Wallfahrtenden auf ihrer Reise, so findet man, daß sie die Zeit, welche sie häufig ihren sehr drän- genden häuslichen Geschäften entziehen, zwischen Beten und Liederlichkeiten theilen. Wer noch nicht ganz verderbt ist, muß es, wenn er übrigens in Rücksicht des Aberglaubens und der Unvernunft von den Pfaffen nicht durchaus verwahrlost ward, durch solche fromme Pilgereien und durch den Auf- enthalt an Wallfahrtsorten werden, wo man in der Regel mit dem Abschaum des menschlichen Ge- schlechts sowohl geistlichen, als weltlichen Standes zusammen trifft.
Das Betteln der geistlichen Taugenichtse ist freilich nicht so empörend und selbst für die Sitt- lichkeit Anderer weniger verderblich, als jene vorhin gedachten Erwerbsarten; allein gewöhulich verbinden diese heiligen Bettler mit dem edeln Handwerk des "Terminirens" auch einen sehr einträglichen Handel mit allerhand gottseligen Waa- ren, mit Ablassen, Kruzifixen, Weihwasser, To- lentinbrod, Heiligenbildern u. s. w., die sie auf recht jüdische Weise den gläubigen Liebhabern anzu- schwatzen verstehen. Wie sehr Aberglaube und Un- sittlichkeit hiedurch gefördert und erhalten werden, ist schon früherhin angedeutet; und es wäre Pflicht jeder vernünftigen Obrigkeit in den Ländern, wo das Betteln zu den freien Künsten gehört, wenig-
Wallfahrtenden auf ihrer Reiſe, ſo findet man, daß ſie die Zeit, welche ſie haͤufig ihren ſehr draͤn- genden haͤuslichen Geſchaͤften entziehen, zwiſchen Beten und Liederlichkeiten theilen. Wer noch nicht ganz verderbt iſt, muß es, wenn er uͤbrigens in Ruͤckſicht des Aberglaubens und der Unvernunft von den Pfaffen nicht durchaus verwahrlost ward, durch ſolche fromme Pilgereien und durch den Auf- enthalt an Wallfahrtsorten werden, wo man in der Regel mit dem Abſchaum des menſchlichen Ge- ſchlechts ſowohl geiſtlichen, als weltlichen Standes zuſammen trifft.
Das Betteln der geiſtlichen Taugenichtſe iſt freilich nicht ſo empoͤrend und ſelbſt fuͤr die Sitt- lichkeit Anderer weniger verderblich, als jene vorhin gedachten Erwerbsarten; allein gewoͤhulich verbinden dieſe heiligen Bettler mit dem edeln Handwerk des »Terminirens« auch einen ſehr eintraͤglichen Handel mit allerhand gottſeligen Waa- ren, mit Ablaſſen, Kruzifixen, Weihwaſſer, To- lentinbrod, Heiligenbildern u. ſ. w., die ſie auf recht juͤdiſche Weiſe den glaͤubigen Liebhabern anzu- ſchwatzen verſtehen. Wie ſehr Aberglaube und Un- ſittlichkeit hiedurch gefoͤrdert und erhalten werden, iſt ſchon fruͤherhin angedeutet; und es waͤre Pflicht jeder vernuͤnftigen Obrigkeit in den Laͤndern, wo das Betteln zu den freien Kuͤnſten gehoͤrt, wenig-
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Wallfahrtenden auf ihrer Reiſe, ſo findet man,
daß ſie die Zeit, welche ſie haͤufig ihren ſehr draͤn-
genden haͤuslichen Geſchaͤften entziehen, zwiſchen
Beten und Liederlichkeiten theilen. Wer noch nicht
ganz verderbt iſt, muß es, wenn er uͤbrigens
in Ruͤckſicht des Aberglaubens und der Unvernunft
von den Pfaffen nicht durchaus verwahrlost ward,
durch ſolche fromme Pilgereien und durch den Auf-
enthalt an Wallfahrtsorten werden, wo man in
der Regel mit dem Abſchaum des menſchlichen Ge-
ſchlechts ſowohl geiſtlichen, als weltlichen Standes
zuſammen trifft.
Das Betteln der geiſtlichen Taugenichtſe iſt
freilich nicht ſo empoͤrend und ſelbſt fuͤr die Sitt-
lichkeit Anderer weniger verderblich, als jene
vorhin gedachten Erwerbsarten; allein gewoͤhulich
verbinden dieſe heiligen Bettler mit dem edeln
Handwerk des »Terminirens« auch einen ſehr
eintraͤglichen Handel mit allerhand gottſeligen Waa-
ren, mit Ablaſſen, Kruzifixen, Weihwaſſer, To-
lentinbrod, Heiligenbildern u. ſ. w., die ſie auf
recht juͤdiſche Weiſe den glaͤubigen Liebhabern anzu-
ſchwatzen verſtehen. Wie ſehr Aberglaube und Un-
ſittlichkeit hiedurch gefoͤrdert und erhalten werden,
iſt ſchon fruͤherhin angedeutet; und es waͤre Pflicht
jeder vernuͤnftigen Obrigkeit in den Laͤndern, wo
das Betteln zu den freien Kuͤnſten gehoͤrt, wenig-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/316>, abgerufen am 21.11.2024.
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