Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite
Tornister ohne Patronen,
Kanonen ohne Bohnen,
Ein Land voll von Spionen,
Voll Juden und voll Drohnen,
Voll Adler, Geier, Dohlen,
Das mag der Teufel hohlen!

Empörend ist es, wenn ein weißjüdischer, adli-
cher Laffe, der kaum fähig ist, wie Saul, der Sohn
Kis, des Vaters Esel und Schafe zu hüten, mit
der unbescheidensten Anmaßung, auf die Verdienste
längst vermoderter und verdienstloser Ahnen pochend,
sich zu den wichtigsten Staatsämtern drängt, und,
wenn er wegen seiner Dummheit, Schlechtigkeit,
Ungeschliffenheit und Unwissenheit zurückgewiesen
wird, noch wohl gar die Rolle des Tiefgekränkten
und Beleidigten spielt. Aber schändlich handeln
Staatsoberhäupter und Minister, wenn sie den un-
fähigen Junker, blos weil er sechzehn oder mehrere
Ahnen zählt, oder ihnen befreundet ist, dem recht-
schaffenen, tauglichen und verdienten Bürgerlichen
vorziehen, und so nicht allein diesem ein Unrecht
thun, sondern selbst das Glück vieler Familien, ja
wohl gar des ganzen Staats in Gefahr setzen.

Nie sollte in Konkurrenzfällen bei Besetzung
von Aemtern etwas anders, als die größern Fä-
higkeiten, und wo diese sich gleich sind, erworbene
persönliche Verdienste und das Alter entscheiden.
Der Adliche müßte so wenig vor dem Bürger, als
dieser vor jenem den Vorzug haben. Sollen Bür-

III. Bändchen. 30
Torniſter ohne Patronen,
Kanonen ohne Bohnen,
Ein Land voll von Spionen,
Voll Juden und voll Drohnen,
Voll Adler, Geier, Dohlen,
Das mag der Teufel hohlen!

Empoͤrend iſt es, wenn ein weißjuͤdiſcher, adli-
cher Laffe, der kaum faͤhig iſt, wie Saul, der Sohn
Kis, des Vaters Eſel und Schafe zu huͤten, mit
der unbeſcheidenſten Anmaßung, auf die Verdienſte
laͤngſt vermoderter und verdienſtloſer Ahnen pochend,
ſich zu den wichtigſten Staatsaͤmtern draͤngt, und,
wenn er wegen ſeiner Dummheit, Schlechtigkeit,
Ungeſchliffenheit und Unwiſſenheit zuruͤckgewieſen
wird, noch wohl gar die Rolle des Tiefgekraͤnkten
und Beleidigten ſpielt. Aber ſchaͤndlich handeln
Staatsoberhaͤupter und Miniſter, wenn ſie den un-
faͤhigen Junker, blos weil er ſechzehn oder mehrere
Ahnen zaͤhlt, oder ihnen befreundet iſt, dem recht-
ſchaffenen, tauglichen und verdienten Buͤrgerlichen
vorziehen, und ſo nicht allein dieſem ein Unrecht
thun, ſondern ſelbſt das Gluͤck vieler Familien, ja
wohl gar des ganzen Staats in Gefahr ſetzen.

Nie ſollte in Konkurrenzfaͤllen bei Beſetzung
von Aemtern etwas anders, als die groͤßern Faͤ-
higkeiten, und wo dieſe ſich gleich ſind, erworbene
perſoͤnliche Verdienſte und das Alter entſcheiden.
Der Adliche muͤßte ſo wenig vor dem Buͤrger, als
dieſer vor jenem den Vorzug haben. Sollen Buͤr-

III. Baͤndchen. 30
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0353" n="353"/>
          <l>Torni&#x017F;ter ohne Patronen,</l><lb/>
          <l>Kanonen ohne Bohnen,</l><lb/>
          <l>Ein Land voll von Spionen,</l><lb/>
          <l>Voll Juden und voll Drohnen,</l><lb/>
          <l>Voll Adler, Geier, Dohlen,</l><lb/>
          <l>Das mag der Teufel hohlen!</l>
        </lg><lb/>
        <p>Empo&#x0364;rend i&#x017F;t es, wenn ein weißju&#x0364;di&#x017F;cher, adli-<lb/>
cher Laffe, der kaum fa&#x0364;hig i&#x017F;t, wie Saul, der Sohn<lb/>
Kis, des Vaters E&#x017F;el und Schafe zu hu&#x0364;ten, mit<lb/>
der unbe&#x017F;cheiden&#x017F;ten Anmaßung, auf die Verdien&#x017F;te<lb/>
la&#x0364;ng&#x017F;t vermoderter und verdien&#x017F;tlo&#x017F;er Ahnen pochend,<lb/>
&#x017F;ich zu den wichtig&#x017F;ten Staatsa&#x0364;mtern dra&#x0364;ngt, und,<lb/>
wenn er wegen &#x017F;einer Dummheit, Schlechtigkeit,<lb/>
Unge&#x017F;chliffenheit und Unwi&#x017F;&#x017F;enheit zuru&#x0364;ckgewie&#x017F;en<lb/>
wird, noch wohl gar die Rolle des Tiefgekra&#x0364;nkten<lb/>
und Beleidigten &#x017F;pielt. Aber &#x017F;cha&#x0364;ndlich handeln<lb/>
Staatsoberha&#x0364;upter und Mini&#x017F;ter, wenn &#x017F;ie den un-<lb/>
fa&#x0364;higen Junker, blos weil er &#x017F;echzehn oder mehrere<lb/>
Ahnen za&#x0364;hlt, oder ihnen befreundet i&#x017F;t, dem recht-<lb/>
&#x017F;chaffenen, tauglichen und verdienten Bu&#x0364;rgerlichen<lb/>
vorziehen, und &#x017F;o nicht allein die&#x017F;em ein Unrecht<lb/>
thun, &#x017F;ondern &#x017F;elb&#x017F;t das Glu&#x0364;ck vieler Familien, ja<lb/>
wohl gar des ganzen Staats in Gefahr &#x017F;etzen.</p><lb/>
        <p>Nie &#x017F;ollte in Konkurrenzfa&#x0364;llen bei Be&#x017F;etzung<lb/>
von Aemtern etwas anders, als die gro&#x0364;ßern Fa&#x0364;-<lb/>
higkeiten, und wo die&#x017F;e &#x017F;ich gleich &#x017F;ind, erworbene<lb/>
per&#x017F;o&#x0364;nliche Verdien&#x017F;te und das Alter ent&#x017F;cheiden.<lb/>
Der Adliche mu&#x0364;ßte &#x017F;o wenig vor dem Bu&#x0364;rger, als<lb/>
die&#x017F;er vor jenem den Vorzug haben. Sollen Bu&#x0364;r-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">III.</hi> Ba&#x0364;ndchen. 30</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[353/0353] Torniſter ohne Patronen, Kanonen ohne Bohnen, Ein Land voll von Spionen, Voll Juden und voll Drohnen, Voll Adler, Geier, Dohlen, Das mag der Teufel hohlen! Empoͤrend iſt es, wenn ein weißjuͤdiſcher, adli- cher Laffe, der kaum faͤhig iſt, wie Saul, der Sohn Kis, des Vaters Eſel und Schafe zu huͤten, mit der unbeſcheidenſten Anmaßung, auf die Verdienſte laͤngſt vermoderter und verdienſtloſer Ahnen pochend, ſich zu den wichtigſten Staatsaͤmtern draͤngt, und, wenn er wegen ſeiner Dummheit, Schlechtigkeit, Ungeſchliffenheit und Unwiſſenheit zuruͤckgewieſen wird, noch wohl gar die Rolle des Tiefgekraͤnkten und Beleidigten ſpielt. Aber ſchaͤndlich handeln Staatsoberhaͤupter und Miniſter, wenn ſie den un- faͤhigen Junker, blos weil er ſechzehn oder mehrere Ahnen zaͤhlt, oder ihnen befreundet iſt, dem recht- ſchaffenen, tauglichen und verdienten Buͤrgerlichen vorziehen, und ſo nicht allein dieſem ein Unrecht thun, ſondern ſelbſt das Gluͤck vieler Familien, ja wohl gar des ganzen Staats in Gefahr ſetzen. Nie ſollte in Konkurrenzfaͤllen bei Beſetzung von Aemtern etwas anders, als die groͤßern Faͤ- higkeiten, und wo dieſe ſich gleich ſind, erworbene perſoͤnliche Verdienſte und das Alter entſcheiden. Der Adliche muͤßte ſo wenig vor dem Buͤrger, als dieſer vor jenem den Vorzug haben. Sollen Buͤr- III. Baͤndchen. 30

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/353
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/353>, abgerufen am 24.11.2024.