Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

Edelleute nach Einführung der stehenden Heere auf,
die einzigen Krieger ihres Landes zu seyn; aber
blieben sie nicht fast überall die Anführer jener
stehenden Söldner, und mußten die Völker es nicht
aus diesem Grunde sehr oft auf das Schmerzhaf-
teste empfinden, daß ihre Fürsten größtentheils
elende Spielbälle des Adels, der Geistlichkeit und
häufig sogar der verächtlichsten Buhlerinnen wa-
ren? Dadurch, daß der Adel alle übrigen Stände,
mit Ausnahme der Pfaffen, von dem Umgange der
Fürsten ausschloß, wirkte er am verderblichsten
zum Schaden der Menschheit. Wie sollte der Re-
gent, wenn er es noch so gut mit seinem Volke
meinte, jemals von dem Druck und den Leiden
desselben, von seinen Bedürfnissen, und von den
Mitteln, ihnen abzuhelfen, unterrichtet werden, da
er beständig von den ärgsten Volksbedrückern um-
geben war, die Keinen, der nicht zu ihrer Kaste
und zu ihrem Glauben gehörte, vor ihn ließen,
und recht muthwillig jedes Buch unterdrückten, was
ihm die Augen hätte öffnen können? Wo sollte er,
wenn er wirklich den klugen Einfall bekam, statt der
ewigen Lügen, einmal zur Abwechselung etwas Wahr-
heit zu hören, wo sollte er sie anders hernehmen, als
-- bei seinem Hofnarren, da sie bei Edelleuten und
Beichtvätern für keinen Preis mehr zu haben war?
Und wirklich möchte man selbst jetzt noch manchem
Souverän, der gegen ständische und volksvertre-

Edelleute nach Einfuͤhrung der ſtehenden Heere auf,
die einzigen Krieger ihres Landes zu ſeyn; aber
blieben ſie nicht faſt uͤberall die Anfuͤhrer jener
ſtehenden Soͤldner, und mußten die Voͤlker es nicht
aus dieſem Grunde ſehr oft auf das Schmerzhaf-
teſte empfinden, daß ihre Fuͤrſten groͤßtentheils
elende Spielbaͤlle des Adels, der Geiſtlichkeit und
haͤufig ſogar der veraͤchtlichſten Buhlerinnen wa-
ren? Dadurch, daß der Adel alle uͤbrigen Staͤnde,
mit Ausnahme der Pfaffen, von dem Umgange der
Fuͤrſten ausſchloß, wirkte er am verderblichſten
zum Schaden der Menſchheit. Wie ſollte der Re-
gent, wenn er es noch ſo gut mit ſeinem Volke
meinte, jemals von dem Druck und den Leiden
deſſelben, von ſeinen Beduͤrfniſſen, und von den
Mitteln, ihnen abzuhelfen, unterrichtet werden, da
er beſtaͤndig von den aͤrgſten Volksbedruͤckern um-
geben war, die Keinen, der nicht zu ihrer Kaſte
und zu ihrem Glauben gehoͤrte, vor ihn ließen,
und recht muthwillig jedes Buch unterdruͤckten, was
ihm die Augen haͤtte oͤffnen koͤnnen? Wo ſollte er,
wenn er wirklich den klugen Einfall bekam, ſtatt der
ewigen Luͤgen, einmal zur Abwechſelung etwas Wahr-
heit zu hoͤren, wo ſollte er ſie anders hernehmen, als
— bei ſeinem Hofnarren, da ſie bei Edelleuten und
Beichtvaͤtern fuͤr keinen Preis mehr zu haben war?
Und wirklich moͤchte man ſelbſt jetzt noch manchem
Souveraͤn, der gegen ſtaͤndiſche und volksvertre-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0366" n="366"/>
Edelleute nach Einfu&#x0364;hrung der &#x017F;tehenden Heere auf,<lb/>
die einzigen Krieger ihres Landes zu &#x017F;eyn; aber<lb/>
blieben &#x017F;ie nicht fa&#x017F;t u&#x0364;berall die Anfu&#x0364;hrer jener<lb/>
&#x017F;tehenden So&#x0364;ldner, und mußten die Vo&#x0364;lker es nicht<lb/>
aus die&#x017F;em Grunde &#x017F;ehr oft auf das Schmerzhaf-<lb/>
te&#x017F;te empfinden, daß ihre Fu&#x0364;r&#x017F;ten gro&#x0364;ßtentheils<lb/>
elende Spielba&#x0364;lle des Adels, der Gei&#x017F;tlichkeit und<lb/>
ha&#x0364;ufig &#x017F;ogar der vera&#x0364;chtlich&#x017F;ten Buhlerinnen wa-<lb/>
ren? Dadurch, daß der Adel alle u&#x0364;brigen Sta&#x0364;nde,<lb/>
mit Ausnahme der Pfaffen, von dem Umgange der<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten aus&#x017F;chloß, wirkte er am verderblich&#x017F;ten<lb/>
zum Schaden der Men&#x017F;chheit. Wie &#x017F;ollte der Re-<lb/>
gent, wenn er es noch &#x017F;o gut mit &#x017F;einem Volke<lb/>
meinte, jemals von dem Druck und den Leiden<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben, von &#x017F;einen Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en, und von den<lb/>
Mitteln, ihnen abzuhelfen, unterrichtet werden, da<lb/>
er be&#x017F;ta&#x0364;ndig von den a&#x0364;rg&#x017F;ten Volksbedru&#x0364;ckern um-<lb/>
geben war, die Keinen, der nicht zu ihrer Ka&#x017F;te<lb/>
und zu ihrem Glauben geho&#x0364;rte, vor ihn ließen,<lb/>
und recht muthwillig jedes Buch unterdru&#x0364;ckten, was<lb/>
ihm die Augen ha&#x0364;tte o&#x0364;ffnen ko&#x0364;nnen? Wo &#x017F;ollte er,<lb/>
wenn er wirklich den klugen Einfall bekam, &#x017F;tatt der<lb/>
ewigen Lu&#x0364;gen, einmal zur Abwech&#x017F;elung etwas Wahr-<lb/>
heit zu ho&#x0364;ren, wo &#x017F;ollte er &#x017F;ie anders hernehmen, als<lb/>
&#x2014; bei &#x017F;einem Hofnarren, da &#x017F;ie bei Edelleuten und<lb/>
Beichtva&#x0364;tern fu&#x0364;r keinen Preis mehr zu haben war?<lb/>
Und wirklich mo&#x0364;chte man &#x017F;elb&#x017F;t jetzt noch manchem<lb/>
Souvera&#x0364;n, der gegen &#x017F;ta&#x0364;ndi&#x017F;che und volksvertre-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[366/0366] Edelleute nach Einfuͤhrung der ſtehenden Heere auf, die einzigen Krieger ihres Landes zu ſeyn; aber blieben ſie nicht faſt uͤberall die Anfuͤhrer jener ſtehenden Soͤldner, und mußten die Voͤlker es nicht aus dieſem Grunde ſehr oft auf das Schmerzhaf- teſte empfinden, daß ihre Fuͤrſten groͤßtentheils elende Spielbaͤlle des Adels, der Geiſtlichkeit und haͤufig ſogar der veraͤchtlichſten Buhlerinnen wa- ren? Dadurch, daß der Adel alle uͤbrigen Staͤnde, mit Ausnahme der Pfaffen, von dem Umgange der Fuͤrſten ausſchloß, wirkte er am verderblichſten zum Schaden der Menſchheit. Wie ſollte der Re- gent, wenn er es noch ſo gut mit ſeinem Volke meinte, jemals von dem Druck und den Leiden deſſelben, von ſeinen Beduͤrfniſſen, und von den Mitteln, ihnen abzuhelfen, unterrichtet werden, da er beſtaͤndig von den aͤrgſten Volksbedruͤckern um- geben war, die Keinen, der nicht zu ihrer Kaſte und zu ihrem Glauben gehoͤrte, vor ihn ließen, und recht muthwillig jedes Buch unterdruͤckten, was ihm die Augen haͤtte oͤffnen koͤnnen? Wo ſollte er, wenn er wirklich den klugen Einfall bekam, ſtatt der ewigen Luͤgen, einmal zur Abwechſelung etwas Wahr- heit zu hoͤren, wo ſollte er ſie anders hernehmen, als — bei ſeinem Hofnarren, da ſie bei Edelleuten und Beichtvaͤtern fuͤr keinen Preis mehr zu haben war? Und wirklich moͤchte man ſelbſt jetzt noch manchem Souveraͤn, der gegen ſtaͤndiſche und volksvertre-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/366
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/366>, abgerufen am 18.12.2024.