Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Verleger ist, wie gesagt, bloßer Bevoll-
mächtigter (Mandator) des Schriftstellers; er er-
wirbt kein Eigenthum an dem Jnhalt der Hand-
schrift; er darf nichts eigenmächtig hinzusetzen, nichts
hinwegstreichen, nichts davon ungedruckt lassen.
Keine Zeile, kein Wort, keine Sylbe darf er än-
dern ohne Einwilligung des Verfassers; denn obgleich
es manche Buchhändler geben mag, die sich der-
gleichen Freiheiten erlauben, und oft ganze Seiten
der Handschrift, nach ihrem Gutdünken verbessern
oder verwässern *), so sind sie doch dazu keineswegs
befugt. Der Eigenthümer hingegen kann mit der
Substanz seines Eigenthums vornehmen, was ihm
beliebt; er kann es veräußern, verkleinern, ver-
größern, vervielfachen, ja selbst vernichten, und
überhaupt anwenden, zu welchem Zwecke er will.
Nicht so der Verleger oder der Bevollmächtigte des
Schriftstellers; denn würde der ärgste Sudler es
sich wohl gefallen lassen, wenn der Buchhändler,
statt seine Handschrift zu drucken, und die Abdrücke
zu verbreiten, Fidibus daraus machte, so vernünf-

*) Jch selbst habe freilich nie diese Erfahrung gemacht;
allein von zwei sehr achtungswerthen Schriftstellern
in Berlin ist mir mehr, als zwanzig Mal geklagt
und gezeigt worden, wie der Jnhalt ihrer Hand-
schriften von ihren Verlegern, welche nicht einmal
ihre Muttersprache richtig schreiben konnten, entstellt,
und ganz fremdartige Dinge eingeschaltet waren.

Der Verleger iſt, wie geſagt, bloßer Bevoll-
maͤchtigter (Mandator) des Schriftſtellers; er er-
wirbt kein Eigenthum an dem Jnhalt der Hand-
ſchrift; er darf nichts eigenmaͤchtig hinzuſetzen, nichts
hinwegſtreichen, nichts davon ungedruckt laſſen.
Keine Zeile, kein Wort, keine Sylbe darf er aͤn-
dern ohne Einwilligung des Verfaſſers; denn obgleich
es manche Buchhaͤndler geben mag, die ſich der-
gleichen Freiheiten erlauben, und oft ganze Seiten
der Handſchrift, nach ihrem Gutduͤnken verbeſſern
oder verwaͤſſern *), ſo ſind ſie doch dazu keineswegs
befugt. Der Eigenthuͤmer hingegen kann mit der
Subſtanz ſeines Eigenthums vornehmen, was ihm
beliebt; er kann es veraͤußern, verkleinern, ver-
groͤßern, vervielfachen, ja ſelbſt vernichten, und
uͤberhaupt anwenden, zu welchem Zwecke er will.
Nicht ſo der Verleger oder der Bevollmaͤchtigte des
Schriftſtellers; denn wuͤrde der aͤrgſte Sudler es
ſich wohl gefallen laſſen, wenn der Buchhaͤndler,
ſtatt ſeine Handſchrift zu drucken, und die Abdruͤcke
zu verbreiten, Fidibus daraus machte, ſo vernuͤnf-

*) Jch ſelbſt habe freilich nie dieſe Erfahrung gemacht;
allein von zwei ſehr achtungswerthen Schriftſtellern
in Berlin iſt mir mehr, als zwanzig Mal geklagt
und gezeigt worden, wie der Jnhalt ihrer Hand-
ſchriften von ihren Verlegern, welche nicht einmal
ihre Mutterſprache richtig ſchreiben konnten, entſtellt,
und ganz fremdartige Dinge eingeſchaltet waren.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0044" n="44"/>
        <p>Der Verleger i&#x017F;t, wie ge&#x017F;agt, bloßer Bevoll-<lb/>
ma&#x0364;chtigter (Mandator) des Schrift&#x017F;tellers; er er-<lb/>
wirbt kein Eigenthum an dem Jnhalt der Hand-<lb/>
&#x017F;chrift; er darf nichts eigenma&#x0364;chtig hinzu&#x017F;etzen, nichts<lb/>
hinweg&#x017F;treichen, nichts davon ungedruckt la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Keine Zeile, kein Wort, keine Sylbe darf er a&#x0364;n-<lb/>
dern ohne Einwilligung des Verfa&#x017F;&#x017F;ers; denn obgleich<lb/>
es manche Buchha&#x0364;ndler geben mag, die &#x017F;ich der-<lb/>
gleichen Freiheiten erlauben, und oft ganze Seiten<lb/>
der Hand&#x017F;chrift, nach ihrem Gutdu&#x0364;nken verbe&#x017F;&#x017F;ern<lb/>
oder verwa&#x0364;&#x017F;&#x017F;ern <note place="foot" n="*)">Jch &#x017F;elb&#x017F;t habe freilich nie die&#x017F;e Erfahrung gemacht;<lb/>
allein von zwei &#x017F;ehr achtungswerthen Schrift&#x017F;tellern<lb/>
in Berlin i&#x017F;t mir mehr, als zwanzig Mal geklagt<lb/>
und gezeigt worden, wie der Jnhalt ihrer Hand-<lb/>
&#x017F;chriften von ihren Verlegern, welche nicht einmal<lb/>
ihre Mutter&#x017F;prache richtig &#x017F;chreiben konnten, ent&#x017F;tellt,<lb/>
und ganz fremdartige Dinge einge&#x017F;chaltet waren.</note>, &#x017F;o &#x017F;ind &#x017F;ie doch dazu keineswegs<lb/>
befugt. Der Eigenthu&#x0364;mer hingegen kann mit der<lb/>
Sub&#x017F;tanz &#x017F;eines Eigenthums vornehmen, was ihm<lb/>
beliebt; er kann es vera&#x0364;ußern, verkleinern, ver-<lb/>
gro&#x0364;ßern, vervielfachen, ja &#x017F;elb&#x017F;t vernichten, und<lb/>
u&#x0364;berhaupt anwenden, zu welchem Zwecke er will.<lb/>
Nicht &#x017F;o der Verleger oder der Bevollma&#x0364;chtigte des<lb/>
Schrift&#x017F;tellers; denn wu&#x0364;rde der a&#x0364;rg&#x017F;te Sudler es<lb/>
&#x017F;ich wohl gefallen la&#x017F;&#x017F;en, wenn der Buchha&#x0364;ndler,<lb/>
&#x017F;tatt &#x017F;eine Hand&#x017F;chrift zu drucken, und die Abdru&#x0364;cke<lb/>
zu verbreiten, Fidibus daraus machte, &#x017F;o vernu&#x0364;nf-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0044] Der Verleger iſt, wie geſagt, bloßer Bevoll- maͤchtigter (Mandator) des Schriftſtellers; er er- wirbt kein Eigenthum an dem Jnhalt der Hand- ſchrift; er darf nichts eigenmaͤchtig hinzuſetzen, nichts hinwegſtreichen, nichts davon ungedruckt laſſen. Keine Zeile, kein Wort, keine Sylbe darf er aͤn- dern ohne Einwilligung des Verfaſſers; denn obgleich es manche Buchhaͤndler geben mag, die ſich der- gleichen Freiheiten erlauben, und oft ganze Seiten der Handſchrift, nach ihrem Gutduͤnken verbeſſern oder verwaͤſſern *), ſo ſind ſie doch dazu keineswegs befugt. Der Eigenthuͤmer hingegen kann mit der Subſtanz ſeines Eigenthums vornehmen, was ihm beliebt; er kann es veraͤußern, verkleinern, ver- groͤßern, vervielfachen, ja ſelbſt vernichten, und uͤberhaupt anwenden, zu welchem Zwecke er will. Nicht ſo der Verleger oder der Bevollmaͤchtigte des Schriftſtellers; denn wuͤrde der aͤrgſte Sudler es ſich wohl gefallen laſſen, wenn der Buchhaͤndler, ſtatt ſeine Handſchrift zu drucken, und die Abdruͤcke zu verbreiten, Fidibus daraus machte, ſo vernuͤnf- *) Jch ſelbſt habe freilich nie dieſe Erfahrung gemacht; allein von zwei ſehr achtungswerthen Schriftſtellern in Berlin iſt mir mehr, als zwanzig Mal geklagt und gezeigt worden, wie der Jnhalt ihrer Hand- ſchriften von ihren Verlegern, welche nicht einmal ihre Mutterſprache richtig ſchreiben konnten, entſtellt, und ganz fremdartige Dinge eingeſchaltet waren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/44
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/44>, abgerufen am 21.11.2024.