten. Nun saßen die Herren immer recht fried- lich in ihre Dampfwolken gehüllt und schwatzten sehr erbaulich vom Lämmlein und von Blut und Wun- den, worein sie sich verkriechen wollten, wenn einst der Weltenrichter kommen, und sie als faule, un- nütze Knechte beurtheilen würde. Jndessen war doch jede frische Pfeife, die Herr Christlieb, der Kandidat, einstopfte, und jede Tasse, die er hinun- ter schlürfte, dem gottseligen Pfarrer ein Pfahl im Fleisch.
lichen Vergnuͤgungen ſeiner Gemeine, von Baͤllen, Maskeraden, Konzerten, Schauſpielen und andern Ergoͤtzlichkeiten ſcheinheilig zuruͤckziehen, ſondern der Erſte dort auf dem Platz ſeyn, und der Letzte, der wieder fortgeht, um allen Unordnungen und Unſitt- lichkeiten vorzubeugen. Nur dann iſt er nach dem Sinne unſers Heilandes ein guter Hirt, der ſeine Heerde gehoͤrig zu huͤten verſteht.
Der pfaͤffiſchen Heiligthuerei liegt oft ein ſehr gemeiner, poͤbelhafter Eigennutz zum Grunde.
Jch kannte in meinem Vaterlande einen alten Pfarrer, der eben ſo orthodox, als geizig war. Er waͤhlte ſich deshalb zum Hauslehrer einen Kandi- daten der Gottesgelehrtheit, der zwar ihm voͤllig gleich dachte, und außer nothduͤrftiger Koſt und Kleidung wenig begehrte, aber naͤchſt dem Dreieini- gen und den ſymboliſchen Buͤchern, Kaffe und Ta- bak am meiſten liebte. Der Pfarrer mußte ſich daher, wiewohl ungerne, entſchlieſſen, ihn mit Beiden frei zu halten. Nun ſaßen die Herren immer recht fried- lich in ihre Dampfwolken gehuͤllt und ſchwatzten ſehr erbaulich vom Laͤmmlein und von Blut und Wun- den, worein ſie ſich verkriechen wollten, wenn einſt der Weltenrichter kommen, und ſie als faule, un- nuͤtze Knechte beurtheilen wuͤrde. Jndeſſen war doch jede friſche Pfeife, die Herr Chriſtlieb, der Kandidat, einſtopfte, und jede Taſſe, die er hinun- ter ſchluͤrfte, dem gottſeligen Pfarrer ein Pfahl im Fleiſch.
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lichen Vergnuͤgungen ſeiner Gemeine, von Baͤllen,
Maskeraden, Konzerten, Schauſpielen und andern
Ergoͤtzlichkeiten ſcheinheilig zuruͤckziehen, ſondern der
Erſte dort auf dem Platz ſeyn, und der Letzte, der
wieder fortgeht, um allen Unordnungen und Unſitt-
lichkeiten vorzubeugen. Nur dann iſt er nach dem
Sinne unſers Heilandes ein guter Hirt, der ſeine
Heerde gehoͤrig zu huͤten verſteht.
Der pfaͤffiſchen Heiligthuerei liegt oft ein ſehr
gemeiner, poͤbelhafter Eigennutz zum Grunde.
Jch kannte in meinem Vaterlande einen alten
Pfarrer, der eben ſo orthodox, als geizig war. Er
waͤhlte ſich deshalb zum Hauslehrer einen Kandi-
daten der Gottesgelehrtheit, der zwar ihm voͤllig
gleich dachte, und außer nothduͤrftiger Koſt und
Kleidung wenig begehrte, aber naͤchſt dem Dreieini-
gen und den ſymboliſchen Buͤchern, Kaffe und Ta-
bak am meiſten liebte. Der Pfarrer mußte ſich
daher, wiewohl ungerne, entſchlieſſen, ihn mit Beiden
frei zu halten. Nun ſaßen die Herren immer recht fried-
lich in ihre Dampfwolken gehuͤllt und ſchwatzten ſehr
erbaulich vom Laͤmmlein und von Blut und Wun-
den, worein ſie ſich verkriechen wollten, wenn einſt
der Weltenrichter kommen, und ſie als faule, un-
nuͤtze Knechte beurtheilen wuͤrde. Jndeſſen war
doch jede friſche Pfeife, die Herr Chriſtlieb, der
Kandidat, einſtopfte, und jede Taſſe, die er hinun-
ter ſchluͤrfte, dem gottſeligen Pfarrer ein Pfahl im
Fleiſch.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 247. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/247>, abgerufen am 22.11.2024.
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