Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.Mit der Schmähsucht ist der levitische Hang pold zu Stolberg, vormaliger Regierungspräsident
zu Eutin. Jn einem excentrischen, lutherisch-or- thodoxen Sendschreiben eines holsteini- schen Kirchspielvogts an seinen Freund in Schweden suchte er, obgleich die Sache ihn gar nicht einmal etwas angieng, die neue vortreff- liche, von dem würdigen Superintendent Adler ein- geführte Kirchenagende auf das Heimtückischste als schriftwidrig zu verketzern, und jenen wackern Mann selbst als einen Jrrlehrer zu verlästern; und kurze Zeit nachher trat dieser lutherische Zelot, dieser eifrige Zionswächter für die Reinheit des Luther- thums, zum Erstaunen des ganzen gebildeten Deutschlands, zur katholischen Kirche über. Das letztere wird ihm sicherlich kein Vernünftiger verdacht haben, wenn es Sache wirklicher und ge- reifter Ueberzeugung war. Denn von Handlungen dieser Art ist man Niemanden, als Dem Rechen- schaft schuldig, der Herzen und Nieren prüft. Allein das Erstere warf auf Stolbergs Kopf und Herz ei- nen häßlichen Schatten, und ich gestehe aufrichtig, daß ich seit dem Augenblick, wo ich jenes Sendschrei- ben las, von allen seinen, zum Theil sehr gemüth- lichen und anziehenden Gedichten kein einziges mehr lesen und hören mochte. Wenn Fürsten und Mini- ster sich um die Liturgieen ihrer oder gar anderer Völker bekümmern, dann ist mir für ihr Herz und ihren Kopf wahrlich sehr bange. Nur alsdann ha- Mit der Schmaͤhſucht iſt der levitiſche Hang pold zu Stolberg, vormaliger Regierungspraͤſident
zu Eutin. Jn einem excentriſchen, lutheriſch-or- thodoxen Sendſchreiben eines holſteini- ſchen Kirchſpielvogts an ſeinen Freund in Schweden ſuchte er, obgleich die Sache ihn gar nicht einmal etwas angieng, die neue vortreff- liche, von dem wuͤrdigen Superintendent Adler ein- gefuͤhrte Kirchenagende auf das Heimtuͤckiſchſte als ſchriftwidrig zu verketzern, und jenen wackern Mann ſelbſt als einen Jrrlehrer zu verlaͤſtern; und kurze Zeit nachher trat dieſer lutheriſche Zelot, dieſer eifrige Zionswaͤchter fuͤr die Reinheit des Luther- thums, zum Erſtaunen des ganzen gebildeten Deutſchlands, zur katholiſchen Kirche uͤber. Das letztere wird ihm ſicherlich kein Vernuͤnftiger verdacht haben, wenn es Sache wirklicher und ge- reifter Ueberzeugung war. Denn von Handlungen dieſer Art iſt man Niemanden, als Dem Rechen- ſchaft ſchuldig, der Herzen und Nieren pruͤft. Allein das Erſtere warf auf Stolbergs Kopf und Herz ei- nen haͤßlichen Schatten, und ich geſtehe aufrichtig, daß ich ſeit dem Augenblick, wo ich jenes Sendſchrei- ben las, von allen ſeinen, zum Theil ſehr gemuͤth- lichen und anziehenden Gedichten kein einziges mehr leſen und hoͤren mochte. Wenn Fuͤrſten und Mini- ſter ſich um die Liturgieen ihrer oder gar anderer Voͤlker bekuͤmmern, dann iſt mir fuͤr ihr Herz und ihren Kopf wahrlich ſehr bange. Nur alsdann ha- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0268" n="268"/> <p>Mit der Schmaͤhſucht iſt der levitiſche Hang<lb/> zum Schmarotzen ſehr nahe verwandt. Die Pfaf-<lb/> fen gehoͤren zu dem elenden Gewuͤrm, was auf<lb/> Erden kriecht, denn nur durch Kriechen erklommen<lb/><note next="#seg2pn_11_3" xml:id="seg2pn_11_2" prev="#seg2pn_11_1" place="foot" n="*)">pold zu Stolberg, vormaliger Regierungspraͤſident<lb/> zu Eutin. Jn einem excentriſchen, lutheriſch-or-<lb/> thodoxen <hi rendition="#g">Sendſchreiben eines holſteini-<lb/> ſchen Kirchſpielvogts an ſeinen Freund<lb/> in Schweden ſuchte er,</hi> obgleich die Sache ihn<lb/> gar nicht einmal etwas angieng, die neue vortreff-<lb/> liche, von dem wuͤrdigen Superintendent Adler ein-<lb/> gefuͤhrte Kirchenagende auf das Heimtuͤckiſchſte als<lb/> ſchriftwidrig zu verketzern, und jenen wackern Mann<lb/> ſelbſt als einen Jrrlehrer zu verlaͤſtern; und kurze<lb/> Zeit nachher trat dieſer lutheriſche Zelot, dieſer<lb/> eifrige Zionswaͤchter fuͤr die Reinheit des Luther-<lb/> thums, zum Erſtaunen des ganzen gebildeten<lb/> Deutſchlands, zur katholiſchen Kirche uͤber. Das<lb/> letztere wird ihm ſicherlich kein Vernuͤnftiger<lb/> verdacht haben, wenn es Sache wirklicher und ge-<lb/> reifter Ueberzeugung war. Denn von Handlungen<lb/> dieſer Art iſt man Niemanden, als <hi rendition="#g">Dem</hi> Rechen-<lb/> ſchaft ſchuldig, der Herzen und Nieren pruͤft. Allein<lb/> das Erſtere warf auf Stolbergs Kopf und Herz ei-<lb/> nen haͤßlichen Schatten, und ich geſtehe aufrichtig,<lb/> daß ich ſeit dem Augenblick, wo ich jenes Sendſchrei-<lb/> ben las, von allen ſeinen, zum Theil ſehr gemuͤth-<lb/> lichen und anziehenden Gedichten kein einziges mehr<lb/> leſen und hoͤren mochte. Wenn Fuͤrſten und Mini-<lb/> ſter ſich um die Liturgieen ihrer oder gar anderer<lb/> Voͤlker bekuͤmmern, dann iſt mir fuͤr ihr Herz und<lb/> ihren Kopf wahrlich ſehr bange. Nur alsdann ha-</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [268/0268]
Mit der Schmaͤhſucht iſt der levitiſche Hang
zum Schmarotzen ſehr nahe verwandt. Die Pfaf-
fen gehoͤren zu dem elenden Gewuͤrm, was auf
Erden kriecht, denn nur durch Kriechen erklommen
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*) pold zu Stolberg, vormaliger Regierungspraͤſident
zu Eutin. Jn einem excentriſchen, lutheriſch-or-
thodoxen Sendſchreiben eines holſteini-
ſchen Kirchſpielvogts an ſeinen Freund
in Schweden ſuchte er, obgleich die Sache ihn
gar nicht einmal etwas angieng, die neue vortreff-
liche, von dem wuͤrdigen Superintendent Adler ein-
gefuͤhrte Kirchenagende auf das Heimtuͤckiſchſte als
ſchriftwidrig zu verketzern, und jenen wackern Mann
ſelbſt als einen Jrrlehrer zu verlaͤſtern; und kurze
Zeit nachher trat dieſer lutheriſche Zelot, dieſer
eifrige Zionswaͤchter fuͤr die Reinheit des Luther-
thums, zum Erſtaunen des ganzen gebildeten
Deutſchlands, zur katholiſchen Kirche uͤber. Das
letztere wird ihm ſicherlich kein Vernuͤnftiger
verdacht haben, wenn es Sache wirklicher und ge-
reifter Ueberzeugung war. Denn von Handlungen
dieſer Art iſt man Niemanden, als Dem Rechen-
ſchaft ſchuldig, der Herzen und Nieren pruͤft. Allein
das Erſtere warf auf Stolbergs Kopf und Herz ei-
nen haͤßlichen Schatten, und ich geſtehe aufrichtig,
daß ich ſeit dem Augenblick, wo ich jenes Sendſchrei-
ben las, von allen ſeinen, zum Theil ſehr gemuͤth-
lichen und anziehenden Gedichten kein einziges mehr
leſen und hoͤren mochte. Wenn Fuͤrſten und Mini-
ſter ſich um die Liturgieen ihrer oder gar anderer
Voͤlker bekuͤmmern, dann iſt mir fuͤr ihr Herz und
ihren Kopf wahrlich ſehr bange. Nur alsdann ha-
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