sie nicht in den finstern Jahrhunderten der Barba- rei und Unwissenheit, die treuen Bewahrer und Ueberlieferer aller literarischen Schätze des Alter- thums? Wären nicht ohne sie viele unsterbliche Werke der griechischen und römischen Geschichtfor- scher, Weltweisen und Dichter, die uns noch jetzt zu Vorbildern dienen, für uns auf immer verlo- ren gegangen? Verdanken wir also nicht ihnen den hohen Grad geistiger und sittlicher Ausbildung und Veredlung, den wir ohne ihren sorgsamen Eifer für die Erhaltung alles dessen, was in das Feld des menschlichen Wissens einschlägt, niemals er- langt haben würden?
Traurig genug, antworten wir, daß Pfaffen und Mönche von dem Zeitpunkte an, wo das Christenthum herrschend ward und sich über unsern Welttheil verbreitete, alles geistige Fortschreiten zu hemmen, jeden Zweig des menschlichen Wissens an sich zu reissen, und Alle, die nicht Mönche und Geistliche waren, davon auszuschliessen suchten. Sie fühlten, daß Denkfreiheit und Pfaffenthum, Mön- cherei und Vernunft nicht neben einander bestehen können; und deshalb hielten sie sich befugt, durch alberne Dogmen, Mährchen und Legenden den Geist der Völker zu umnachten, und diesen jedes Mittel zu entziehen, wodurch sie sich über den frommen Betrug hätten aufklären können. Die Griechen und Römer hatten keine Mönche, keine
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ſie nicht in den finſtern Jahrhunderten der Barba- rei und Unwiſſenheit, die treuen Bewahrer und Ueberlieferer aller literariſchen Schaͤtze des Alter- thums? Waͤren nicht ohne ſie viele unſterbliche Werke der griechiſchen und roͤmiſchen Geſchichtfor- ſcher, Weltweiſen und Dichter, die uns noch jetzt zu Vorbildern dienen, fuͤr uns auf immer verlo- ren gegangen? Verdanken wir alſo nicht ihnen den hohen Grad geiſtiger und ſittlicher Ausbildung und Veredlung, den wir ohne ihren ſorgſamen Eifer fuͤr die Erhaltung alles deſſen, was in das Feld des menſchlichen Wiſſens einſchlaͤgt, niemals er- langt haben wuͤrden?
Traurig genug, antworten wir, daß Pfaffen und Moͤnche von dem Zeitpunkte an, wo das Chriſtenthum herrſchend ward und ſich uͤber unſern Welttheil verbreitete, alles geiſtige Fortſchreiten zu hemmen, jeden Zweig des menſchlichen Wiſſens an ſich zu reiſſen, und Alle, die nicht Moͤnche und Geiſtliche waren, davon auszuſchlieſſen ſuchten. Sie fuͤhlten, daß Denkfreiheit und Pfaffenthum, Moͤn- cherei und Vernunft nicht neben einander beſtehen koͤnnen; und deshalb hielten ſie ſich befugt, durch alberne Dogmen, Maͤhrchen und Legenden den Geiſt der Voͤlker zu umnachten, und dieſen jedes Mittel zu entziehen, wodurch ſie ſich uͤber den frommen Betrug haͤtten aufklaͤren koͤnnen. Die Griechen und Roͤmer hatten keine Moͤnche, keine
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ſie nicht in den finſtern Jahrhunderten der Barba-
rei und Unwiſſenheit, die treuen Bewahrer und
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thums? Waͤren nicht ohne ſie viele unſterbliche
Werke der griechiſchen und roͤmiſchen Geſchichtfor-
ſcher, Weltweiſen und Dichter, die uns noch jetzt
zu Vorbildern dienen, fuͤr uns auf immer verlo-
ren gegangen? Verdanken wir alſo nicht ihnen den
hohen Grad geiſtiger und ſittlicher Ausbildung und
Veredlung, den wir ohne ihren ſorgſamen Eifer
fuͤr die Erhaltung alles deſſen, was in das Feld
des menſchlichen Wiſſens einſchlaͤgt, niemals er-
langt haben wuͤrden?
Traurig genug, antworten wir, daß Pfaffen
und Moͤnche von dem Zeitpunkte an, wo das
Chriſtenthum herrſchend ward und ſich uͤber unſern
Welttheil verbreitete, alles geiſtige Fortſchreiten zu
hemmen, jeden Zweig des menſchlichen Wiſſens an
ſich zu reiſſen, und Alle, die nicht Moͤnche und
Geiſtliche waren, davon auszuſchlieſſen ſuchten. Sie
fuͤhlten, daß Denkfreiheit und Pfaffenthum, Moͤn-
cherei und Vernunft nicht neben einander beſtehen
koͤnnen; und deshalb hielten ſie ſich befugt, durch
alberne Dogmen, Maͤhrchen und Legenden den
Geiſt der Voͤlker zu umnachten, und dieſen jedes
Mittel zu entziehen, wodurch ſie ſich uͤber den
frommen Betrug haͤtten aufklaͤren koͤnnen. Die
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/291>, abgerufen am 21.11.2024.
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